Länder planen Reform der Grundsteuer: Millionen Grundstücke sollen neu bewertet werden
Die Länder wollen die Grundsteuer reformieren, weil die Basiswerte völlig veraltet sind. Für viele Eigentümer und auch Mieter könnte das freilich zu höheren Belastungen führen.
Rund 35 Millionen Grundstücke und Gebäude in Deutschland sollen in den kommenden Jahren neu bewertet werden. Das haben die Finanzminister der Länder auf ihrer Konferenz in Neuruppin am Freitag beschlossen. Der Grund: Die Länder wollen die Reform der Grundsteuer, über die seit Jahren geredet wird, nun endlich angehen. Die Neubewertung soll bis 2022 abgeschlossen sein.
Ob und wie weit sich dann die Belastung durch die Grundsteuer ändert, ist unklar. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu sagen, wer ist Gewinner, wer ist Verlierer - da können Sie genauso gut Lotto spielen“, sagte der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU). Doch werden wohl viele Eigentümer (und auch Mieter, weil die Steuer umgelegt werden kann) mehr zahlen müssen, andere wiederum weniger. Insgesamt, so der Beschluss der Finanzminister, soll die Reform „aufkommensneutral“ sein – also zu keinen Mehr- oder Mindereinnahmen führen. Die Grundsteuer, welche den Kommunen zufließt, erbringt aktuell etwa 13 Milliarden Euro im Jahr.
Grund für die Reform ist, dass die bisherige Bewertungsgrundlage völlig veraltet und damit verfassungsrechtlich zweifelhaft geworden ist. Die sogenannten Einheitswerte, auf denen die Grundsteuerhebung basiert, sind auf dem Stand von 1964 (in den westlichen Ländern) und 1935 (im Osten). Von 2022 an soll es dann aufgrund der Neubewertung eine neue Steuergrundlage geben, die dann auch immer wieder aktualisiert werden soll. Damit wird künftig immer zeitnah bewertet. Nach dem Plan der Finanzminister wird bei unbebauten Grundstücken dann der gültige Bodenrichtwert herangezogen werden, also der durchschnittliche Verkaufswert in einer Region. Bei bebauten Grundstücken kommt noch der Gebäudewert hinzu, der sich aus den aktuellen Baupreisen, der Art des Gebäudes und dessen Alter ergibt.
Korrektiv bei starken Erhöhungen
Beibehalten werden soll das dreistufige Bewertungsverfahren. Neben dem Basiswert aufgrund der aktuellen Berechnung wird es eine Steuermesszahl geben, mit der dieser Basiswert multipliziert wird. Auf den so ermittelten Wert wenden die Kommunen dann einen Hebesatz an, den sie selber festlegen können. Die Steuermesszahl ist als Korrektivmöglichkeit gedacht in den Fällen, in denen die Neubewertung der Immobilien einen deutlich höheren Wert ergibt – sie soll dann entsprechend gesenkt werden. Das sollen die Länder entscheiden können, was vor allem den Stadtstaaten entgegenkommt.
Über Hebesatzerhöhungen sind in den vergangenen Jahren, je nach Finanzlage der Kommune, die Grundsteuern schon stark gestiegen. Berlin hat schon seit längerem einen sehr hohen Hebesatz von 810 Prozent (unter den Großstädten verlangt nur Duisburg mit 855 Prozent noch mehr). Im Düsseldorf dagegen sind es nur 440 Prozent, kleinere Regionalstädte liegen oft deutlich unter 400 Prozent. Entsprechend zahlen Eigentümer eines Einfamilienhauses in der Bundeshauptstadt eine doppelt oder auch dreifach so hohe Grundsteuer wie in der Provinz.
Bayern macht mal wieder nicht mit
Die Entscheidung der Finanzminister fiel gegen die Stimmen von Bayern und Hamburg. Die Regierung in München ist der Ansicht, die Grundsteuer könnten die Länder grundsätzlich selber regeln – ohne den Bund. Zudem scheint die CSU darin wieder ein Profilierungsthema nach dem Motto „Bayern gegen den Rest“ zu sehen.
„Der von der Finanzministerkonferenz beschlossene Gesetzentwurf bedeutet eine Kostenexplosion bei der Grundsteuer für bayerische Hauseigentümer und Mieter. Diese Steuererhöhung lehnen wir entschieden ab“, sagte Finanzminister Markus Söder (CSU). Schäfer konterte: "Dieser Gesetzentwurf bedeutet für uns Bundesländer eine bislang noch nie dagewesene Freiheit, die Höhe der Grundsteuer an zentraler Stelle mit zu beeinflussen. Wer jetzt als Landesminister das Totschlagargument der Steuererhöhung in die Debatte einführt, hat es selber in der Hand, es genau dazu am Ende nicht kommen zu lassen."
Bernhard Daldrup, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, bezeichnete Söders Äußerung als "reine Stimmungsmache". Der Vorschlag der Länder sei eine gute Nachricht. "Richtig und gerecht ist es, wenn wertvolle alte Grundstücke nicht mehr besser gestellt werden als kürzlich bebaute Grundstücke."
In der Hansestadt hat man nichts gegen die Reform per se, doch missfällt dem Senat, dass im Ergebnis die Zahlungen in den Finanzausgleich höher ausfallen dürften – Hamburg hat schließlich einen sehr hoch bewerteten Immobilienmarkt. Und eine Senkung von Messzahl oder Hebesatz hilft wenig, weil im Finanzausgleich nicht die tatsächlichen Grundsteuereinnahmen eingehen, sondern ein fiktiver Durchschnittswert angewendet wird.
Was tut der Bundestag?
Schäfer erwartet einen Abschluss der Gesetzgebung noch in diesem Jahr. Sicher ist das jedoch nicht, in den Ländern ist wahrgenommen worden dass angesichts der nahenden Bundestagswahl weder im Bundesfinanzministerium noch im Bundestag, zumindest in der Unions-Fraktion, viel Bewegung bei dem Thema herrscht. „Wenn der Bund nicht mitzieht, droht eine vorübergehende Aussetzung der Grundsteuer. Das können wir unseren Kommunen nicht zumuten“, sagte Schäfer mit Verweis auf die laufenden Verfahren beim Bundesfinanzhof und Bedenken im Bundesverfassungsgericht. Er soll mit seinem niedersächsischen Kollegen, den Gesetzentwurf ausarbeiten, der demnächst in den Bundesrat eingebracht wird.
Der Deutsche Städtetag begrüßte den Vorstoß. „Sollte sich der Reformvorschlag der Ländermehrheit durchsetzen, wäre eine gerechtere Verteilung der Steuerlasten zu erwarten“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. „Außerdem könnte die neue Steuer deutlich einfacher berechnet werden als bisher.“
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