Galeria Karstadt Kaufhof: Leider aus der Zeit gefallen
Die Kaufhaus-Kette hat es gründlich verpasst, in die Zukunft zu investieren. Den Preis dafür zahlen die Belegschaften – und die Innenstädte. Ein Kommentar.
Das Kaufhaus ist tot, es lebe das Kaufhaus! Unter dieser Devise haben sich die beiden Warenhaus-Ketten Karstadt und Galeria Kaufhof 2018 zusammengetan. Nach knapp zwei Jahren zeigt sich nun, dass nicht nur das Namensungetüm „Galeria Karstadt Kaufhof“ (GKK) keinem Kunden leicht von den Lippen geht; nein, auch die Versuche, „Synergie-Effekte zu heben“, wie es stets in feinstem Management-Deutsch hieß, erwiesen sich als äußerst mühsam.
Ob es nun wirklich die Coronakrise war oder ob diese nur die willkommene Rechtfertigung für den unvermeidlichen Kahlschlag war, bleibt vorerst Spekulation. Doch angesichts der möglichen Schließung von 62 Filialen scheint klar: Das Kaufhaus ist eher tot als lebendig.
"Treffen wir uns vor Karstadt?"
Für viele, gerade kleinere Städte wäre das Aus des örtlichen Kaufhauses ein herber Verlust. Das Kaufhaus als Anker im Stadtzentrum hat hier häufig eine Bedeutung, die über die simple Dienstleistung hinausgeht. Es dient als Orientierungspunkt („Treffen wir uns vor Karstadt?“), es verleiht mit seinem großen Sortiment ein Gefühl von Sicherheit, bei Bedarf alles Nötige bekommen zu können – und es war einfach immer schon da. Wie die Statue auf dem Platz davor.
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Doch keine dieser Zuschreibungen bringt dem Kaufhaus Geld ein. Denn das Leben spielt sich schon lange vor den Türen von Karstadt ab. Wer das Warenhaus betritt, merkt auch schnell, warum. Die Kaufhäuser bilden noch immer das vergangene Jahrtausend ab. Nicht nur in ihrer Historie, sondern auch in ihren Regalen.
Die hier geführten Labels sind zu großen Teilen dieselben, wie vor zehn Jahren. Während sich die Konsumwelt durch Großtrends wie Regionalisierung, Nachhaltigkeitsgedanken oder Individualisierung rasant verändert hat, warten bei GKK noch immer Tommy Hilfiger, Hugo Boss und Lacoste auf Kundschaft.
Der Online-Handel ist nur eine Ausrede
Klar, diese Marken haben noch immer ihre Daseinsberechtigung. Doch wenn man den Anspruch hat, jede Altersgruppe anzusprechen, braucht es auch Firmen mit neuen Ideen, neuen Konzepten und einem Gespür für den Zeitgeist. Dass der Online-Handel den Kaufhäusern die Kunden wegschnappt, ist dabei nur eine Ausrede. Es gibt genug Konzepte im stationären Handel, die zeigen, dass der Wille zum Shoppen vor Ort ungebrochen ist. Darunter, dass hier seit Jahren kein neuer Esprit zu spüren war, leiden nun die Mitarbeiter, die um ihre Jobs bangen müssen.
In Berlin gibt es immerhin ein paar positive Ansätze. Die Beauty-Kette Sephora oder der Modehändler Topshop im Erdgeschoss bei Galeria am Alexanderplatz haben junges Publikum in das Warenhaus gelockt. Doch nicht jeder Standort ist der Alexanderplatz. Junges Publikum hingegen gibt es an vielen Orten. Es wäre wünschenswert, wenn sie auch ein Angebot bekämen, das sie anspricht.
Wenn die Bundesregierung Politik für die Rentner macht, mag das falsch sein. Man kann es aber wenigstens noch nachvollziehen, weil diese nun mal das Groß der Wählerschaft ausmachen. Wenn aber ein Kaufhaus ausschließlich diese Zielgruppe anspricht, ist es unternehmerischer Selbstmord. Nicht umsonst bezeichnet man die 14- bis 49-Jährigen als werberelevante Zielgruppe.