Air Berlin: Lufthansa will 90 Flugzeuge übernehmen
Am Wochenende werden Übernahmedetails verhandelt. Verkehrsminister Dobrindt wünscht sich eine starke Lufthansa.
Alle drücken aufs Tempo: Die Politik, um die Staatshilfe für Air Berlin aus dem Wahlkampf herauszuhalten; das Krisenunternehmen selbst, um so schnell wie möglich Klarheit zu bekommen und damit das Vertrauen der Passagiere zurückzugewinnen; und schließlich die mindestens drei Fluggesellschaften, die sich gleichsam aus der Konkursmasse von Air Berlin bedienen wollen: Lufthansa, Condor und vermutlich Easyjet. Air Berlin-Chef Thomas Winkelmann sagte der „FAZ“, man sei mit drei Unternehmen, die alle börsennotiert seien, in Kontakt.
"Wir brauchen einen deutschen Champion"
Die meisten Flugzeuge und Beschäftigten werden beim deutschen Marktführer Lufthansa landen – jedenfalls dann, wenn es nach Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt geht. Der CSU-Politiker sprach sich für die Übernahme „wesentlicher Teile“ von Air Berlin durch die Lufthansa aus. „Wir brauchen einen deutschen Champion im internationalen Luftverkehr“, sagte er der „Rheinischen Post“. Ordnungspolitische Bedenken wies er zurück. Kartellrechtliche Fragen dürften „nicht mehr mit der rein regionalen Brille auf einzelne Standorte betrachtet werden“, meinte Dobrindt. Ryanair klagt bei den Kartellbehörden gegen die Zerlegung und Verteilung von Air Berlin und wirft der deutschen Politik Einflussnahme zugunsten der Lufthansa vor.
Spohr hat den Lufthansa-Aufsichtsrat informiert
Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ will die rund 90 der 144 Flugzeuge von Air Berlin übernehmen und unter der Marke Eurowings fliegen lassen. Zu den 90 Flugzeugen gehören auch jene 38 Maschinen, die die Lufthansa bereits inklusive Besatzung von Air Berlin gemietet hat. Ein Abkommen mit der Lufthansa inklusive Übernahme der Touristik-Tochter Niki mit 20 Maschinen könnte schon in der kommenden Woche stehen. Mit dem Air-Berlin-Vorstand und dem vom Gericht bestellten Sachwalter Lucas Flöther solle von Freitag an über das Wochenende verhandelt werden, habe Lufthansa-Chef Carsten Spohr bei einer Sondersitzung des Aufsichtsrats berichtet, hieß es. Kein Interesse hat Lufthansa dem Vernehmen nach an älteren Propeller-Maschinen und an den 14 Boeing-Jets, die Air Berlin von der Tuifly gemietet hat. Sie könnten an den Touristikflieger des Tui-Konzerns zurückfallen.
Condor und Easyjet sind auch interessiert
Nicht betroffen von der Insolvenz ist die österreichische Air-Berlin-Tochter Fly Niki, die im Frühjahr alle Ferienflüge der Muttergesellschaft übernommen hat. Das liegt an der Tatsache, dass Fly Niki bereits vor Monaten an Etihad verkauft werden sollte, der Deal aber zunächst an rechtlichen Hürden scheiterte. Inzwischen gilt es als unwahrscheinlich, dass die Übernahme noch vollzogen wird, dem Vernehmen nach wird in den laufenden Gesprächen ein neuer Käufer für Niki gesucht. Gegenstand der Konkursmasse ist dagegen die Air-Berlin-Tochter Luftverkehrsgesellschaft Walter (LGW), die eine Flotte von Turboprop-Flugzeugen für Kurzstrecken betreibt.
Easyjet wird wohl insbesondere mit den sogenannten Slots der Airline an den großen Flughäfen liebäugeln. Diese Slots sind zugewiesene Start- und Landezeiten an überlasteten Flughäfen und somit ein wertvolles Gut. Und davon hat Air Berlin jede Menge; Air Berlin bewertete die Slots zuletzt mit 80 Millionen Euro.
Was die Langstreckenflüge ab Berlin und Düsseldorf betrifft, könnte auch die zum Thomas-Cook-Touristikkonzern gehörende Ferienfluggesellschaft Condor in die Bresche springen. „Thomas Cook und Condor sind bereit, eine aktive Rolle bei möglichen Auffanglösungen zu spielen“, heißt es dort. „Hierbei ist es wichtig, dass diese nachhaltig und kartellrechtlich zulässig sind.“ mit alf/dpa/rtr