Carsharing-Gesetz: Mehr Parkplätze, weniger Gebühren
Am 1. September tritt das neue Carsharing-Gesetz in Kraft. Bevorzugte Stellflächen, eigene Kennzeichen und niedrigere Parkgebühren sollen das Teilen von Autos attraktiver machen.
Mehr Parkplätze und weniger Parkgebühren – dieser Wunsch vieler Autofahrer in der Stadt könnte in Erfüllung gehen. Voraussetzung ist, dass sie ein Carsharing-Fahrzeug nutzen. An diesem Freitag tritt das Gesetz in Kraft, mit dem die Bundesregierung das Teilen von Fahrzeugen erleichtern will. Ein wichtiger Punkt des Carsharing-Gesetzes: Länder und Kommunen können künftig einfacher Parkflächen für Carsharingautos ausweisen und diese von Parkgebühren befreien. Elektro- oder Hybridfahrzeuge können – müssen aber nicht – dabei bevorzugt zum Zuge kommen. Die Stellflächen sollen exklusiv für einen Anbieter oder für alle entsprechend gekennzeichneten Carsharing- Fahrzeuge ausgewiesen werden.
Mittlerweile gibt es in Deutschland rund 150 Anbieter, bei denen Anfang des Jahres mehr als 1,7 Millionen Nutzer registriert waren. Allein in Berlin sind mehr als 3000 Fahrzeuge im Carsharing unterwegs. Die meisten davon stammen von Freefloating-Anbietern wie Drive-Now (1300) und Car-2-Go (1100), bei denen die Nutzer die Autos überall im Geschäftsgebiet anmieten und abstellen können. Weitere etliche 100 werden von Unternehmen angeboten, die feste Stationen haben, etwa Flinkster, Stadtmobil oder Cambio. Hinzu kommen private Pkw-Halter, die ihren Wagen auf Online-Plattformen wie Drivy, Getaway oder Snappcar zum Carsharing anbieten. Letztere können die Privilegien des Gesetzes aber nicht nutzen.
Drive-Now: Ein Carsharingauto ersetzt mindestens drei Privatwagen
Die Branche, die lange auf eine gesetzliche Regelung gewartet und am Gesetzentwurf eifrig mitgeschrieben hat, verspricht sich viel von den neuen kommunalen Spielräumen. „Alle Studien belegen, dass Carsharing eine entlastende Wirkung auf den Individualverkehr in den Städten hat“, sagte Drive-Now-Geschäftsführer Sebastian Hofelich dem Tagesspiegel. „Ein Carsharing-Fahrzeug ersetzt mindestens drei private Pkw.“ Drive- Now, das Gemeinschaftsunternehmen von BMW und Sixt, begrüße, dass sich diese Erkenntnis im Gesetzgebungsprozess wiedergefunden habe. „Wir rechnen damit, dass die Entlastung nach Inkrafttreten des Gesetzes noch größer wird, weil die Carsharingfirmen den vorhandenen Parkraum effizienter nutzen als private Autofahrer“, sagte Hofelich. „In München wurden nach Studien bereits über 1000 Parkplätze frei.“
Anstatt immer noch mehr Parkplätze für diese kommerziellen Anbieter zu schaffen, sollte man lieber die private Initiative des Car Sharings zulassen. Fahrzeuge gibt es in Berlin genug.
schreibt NutzerIn janemoebius
Zwar teilen nicht alle den Optimismus der Carsharer, weil viele ihrer Kunden parallel noch einen privaten Pkw nutzen. „Etwa die Hälfte unserer Kunden in Deutschland hat noch ein eigenes Auto“, bestätigt Hofelich. Doch die Entlastung der Innenstädte ist im Kontext der Dieseldebatte ein zentrales Thema des Wahlkampfs geworden. Alle Lösungen, die zu einer Reduzierung des Verkehrs führen, sind willkommen. Da treffen die konzerngebundenen Carsharingfirmen den Ton, wenn sie den Verdacht zu zerstreuen versuchen, nur bezahlte Probefahrten für ihre Miteigentümer BMW oder Mercedes und Smart anzubieten. „Es geht darum, zusammen mit den Städten die Infrastrukturprobleme zu lösen, indem mehr Menschen auf ein eigenes Auto verzichten“, sagt Hofelich.
Viele Anwendungsmöglichkeiten machen das private Auto überflüssig
Der Verzicht auf das Auto ist also im Kalkül der Autofirmen durchaus vorgesehen. Erst, wenn die Nutzer eine echte Alternative fänden, sagt der Drive-Now-Chef, schafften sie ihr eigenes Auto ab. Dabei spricht Hofelich nicht nur für sich, sondern bezieht Fahrräder, Roller, den ÖPNV oder stationsgebundenes Carsharing mit ein. „Das Sharing-Produkt soll idealerweise im Zusammenspiel so gut oder besser sein als der private Pkw.“
Drohende Fahrverbote für Dieselwagen schrecken Drive-Now nicht, weil man hofft, nicht betroffen zu sein. „Unsere Flotte fährt komplett mit Euro- 6-Standard oder elektrisch.“ In Berlin hat Drive-Now 140 E-Autos im Angebot. Grundsätzlich halte man von positiven Anreizen mehr als von Verboten, sagt Hofelich. Dennoch ist der Dieselantrieb auch bei Drive-Now auf dem Rückzug. „Der Diesel-Anteil beträgt cirka 50 Prozent. Das hängt natürlich von der Stadt und den jeweiligen Ein- und Ausflottungen ab“, sagt Hofelich. „Perspektivisch wird der Anteil jedoch sinken.“
Die Branche hofft nun darauf, dass die Städte und Kommunen möglichst schnell den Spielraum nutzen, den ihnen das neue Bundesgesetz einräumt. Zwar gibt es auch in Berlin bereits Parkplätze für Carsharing-Autos – 90 auf öffentlichem Straßenland und, nach Schätzung des Senats, 700 bis 800 auf privatem Grund –, sie sind aber noch nicht per Gesetz privilegiert. Bis die entsprechenden neuen Passagen in der Straßenverkehrsordnung geändert oder ergänzt sind, wird vorausssichtlich viel Zeit vergehen. Nach Einschätzung der Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther werden die Verordnungen „frühestens Mitte 2018“ vorliegen, wie eine Sprecherin sagt. Man werde sich „bei Zeiten mit dem Thema befassen“.
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