Warum Bier vom Fass jetzt teurer wird: Krombacher, Veltins und Radeberger erhöhen die Preise
Kneipengänger müssen bald tiefer in die Tasche greifen. Das liegt auch an der besonderen Beziehung zwischen Wirten und Brauern.
Rund 102 Liter Bier im Jahr trinkt jeder Bundesbürger im Schnitt. Viele gönnen sich ein kühles Helles daheim aus der Flasche. Für sie ändert sich so gut wie nichts.
Doch diejenigen, die ihr Bier gern in der Kneipe oder im Restaurant frisch gezapft vom Fass genießen, müssen wahrscheinlich schon bald etwas tiefer in die Tasche greifen. Viele Brauereien wollen die Preise für ihr Fassbier erhöhen, darunter auch der Marktführer, die Radeberger Gruppe.
Mit 40 Biermarken ist die Tochter des Lebensmittelkonzerns Dr. Oetker der größte deutsche Bierhersteller. Zur Radeberger Gruppe gehören neben dem gleichnamigen Pils auch Berliner Pilsner, Berliner Kindl, Schultheiss, Jever oder Allgäuer Büble.
Wie viel die Gastronomen künftig mehr zahlen sollen, sagt Radeberger nicht. Andere werden da konkreter. Etwa die Brauerei Veltins. Die Sauerländer erhöhen zum 1. März den Preis für ein 0,3-Liter-Glas um 2,5 Cent, berichtet Veltins-Sprecher Ulrich Biene. Auch Krombacher, die umsatzstärkste Einzelmarke im Biermarkt, kündigt Preiserhöhungen an. Bitburger hingegen hält sich bedeckt.
Ob und in welchem Maße die Wirte die Preiserhöhungen an ihre Gäste weitergeben, ist ungewiss. „Das ist regional unterschiedlich“, weiß Veltins-Sprecher Biene. Einfach ist die Abwägung nicht. Zum einen könnten Wirte die Preiserhöhungen beim Bier nutzen, um – sozusagen in einem Rutsch – auch steigende Energie-, Pacht- oder Personalkosten umzulegen. Andererseits ist das Bier ein wichtiger Umsatzbringer.
Vergrößert sich der Preisunterschied zum Flaschenbier zu sehr, kann das Kunden vergraulen. Niklas Other vom Branchenmagazin „Inside“ rechnet unterm Strich aber damit, dass die Aufschläge weitgehend beim Kunden am Tresen ankommen werden. „Der Bierpreis in Deutschland ist im internationalen Vergleich sehr günstig“, meint er. Hinzu kommt, dass die Brauereien die Gastronomen in den vergangenen Jahren weitgehend ungeschoren gelassen haben. „Wir hatten drei Jahre lang stabile Preise“, betont Biene.
Gastwirte lassen sich die Kneipe bezahlen
Dass damit jetzt Schluss ist, begründet Radeberger mit Kostensteigerungen bei Logistik, Energie und Verpackungen. Zudem habe es auch Tariferhöhungen gegeben, und man habe in das Mehrwegsystem investiert, berichtet ein Sprecher. Hinzu kommen höhere Rohstoffkosten nach den letzten Dürresommern 2018 und 2019.
Veltins führt vor allem die steigenden Vertriebs- und Vermarktungskosten an. „Der Gastronom geht nicht zur Bank, sondern zur Brauerei“, sagt Biene. Tatsächlich gibt es enge Bindungen zwischen Brauereien und Gastwirten. Die Brauereien bezahlen die Ausstattung, den Tresen, die Kücheneinrichtung oder die Leuchtreklame über der Tür, manchmal schießen sie auch Kredite über 50.000 oder 60.000 Euro vor.
Dafür verpflichtet sich der Wirt, nur das Bier dieser Brauerei auszuschenken – und zwar bis zu zehn Jahr lang. Die Wirte brauchen weniger Kapital, die Brauereien haben feste, verlässliche Absatzkanäle. Flaschenbier, auf das viele Clubs oder Bars umgestiegen sind, lässt sich nun mal viel leichter auswechseln als Fassbier.
Die Kosten für diese Vertriebspartnerschaften seien gestiegen, berichtet Biene, darauf reagiert das Familienunternehmen jetzt. Flaschenbier wird dagegen nicht teurer. Radeberger will anders als Veltins auch für einen kleinen Teil seiner Flaschenbiere die Preise erhöhen. Betroffen sind Schöfferhofer Weizen, Berliner Pilsner und Ur-Köstritzer.
Krombacher hat dagegen wegen des harten Wettbewerbs eine im alten Jahr angekündigte Preiserhöhung bei Dosenbier zurückgenommen. Einer seiner größten Abnehmer ist der Discounter Aldi.
Paulaner wird am häufigsten ausgeschenkt
Der deutsche Biermarkt ist hart umkämpft. Es gibt mehr als 1500 Brauereien und fast 7000 Biermarken. Nimmt man Gastronomie-Ausschank, Flaschen- und Dosenbier zusammen, ist die Radeberger-Gruppe die Nummer eins, vor Oettinger und Veltins. Schaut man dagegen ausschließlich auf das in der Gastronomie verkaufte Fassbier, liegt Paulaner mit rund 815.000 verkauften Hektolitern vorne, dank seines Weizenbiers und des großen Exporterfolgs.
Auf Platz zwei folgt Bitburger mit 785.000 Hektolitern, gefolgt von Krombacher und Warsteiner. Becks, lange auch in der Berliner Gastronomie gut vertreten, ist auf 100.000 Hektoliter abgerutscht, Oettinger spielt mit 93.000 Hektolitern in der Gastronomie praktisch keine Rolle.
Die Preisunterschiede zum Craft-Bier sind groß
„Die Gäste schätzen ein frisch gezapftes Bier“, heißt es beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband. Für etwas Besonderes sind sie auch bereit, Geld auszugeben, etwa für Craft-Bier. Wer etwa in Berlin bei Brlo oder Lemke einkehrt, ist mit Preisen von mehr als fünf Euro für ein 0,5-Liter-Bier dabei, gut einen Euro mehr als ein Pils oder Helles aus einer Großbrauerei kosten.
Obwohl die Zahl der kleinen Biermanufakturen kontinuierlich steigt, ist der Anteil am Umsatz noch immer sehr übersichtlich. Zwischen 0,2 und 0,5 Prozent schätzt man ihn beim Deutschen Brauer-Bund.
Brauer hoffen auf 2020 – und die Fußball-EM
2019 war für die deutschen Brauer eine Durststrecke. Mit einem Umsatzminus von zwei Prozent rechnet der Hauptgeschäftsführer des Brauer-Bundes, Holger Eichele. Damit wäre rein rechnerisch eine Großbrauerei verschwunden. Zwar war auch der vergangene Sommer warm, doch an das Ausnahmejahr 2018, als der Hitzesommer und die Fußball-WM zusammenkamen, reicht der Bierabsatz nicht heran.
Für 2020 ist man zuversichtlicher. „Die deutschen Brauer blicken optimistisch ins neue Jahr, das mit der Fußball-EM auch wieder mit einem wichtigen Sportereignis aufwarten kann“, sagt Eichele. Besonders dynamisch sei der Zuwachs bei alkoholfreien Bieren und Biermischgetränken. Vielleicht ist das auch eine Lösung für kostenbewusste Kneipengänger: öfters mal ein Radler.
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