Traditionsmarke: Küchenhersteller Alno ist insolvent
Jahrelang schrieb der Küchenbauer Alno Verluste. Jetzt ist das Traditionsunternehmen aus Baden-Württemberg zahlungsunfähig. Doch der Verkauf soll weiter laufen.
Die Küche sei das neue Auto, heißt es. Jahr für Jahr geben die Deutschen enorme Summen für Kochinseln und Hochglanzfronten aus. Mehr als ein Drittel dessen, was sie in Möbel investieren, wird in der Küche verbraten – in Summe an die zwölf Milliarden Euro im Jahr.
Dabei werden stolze 97 Prozent der hierzulande verkauften Küchen auch in Deutschland produziert. Das dürfte für kaum eine andere Branche gelten. Doch hinter den Kulissen ist von hartem Verdrängungskampf, von Überkapazitäten die Rede. Jetzt ist Alno, zweitgrößter deutscher Hersteller, Pleite.
Dreimal hatte das Unternehmen die Veröffentlichung seiner Bilanz für 2016 zuletzt verschoben. Am Mittwoch beantragte der Küchenbauer aus Pfullendorf in Baden-Württemberg dann das Insolvenzverfahren. Der Vorstand habe sich zu diesem Schritt entschlossen, weil in Verhandlungen mit potenziellen Investoren und Gläubigern „zuletzt keine Einigung erzielt werden konnte“, heißt es in einer Mitteilung.
Verluste machte die Traditionsfirma freilich schon lange. Im ersten Halbjahr 2016 belief sich das Minus vor Steuern nach Angaben des Unternehmens auf 28,5 Millionen Euro. In den ersten fünf Monaten 2017 fiel der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,8 Prozent.
Ikea veröffentlicht seine Zahlen nicht
Mehr oder weniger bergab ging es allerdings bereits seit dem Börsengang 1995 und dem Tod des Firmengründers 1997. Albert Nothdurft (Al-No) hatte den Betrieb 1927 im Alter von 21 Jahren als Schreinerei gegründet. Die Einbauküche: Damals eine visionäre Idee. Heute werden pro Jahr mehr als eine Million Küchen in Deutschland verkauft. Neben Marktführer Nobilia und Alno dominieren Marken wie Häcker, Nolte, Schüller, Poggenpohl, Siematic und Bulthaup das Geschäft. Und natürlich Ikea, dessen Faktum- und Metod-Zeilen längst nicht mehr nur WG-Küchen prägen. Zahlen veröffentlicht der schwedische Konzern nicht. An der Popularität kann es bei Alno dennoch nicht gelegen haben. Mehr als eine halbe Milliarde Euro Jahresumsatz stehen in den Büchern. Ende der Neunzigerjahre waren es noch eine halbe Milliarde D-Mark. Doch schon damals wurde die Dividende gestrichen, mussten Beschäftigte auf Lohn verzichten.
Investor Hastor wurde bekannt durch einen Lieferstopp an VW
Im Mai 2000 hatte Arthur Nothdurft, Sohn des Gründers, erst den Vorstandsvorsitz und kaum ein Jahr später auch den Aufsichtsratsvorsitz niedergelegt. Wegen „Meinungsverschiedenheiten“.
Jetzt soll Alno in Eigenregie den Sprung aus der Krise schaffen. Ende Mai hatte das Unternehmen überraschend einen Chefwechsel angekündigt: Auf den bisherigen Vorstandschef Max Müller folgte der bisherige Finanzvorstand Christian Brenner. Der gilt als Vertreter des Großaktionärs Tahoe Investors, hinter dem die bosnische Unternehmerfamilie Hastor steht. Hastor erlangte 2016 durch den Lieferstopp seines Unternehmens Prevent an VW und die darauf folgende Auseinandersetzung mit dem Wolfsburger Autokonzern Bekanntheit. Ebenfalls Schlagzeilen brachte die gescheiterte Übernahme des bayerischen Autositzherstellers Grammer.
Vor einem Jahr hatte Hastor Alno zunächst ein Darlehen über 20 Millionen Euro gewährt und später die Kontrolle übernommen. 350 der rund 2100 Stellen sollten gestrichen, Millionen in der Verwaltung eingespart werden. Die Tochtergesellschaften Gustav Wellmann und Alno Logistik werden in den Insolvenzantrag einbezogen. Andere, wie die Pino Küchen GmbH, sind nicht betroffen. Als Fehlgriff erwies sich die Übernahme des Schweizer Marktführers AFG 2014: Auf anfängliche Betriebsgewinne folgte ein „unerwartet hoher Ergebnisrückgang“.
Die Aktien brachen ein
Nach der Insolvenzankündigung sackten die Alno-Aktien am Mittwoch um mehr als 50 Prozent auf knapp 0,14 Cent ab. Sie kosteten damit so wenig wie noch nie. Alno hat auch eine Mittelstandsanleihe in Höhe von 45 Millionen Euro ausgegeben, die 2018 fällig wird. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger erwartet, dass auch die Anleger Geld verlieren werden. mit dpa
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