Airline-Chef Carsten Spohr: Der Lufthanseat
Lufthansa-Chef Carsten Spohr weiß, was er für seinen Konzern will. Er geht entschieden und klar zu Werke, wenn es sein muss auch hart - und immer freundlich. Ein Portrait.
Noch ist die Sache nicht in trockenen Tüchern. Aber für Lufthansa-Chef Carsten Spohr könnte es sein nächster großer Erfolg werden: Sollte die größte deutsche Fluggesellschaft tatsächlich den Zuschlag für große Teile – und damit vor allem für Start- und Landerechte – ihres bisher größten inländischen Konkurrenten Air Berlin erhalten, wäre sie ein weiteres Stück gestärkt und hätte vor allem dem derzeit größten europäischen Wettbewerber Ryanair ein Schnippchen geschlagen.
Seit Mai 2014 steht der 50-jährige gelernte Airbus-Pilot an der Spitze der Lufthansa – stets freundlich, aber in der Sache verbindlich, konsequent und wenn es sein muss auch hart. Der Vater von zwei Töchtern ist überzeugter Lufthanseat. Seit 1994 arbeitet er für das Unternehmen: als Personalmanager, als Referent des früheren Vorstandschefs Jürgen Weber, dann als Koordinator des Luftfahrtbündnisses Star Allianz. 2004 rückte er in den Bereichsvorstand für die Passagiersparte auf, seit zehn Jahren sitzt er im Konzernvorstand.
Die schwierigste Phase war für Spohr nach dem durch einen Piloten gezielt verursachten Absturz der Germanwings-Maschine von Barcelona nach Düsseldorf am 24. März 2015 mit 150 Toten zu bewältigen. „Das war der schwärzeste Tag in unserer Geschichte“, sagte Spohr damals tief betroffen. Er übernahm für die Lufthansa die Verantwortung, reagierte auch nach Ansicht von Außenstehenden und Angehörigen der Opfer respektvoll und angemessen und entschuldigte sich für das Leid. Lufthansa zahlte schnell großzügige Entschädigungen, auch wenn manche sie nicht für ausreichend hielten.
In heiklen Situationen trifft Spohr einen verbindlichen Ton
Eine große Herausforderung für Spohr waren die zahlreichen Streiks der Flugbegleiter, vor allem aber der fast 5400 Lufthansa-Piloten wegen Gehältern, Übergangs- und Altersversorgungen. Sie verursachten Einbußen in dreistelliger Millionenhöhe und einen schweren Imageschaden. Spohr den Mitarbeitern gegenüber hart. Im März diesen Jahres endlich einigten sich beide Seiten, Details sollen in den nächsten Monaten endgültig festgezurrt werden. Umstritten war bei Gewerkschaften wegen der schlechteren Tarifbedingungen vor allem auch der von Spohr gezielt für den harten Wettbewerb mit Billigfliegern aufgestellte Ableger Eurowings, der explizit den Wettbewerb mit Ryanair bestehen sollte. Mittlerweile hat sich das Unternehmen etabliert – und vermutlich auch Air Berlin Kunden streitig gemacht.
Gerade im vergangenen Jahr erwies sich Spohr als geschickter Stratege. Es schmiedete nicht nur Allianzen mit wichtigen Airlines in Asien wie Air China oder Singapur Airlines. Statt wie seine Vorgänger immer nur auf den Staats-Airlines vom arabischen Golf herumzuhacken, schloss der Lufthansa-Chef Ende 2016 völlig überraschend ein Bündnis mit dem Air Berlin-Mehrheitsaktionär Etihad aus Abu Dhabi.
Air Berlin zu übernehmen, war sein erklärtes Ziel
Auch dadurch schaffte es Spohr, dass mit Thomas Winkelmann ein ihm bestens vertrauter Manager im Februar an die Spitze von Air Berlin rückte und die Miete von 38 Air Berlin-Jets samt Besatzung für Eurowings vereinbart wurde.
All das dürfte ihm die Gespräche über die Übernahme von Teilen der insolventen zweitgrößten deutschen Airline jetzt erheblich erleichtern. Zumal Spohr es immer wieder abgelehnt hat, bei Air Berlin einzusteigen, wenn dort die Frage der Schulden in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro nicht geklärt ist.
Abgesehen von diesen strategisch cleveren Schachzügen hat die Lufthansa unter Spohr auch wieder geschäftlich an Stärke gewonnen. 2016 verbuchte die Airline ein Rekordjahr. Auch in diesem Jahr läuft es weiter gut: Allein im ersten Halbjahr verdoppelte sich der Betriebsgewinn auf mehr als eine Milliarde Euro und damit einen neuen Höchstwert. Und auch die Aktionäre können sich freuen: Mit einem Kurs-Plus von fast 70 Prozent ist die Lufthansa-Aktie derzeit in diesem Jahr das beste Papier unter den Aktien der 30 größten deutschen Konzerne.