Zuwanderung aus dem Ausland: Mit diesen fünf Punkten will die Regierung Fachkräfte gewinnen
In Deutschland fehlen Fachkräfte. Deswegen setzt die Regierung verstärkt auf Zuwanderung - mit einem Gesetz und einer neuen Strategie.
In ganz Deutschland fehlen mittlerweile Fachkräfte. Das ist im Gesundheits- und Pflegebereich der Fall, in technischen Berufen, aber auch im Handwerk und der Bauwirtschaft. Aus diesem Grund kommen am Montag Spitzenvertreter aus Regierung und Wirtschaft zu einem Fachkräftegipfel im Kanzleramt zusammen.
„Die Sicherung des Fachkräftebedarfs ist eine der größten Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier vor dem Treffen. "Klar ist: Nur mit ausreichend gut qualifizierten Fachkräften werden unsere Unternehmen ihre Innovationskraft bewahren, weiterhin im globalen Wettbewerb bestehen und letztlich unseren Wohlstand sichern können."
Vor einem Jahr hatte die Regierung bereits eine Fachkräftestrategie beschlossen - mit Blick auf drei Gruppen: Fachkräfte aus dem Inland, aus Europa und Fachkräfte aus Drittstaaten. Die Letztgenannten seien deswegen wichtig, weil davon auszugehen sei, dass die Zuwanderung aus Staaten der Europäischen Union tendenziell abnehmen wird.
"Viele EU-Mitgliedstaaten, die bislang hohe Abwanderungsraten nach Deutschland verzeichnet haben, durchlaufen ähnliche oder noch gravierendere demographische Entwicklungen als Deutschland", heißt es in einem Papier zur neuen Strategie, die sich auf die Gewinnung von gut ausgebildeten Menschen aus Drittstaaten konzentriert - vor allem in Asien und Südamerika. In Zusammenarbeit mit Wirtschaftsverbänden gibt es bereits Pilotprojekte mit Indien, Vietnam und Brasilien. Auch mit dem Handwerksverband in Bosnien-Herzegowina wurden Vereinbarungen getroffen.
Informationen im Netz, Kampagnen im Ausland
Auf welche fünf Punkte die Regierung setzt?
- Erstens soll genau analysiert werden, in welchen Berufen ein besonderer Fachkräftemangel besteht und "welche Länder über die notwendigen Fachkräftepotentiale verfügen". Mögliche negative Auswirkungen auf Partnerländer - wie der sogenannte Brain Drain - sollen ausdrücklich vermieden werden.
- Interessierte Fachkräfte und Unternehmen sollen umfangreich zum Zuwanderungsprozess beraten werden. Das mehrsprachige Internetportal „Make it in Germany“ werde zu diesem Zweck ausgebaut.
- Die Regierung ist sich außerdem bewusst: Wer nach Deutschland kommen möchte, muss auch dazu befähigt werden, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. So soll es Angebote zur Sprachförderung im In- und Ausland und mehr berufsbezogene Qualifizierungsmaßnahmen geben.
- Die Bundesagentur für Arbeit soll außerdem bei der Vermittlung unterstützen. Die Behörde habe mit Pilotprojekten schon Erfahrungen gesammelt und Kooperationsstrukturen in anderen Ländern aufgebaut. In Mexiko und Vietnam werden die Menschen vom deutschen Fachkräftemangel womöglich nichts wissen.
- "Deswegen wird das Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes durch eine gezielte Kommunikationskampagne begleitet", heißt es schließlich noch in dem Papier.
Der Bundesrat hatte das das Fachkräfteeinwanderungsgesetz als Teil des Migrationspakets der Großen Koalition im Juni gebilligt. Es soll zum 1. März 2020 in Kraft treten. Wer außerhalb der Europäischen Union lebt, beruflich qualifiziert ist und gut Deutsch spricht, soll künftig auch ohne Arbeitsvertrag kommen und ein halbes Jahr lang einen Job suchen können. Das war bislang nur Akademikern möglich. Die Beschränkung auf sogenannte Engpassberufe, in denen die Personalnot besonders groß ist, entfällt.
FDP findet das Gesetz nicht ausreichend
Ebenso die Vorrangprüfung. Eine Fachkraft darf kommen, ohne dass erst geprüft wird, ob der Arbeitsplatz nicht auch mit einem Bewerber aus Deutschland oder der EU besetzt werden kann. Voraussetzungen sind notwendige deutsche Sprachkenntnisse und die Sicherung des Lebensunterhalts. Was derjenige gelernt hat, muss mit der deutschen Qualifikation vergleichbar sein.
Die FDP findet das Gesetz nicht ausreichend. Sie will ein Einwanderungsgesetz mit Punktesystem nach kanadischem oder neuseeländischem Vorbild. Die deutschen Behörden seien dabei viel zu langsam und bürokratisch. "Wenn man etwa als IT-Fachkraft aus Bangalore dieser Tage ein Visum für Deutschland will, kriegt man in der Visa-Stelle oft nicht einmal einen Termin", kritisiert FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat berechnet, dass bis 2060 jedes Jahr 260 000 Menschen nach Deutschland einwandern müssten. Die Bundesregierung hofft, dass durch das Einwanderungsgesetz zumindest 25 000 im Jahr kommen werden.
Marie Rövekamp
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