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Kunden und Berater haben mit dem neuen Regelwerk bald eine verlässliche Entscheidungsgrundlage.
© Mauritius Images/Westend61

Neues EU-Regelsystem: Meilenstein für nachhaltiges Investieren

Anlageprodukte in der EU werden künftig in drei Kategorien den Grad ihrer Umweltfreundlichkeit zeigen.

Anleger in der EU werden nachhaltige Investments künftig leichter erkennen können. In der Nacht auf Dienstag haben sich EU-Parlament und Ministerrat auf ein entsprechendes Regelwerk, die grüne Taxonomie, geeinigt. Sie teilt Anlageprodukte in drei Kategorien ein: „Grün“ bedeutet emissionsarmes oder emissionsfreies Wirtschaften. „Transition“ steht für den Übergang zu einer emissionsärmeren Ökonomie. „Enabling“ bezeichnet Aktivitäten, die es anderen Unternehmen ermöglichen, Emissionen deutlich zu senken.

Frankreich und mehrere osteuropäische Staaten hatten die Taxonomie nach monatelangen Verhandlungen in letzter Minute blockiert, weil diese durch hohe Umweltstandards eine Finanzierung von Atomkraft de facto unmöglich macht. Dabei ist es nun geblieben. Eine eher symbolische Neuformulierung im Abschnitt über die Gefahren des Atommülls hatte es den Blockierern offenbar erlaubt zuzustimmen.

Die EU-Taxonomie-Verordnung wird nun europaweit definieren, welche wirtschaftlichen Aktivitäten sich nachhaltig nennen und damit in einem als nachhaltig beworbenen Finanzprodukt stecken dürfen. Die Klassifizierung soll prinzipiell für alle Finanzprodukte gelten. Wenden Anbieter sie nicht an, müssen sie das in einem Hinweis angeben. Als nachhaltig gilt, wer einerseits einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leistet, ohne gleichzeitig in anderen Bereichen der Umwelt zu schaden (do-no-harm-Prinzip).

Alle Finanzprodukte einbezogen

Kohle wird ausdrücklich aus nachhaltigen Finanzprodukten ausgeschlossen. Erdgas fällt, je nach Anwendung, in die Kategorien „Transition“ oder „Enabling“. Das steht in einem gewissen Widerspruch zur neuen Strategie der Europäischen Investitionsbank, Gasprojekte ab 2021 nur noch ausnahmsweise zu finanzieren.

Dass alle Finanzprodukte einbezogen werden sollen, gilt aber als Meilenstein. Nachhaltigkeitsorientierte Finanzverbände und Großanleger sowie Umwelt- und Menschenrechtsgruppen hatten befürchtet, die EU werde nur die grüne Nische regeln und die großen Kapitalflüsse nicht antasten.

Die Vorarbeiten hatte eine Expertengruppe geleistet und im Sommer in Form eines 400-seitigen Berichts zusammengefasst. Kritik an der Taxonomie äußerte etwa das marktliberale Centrum für Europäische Politik. Seiner Ansicht nach darf die EU die Definition von Nachhaltigkeit nicht monopolisieren.

„Ein Durchbruch für nachhaltige Finanzmärkte“

Für Sven Giegold, Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, ist die Taxonomie dagegen „ein Durchbruch für nachhaltige Finanzmärkte“. Der Weg sei nun frei für glaubwürdige nachhaltige Finanzprodukte ohne Greenwashing durch Atomkraft. Jetzt müsse die EU-Kommission in einem breiten Dialog zügig die Detailregeln ausarbeiten, damit Europa tatsächlich zum weltweiten Leitmarkt für nachhaltige Investmentprodukte werde.

Was genau Nachhaltigkeit für einzelne Technologien bedeutet, muss die EU- Kommission nämlich noch definieren. Dazu hat es im Bericht der Expertengruppe aber schon umfangreiche Vorarbeiten gegeben. Geplant sind auch ein Verbraucher-Label für nachhaltige Finanzprodukte und Standards für grüne Anleihen in der EU. Die Pflicht, den Anteil an nachhaltigen Aktivitäten anzugeben, gilt neben nachhaltigen Finanzprodukten auch für sehr große Unternehmen.

Mit der Taxonomie ist das Thema Regulierung für nachhaltige Finanzen noch nicht abgeschlossen. Kommendes Jahr will die EU einen weiteren Aktionsplan zur Transparenz vorlegen. Er wird die Unternehmensbilanzen und die Einpreisung von ESG-Risiken betreffen. Das sind ökologische und soziale Risiken sowie Gefährdungen, die durch die Unternehmensführung entstehen. Eine entsprechende Zusage hatte der Kommissions-Vizepräsident für „Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen“, Valdis Dombrovskis, im Oktober bei seiner Anhörung im Europäischen Parlament gemacht.

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