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Oliver Bäte war früher Unternehmensberater, jetzt verkauft er Versicherungen.
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Update

Oliver Bäte wird Allianz-Chef: Mann der Zahlen folgt auf Michael Diekmann

Seit der Gründung vor fast 125 Jahren hatte der Versicherungskonzern erst neun Chefs. Der zehnte ist erst 49 Jahre alt. Er gilt als kühler Rechner - der schon einmal gründlich daneben lag.

Er wolle sich mehr um seine Familie kümmern, sagte Allianz-Chef Michael Diekmann. „Bei den ersten drei Kindern war ich viel unterwegs, aber jetzt, bei meinem Jüngsten, gebe ich mir Mühe“, erzählte der Chef der größten europäischen Versicherung. Was Diekmann vor wenigen Monaten im Tagesspiegel-Interview angekündigt hatte, macht er jetzt wahr: Nach 15 Jahren an der Spitze des Finanzkonzerns wird Diekmann die Geschäfte an einen Jüngeren übergeben. Oliver Bäte, 49, soll den Chefposten zur Hauptversammlung am 7. Mai nächsten Jahres übernehmen, teilte die Allianz mit. Den Aktionären gefällt das nicht. Die Aktie gab nach.

Diekmann wird im Dezember 60, bei der Allianz ist das die interne Grenze für Vorstandsmitglieder. In Finanzkreisen hatte man aber über eine Verlängerung um ein oder zwei Jahre spekuliert. So lange, bis bei der angeschlagenen US-Anlagetochter Pimco wieder Ruhe eingekehrt ist und für die verlustreiche US-Versicherungstochter Fireman’s Fund eine Lösung gefunden worden ist. Doch Diekmann hat sich anders entschieden. Er soll nun nach einer zweijährigen Karenzzeit 2017 in den Aufsichtsrat gehen und Chef des Kontrollgremiums werden.

Kronprinz und Schnellredner

Bäte gilt seit geraumer Zeit als Kronprinz. Allerdings fehlte dem Betriebswirt lange der Stallgeruch, den man braucht, um bei der Allianz ganz nach oben zu kommen. Während Diekmann das Geschäft von der Pike auf gelernt hatte, kam Bäte von der Unternehmensberatung McKinsey zur Allianz-Zentrale nach München. Er löste als Controlling-Chef im Vorstand den heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden Helmut Perlet ab, 2009 wurde er Finanzchef des Konzerns. Anfang 2013 übernahm Bäte im Vorstand die Zuständigkeit für das Versicherungsgeschäft in West- und Südeuropa und rückte damit näher an das Kerngeschäft heran – ein Indiz dafür, dass Bäte Diekmann beerben sollte. Im Gespräch war allerdings lange Zeit auch Markus Rieß, der das wichtige Deutschland-Geschäft verantwortet und jüngst mit einer ehrgeizigen Internetstrategie versucht hatte, auf den letzten Metern noch zu punkten.

Ein Wechsel an der Vorstandsspitze ist bei der Allianz noch immer etwas Besonderes. Seit der Gründung vor fast 125 Jahren hatte die Versicherung erst neun Chefs, Bäte wird die Nummer zehn. Für die Mitarbeiter könnte der Wechsel zu einem Kulturwandel führen. Bäte gilt als Mensch der Zahlen, als schneller Denker und schneller Redner, der kaum ein Blatt vor den Mund nimmt. Manche werfen ihm vor, sich zu sehr in Anglizismen zu flüchten und in Management-Sprech, andere loben seine Zahlenfestigkeit und seine Fähigkeit, auch schwierige Sachverhalte in kurzer Zeit zu analysieren.

Einmal jedoch lag Bäte daneben: Noch in Diensten von McKinsey beriet der gebürtige Rheinländer die Allianz bei der Integration der Dresdner Bank – eine der größten Fehlinvestitionen in der Geschichte des Konzerns. Nach verlustreichen Jahren zog schließlich Diekmann 2008 die Reißleine und verkaufte die Bank an die Commerzbank – gerade noch rechtzeitig vor der Finanzkrise.

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