Der heiße Sommer macht Durst: Die Leute trinken so viel Bier wie seit Jahren nicht mehr
Der Bierabsatz ist auf Rekordniveau, die Flaschen werden knapp. Wer lieber Wasser trinkt, kann beim Discounter kaufen, sagt die Stiftung Warentest.
Der Supersommer bringt Deutschlands Bierbrauer zum Schwärmen. „Wir erleben einen historischen Brauersommer“, sagt Ulrich Biene. Biene ist Sprecher der Brauerei Veltins, nach Krombacher, Oettinger und Bitburger die Nummer vier in Deutschland. „Bierfreudige Wochenenden“, wochenlang anhaltendes Grillwetter und volle Biergärten hätten bei Veltins zu „historischen Absatzspitzen“ geführt, freut sich Biene. Und er weiß auch, bei wem er sich bedanken muss: „Petrus ist der beste Bierverkäufer.“
15 Prozent mehr Bier als im Vorjahr
Veltins hat im Mai und Juni jeweils 15 Prozent mehr Bier verkauft als in den Vorjahresmonaten. Im gesamten ersten Halbjahr ist der Absatz der Sauerländer um 7,8 Prozent gestiegen, und wäre die deutsche Fußballnationalmannschaft bei der WM nicht schon in der Vorrunde herausgeflogen, wäre sicherlich noch mehr Gerstensaft durch die Kehlen der Deutschen geflossen. Nicht nur Veltins, auch die anderen rund 1500 deutschen Brauer können sich bei Petrus bedanken. Nach Angaben des Deutschen Brauer-Bundes haben die deutschen Unternehmen im Mai 3,6 Prozent mehr Bier verkauft als im Mai 2017. Niklas Other, Herausgeber des Branchenmagazins „Inside“, geht für das erste Halbjahr branchenweit von einem Plus von gut zwei Prozent aus. Sollten der August und der September nicht verregnet werden, „dürfte 2018 ein gutes Jahr für die Brauer werden“, glaubt der Experte.
Eine Durststrecke geht zu Ende
Für die Brauer könnte so eine lange Durststrecke zu Ende gehen. Im vergangenen Jahr ist der Bierabsatz auf 93,5 Millionen Hektoliter gesunken, so schlecht waren die Zahlen seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Und das obwohl das Bier nach wie vor der Liebling der Deutschen unter allen alkoholhaltigen Getränken ist. Auch der Export konnte das Minus anders als in früheren Jahren nicht ausgleichen. Deutschland ist nach China, den USA und Brasilien der viertgrößte Bierproduzent der Welt.
Bier ist teurer geworden
Doch jetzt ist alles anders. Denn neben dem guten Umsatz spülen auch Preiserhöhungen mehr Geld in die Kasse der Brauer. Mehrere große Unternehmen hatten im Winter und im Frühling die Preise erhöht, nachdem sie lange stabil gewesen waren. Das macht sich nun bemerkbar. Im Juni lagen die Bierpreise um 4,1 Prozent höher als im Vorjahresmonat, teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit. Wein hat sich im Vergleich dazu nur um zwei Prozent verteuert, Cola-Getränke kosteten gerade einmal 1,5 Prozent mehr, Mineralwasser blieb nahezu gleich, Orangensaft wurde sogar billiger. Nur die Liebhaber von Apfelsaft mussten noch größere Preissteigerungen verkraften als die Freunde der Gerstenkaltschale. Wegen der Missernte im vergangenen Jahr kostet Apfelsaft heute stolze 11,6 Prozent mehr als im Vorjahr.
Leergut wird knapp
Die Nachfrage nach Bier stellt allerdings manchen Brauer derzeit vor Probleme: Flaschen und Kisten werden knapp. So appellierte in der vergangenen Woche die Bochumer Fiege-Brauerei via Facebook an ihre Käufer: „Obwohl wir regelmäßig neues Leergut nachkaufen, werden in unserer Abfüllung gerade die Flaschen knapp“, klagten die Brauer. Und baten um ihre Fans um ganz praktische Hilfe. „Bevor Ihr in den Sommerurlaub düst, bringt bitte noch schnell Euer Moritz Fiege-Leergut zum Getränkehändler. Nach dem Motto: erst Pfand, dann (P)ferien!“ Als Dank lockt die volle Dröhnung nach der Rückkehr: „Während Ihr in der Sonne liegt, machen wir die Flaschen wieder voll.“ Auch Radeberger bittet um schnelle Rückgabe, versichert aber, man sei voll lieferfähig.
Drei bis vier Milliarden Bierflaschen sind im Umlauf
Brauer, die eine der vier handelsüblichen Pfandflaschenformen, verwenden, können darauf hoffen, flüssig zu bleiben. Denn Flaschen und Kästen können untereinander getauscht werden. 80 Prozent des Biers wird in Mehrwegflaschen abgefüllt, drei bis vier Milliarden Flaschen sind im Umlauf. Damit sich keine Lieferprobleme zusammenbrauen, haben König-Pilsener und Veltins zusätzliche Bierkästen geordert. Veltins-Sprecher Biene spricht von mehreren Tausenden. Problematischer wird es dagegen bei individualisierten Flaschen, bei denen etwa das Logo des Brauers in das Glas gebrannt ist oder bei Sondergrößen. Wenn hier die Kunden Leergut horten, kann es zu Lieferproblemen kommen. Was das Geschäft erschwert, sind die großen jahreszeitlichen Ausschläge. Seit Mai verkaufen die Brauer gut, im April lagen die Umsätze dagegen deutlich niedriger. 30 bis 40 Prozent weniger Bier gingen über die Ladentheken und Kneipentresen. Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass viele der jetzt neu angeschafften Kisten und Flaschen in den Lagerhallen der Brauer ungenutzt überwintern werden. Es sei denn, der Klimawandel bringt Deutschland den Sommer ganzjährig.
Wasser ist der beliebteste Durstlöscher
Das beliebteste Getränk der Bundesbürger ist nicht Bier, sondern Mineralwasser. Ein preisgünstiges Vergnügen, wie die Stiftung Warentest kürzlich herausfand. 13 von den Verbraucherschützern mit „gut“ bewertete Wässer sind nämlich schon für 13 Cent pro Liter zu haben. Die Stiftung Warentest hatte 30 Mineralwässer mit Kohlensäure untersucht. 17 schnitten mit „gut“ ab, elf waren „befriedigend“, zwei „ausreichend“. Testsieger waren die Classic-Mineralwässer von Aldi Süd „Aqua Culinaris Kurfels“, „Naturalis Vitalbrunnen“ und „Naturalis Quintus-Quelle“ von Netto sowie Rewes „Ja! aus der Waldquelle“. Auch Traditionsmarken wie Adelholzener, Gerolsteiner, Alasia und Aquintus bekamen gute Urteile, sind jedoch teurer.
Glasflaschen sind besser als PET-Flaschen
Wasser gibt es in Glas- und in PET-Flaschen. In jedem Wasser aus PET-Flaschen konnten die Warentester Acetaldehyd nachweisen, das in größeren Mengen Leber und Herz schädigen kann. Es entsteht bei der Herstellung von PET-Flaschen. Schon Millionstelgramm können Wasser untypisch fruchtig schmecken lassen. Gesundheitskritisch ist der gemessene Gehalt nach Angaben der Stiftung Warentest allerdings nicht. Berliner können jedoch problemlos auf eine einfache Alternative ausweichen: Leitungswasser. Das Berliner Wasser ist gut, günstig und überall frisch erhältlich.
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