Eröffnung: Mehr Apple für Berlin
Der Computerhändler Gravis eröffnet ein neues Geschäft, aber auch Apple expandiert in der Hauptstadt. Gravis-Gründer Archibald Horlitz rechnet damit, dass er bald das iPhone 5 anbieten kann - auf ein anderes Produkt, über das seit langem spekuliert wird, setzt er aber vorerst nicht.
Der Countdown läuft. Zu Mittwoch hat Apple ins Yerba Buena Center in San Francisco zur Pressekonferenz geladen. Obwohl die Agenda wie immer ein Geheimnis ist, rechnen Experten und Fans ganz fest mit der Präsentation des neuen iPhone 5. Neuigkeiten für Apple-Anhänger gibt es bereits an diesem Montag: In Berlin eröffnet Gravis ein weiteres Geschäft in der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg. „Sobald das iPhone verfügbar ist, werden wir es natürlich auch anbieten“, kündigt Gravis-Gründer und -Vorstand Archibald Horlitz an. „Mein Gefühl sagt mir, dass es nach der Vorstellung nicht mehr allzu lange dauern wird.“
Gravis verkauft bereits seit 1991 Apple-Produkte in Deutschland. Mit landesweit 78 Verkaufsstellen, davon 28 eigenen Läden, 750 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von zuletzt 156 Millionen Euro ist das Berliner Unternehmen der größte Apple-Händler hierzulande. „Im laufenden Jahr planen wir einen Umsatz von 160 Millionen bis 170 Millionen Euro“, sagte Horlitz im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Und wir wollen in Zukunft weitere 50 Verkaufsstellen eröffnen.“
Im Oktober 2011 hat Gravis eine strategische Partnerschaft mit Mobilcom-Debitel geschlossen und ist seitdem in vielen Filialen des Mobilfunkanbieters vertreten. „Wo Mobilcom-Debitel früher einfach nur ein iPhone mit Vertrag verkauft hat, gibt es jetzt unser Zubehör dazu“, erklärt Horlitz. „Umgekehrt profitieren wir davon, dass Mobilcom-Debitel unsere Kunden in Sachen Mobilfunk unabhängig und fair beraten kann.“
Die Geschäftsentwicklung von Gravis hängt in hohem Maß von Apples Modellpolitik ab. Das kann gut laufen: So war etwa der Verkaufsstart des neuen iPad im März ein voller Erfolg. „Wir haben innerhalb der ersten fünf Stunden zwei Millionen Euro Umsatz gemacht“, sagt Horlitz. „Damit hat das iPad der dritten Generation bei uns alle Rekorde gebrochen.“ Für den Start des neuen iPhone 5 erwartet Horlitz ebenfalls einen starken Andrang. „Durch die hohe Nachfrage kann es natürlich zu Lieferengpässen kommen.“
In seiner Produktpolitik sei Apple ein sehr berechenbarer Partner, sagt Horlitz. In der Regel komme eine neue iPad-Generation im März auf den Markt, sechs Monate später – rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft – ein neues iPhone. „Dazwischen gibt’s Produktauffrischungen“, sagt Horlitz. Übrigens: Mit einem eigenen Apple-TV-Gerät, über das seit langem spekuliert wird, rechnet der Unternehmer nicht mehr in diesem Jahr.
Derzeit baut Apple am Ku’damm 26 einen eigenen Store – und macht Gravis damit auch in seiner Heimatstadt Konkurrenz. Horlitz sieht das gelassen. „Gravis ist da, wo die Kunden sind“, sagt er. „Und am Ku’damm kann man nicht mal parken. Wir haben 80 Parkplätze, von denen man trockenen Fußes ins Geschäft gelangt.“ Auch biete Gravis ein deutliche größere Auswahl an Zubehör und „im Service ein überzeugendes Alternativangebot“. Wann Apple mit dem bereits seit vielen Monaten dauernden Umbau das denkmalgeschützten Hauses fertig wird, in dem früher die Filmbühne Wien untergebracht war, ist offen. Apple äußert sich dazu nicht. „Ich würde mich nicht wundern, wenn es dieses Jahr nichts mehr wird“, meint Horlitz. „Das Gebäude ist für ein Kino klasse aber für Einzelhandel eine Katastrophe.“
Apple eröffnet weltweit 40 Geschäfte pro Jahr. In Deutschland gibt es bereits neun Apple-eigene Geschäfte, womöglich macht noch im September in Stuttgart ein weiterer Store auf. Deutschland habe aber keine Priorität, meint Horlitz, da das Unternehmen hier über Gravis bereits eine gute Abdeckung habe. Vielmehr gingen viele Ressourcen nach China, das ist der zweitwichtigste Markt für Apple nach den USA. Horlitz glaubt sogar, dass Gravis davon profitieren könnte, wenn Apple im Stadtbild stärker in Erscheinung tritt. „So ein Store ist ein Statement“, sagt er. „Für den Kunden ist das eine Rückbestätigung, dass er sich für die richtige Marke entschieden hat.“ Außerdem rechnet der Unternehmer damit, dass der neue Store seinen eigenen 120 Technikern zusätzliches Geschäft bringt. „Außer Standardreparaturen an relativ fabrikneuen Geräten hält sich Apple aus der Reparatur raus und schickt die Kunden dann zu uns.“
Dennoch ist die Abhängigkeit von Apple für Gravis auch ein Problem – vor allem dann, wenn es Lieferengpässe gibt. „Natürlich ist das eine Bedrohung für Gravis, wenn wir unfair behandelt werden“, sagt Horlitz. Hin und wieder sei es vorgekommen, dass Gravis nicht liefern konnte und Kunden direkt zu Apple schicken musste. „Den Kunden habe ich dann im Zweifel verloren“, beklagt Horlitz. „Apple ist für uns ein Monopolist, wenn wir nicht beliefert werden, können wir nicht ausweichen.“ Darüber hinaus will Gravis die Produkte natürlich auch zu den gleichen Konditionen einkaufen können wie die Apple-eigenen Stores. Um sich in Zukunft unabhängiger von Apple zu machen, versucht Gravis sein Portfolio auszubauen – in Produktsegmenten, in denen Apple nichts anbietet.
Insgesamt habe sich das Geschäft dramatisch gewandelt, sagt Horlitz. Früher kamen die Kunden lieber in den Laden. Bis vor einem Jahr machte der Online- Handel nur drei bis vier Prozent des Umsatzes aus. „Heute sind es bereits 25 Prozent“, berichtet der Gravis-Chef. Dennoch bedeute das nicht das Ende des stationären Handels. Schließlich will Gravis mehr verkaufen als Computer – nämlich Lifestyle. Darum ist der neue Shop nun umgeben von Restaurants, Kino und Kultur – und bis 22 Uhr geöffnet.