Diesel-Urteil: Kommunen kritisieren Pläne des Bundes für begrenzte Fahrverbote
Kommt das Fahrverbot für Diesel, werden Autofahrer Ausweichrouten suchen, warnt der Städte- und Gemeindebund. Bundesregierung und Bürgermeister beraten über einen Gratis-Nahverkehr.
Die Kommunen haben mit heftiger Kritik auf die Pläne der Bundesregierung reagiert, wonach Städte und Gemeinden künftig zur Verbesserung der Luftqualität in besonders belasteten Gebieten Fahrverbote für Diesel aussprechen dürfen. "Zurzeit wird eine ganze Reihe von Regelungen diskutiert, die mehr Verwirrung schaffen als eine Lösung der Luftprobleme darstellen", sagte ein Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes der "Welt".
"Wir sind weiterhin gegen jede Form von Fahrverboten und halten Maßnahmen wie einen Ausbau des ÖPNV oder eine verbesserte Verkehrsführung als besser geeignet, die Schadstoffbelastung in der Luft zu begrenzen", sagte der Sprecher weiter.
Das Bundesverkehrsministerium hat unter dem Eindruck des zu erwartenden Urteils des Bundesverwaltungsgerichts am Dienstag zu Fahrverboten erklärt, es arbeite an einer "neuen Rechtsgrundlage zur Anordnung von streckenbezogenen Verkehrsverboten oder -beschränkungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit vor Feinstaub oder Abgasen (Stickstoffdioxid)". Die Kommunen sollen damit im Rahmen der Straßenverkehrs-Ordnung in eigener Regie Fahrverbote anordnen können, wenn damit die Vorgaben der Luftreinhaltepläne erfüllt werden könnten.
"Flickenteppich an Regelungen"
Der Städte- und Gemeindebund zweifelt aber zum einen an der Wirksamkeit von begrenzten Fahrverboten. "Wenn einzelne Strecken gesperrt sind, werden sich die Autofahrer Ausweichrouten suchen", sagte der Sprecher. Zudem entstehe mit kommunalen Fahrverboten "genau jener Flickenteppich an Regelungen im Land, den wir vermeiden wollen". Der Städte- und Gemeindebund halte den Vorstoß aus dem Bundesverkehrsministerium nicht für praktikabel.
Das Verkehrsministerium will nach Angaben einer Sprecherin Fahrverbote vermeiden. Das Ressort sehe die vorgeschlagenen Maßnahmen als Teil eines Gesamtpaketes und setze zur Luftverbesserung vor allem auf intelligente Lösungen. Damit könne zum Beispiel der Verkehr um hochbelastete Bereiche durch digitale Steuerungs- und Anzeigesysteme umgeleitet werden, erklärte die Sprecherin.
Beratung über Gratis-Nahverkehr
Die Bundesregierung berät am Montag mit den Bürgermeistern von fünf Städten, über mögliche „Modellstädte zur Luftreinhaltung“. Bei dem Treffen in der Bonner Zweigstelle des Bundesumweltministeriums geht es auch um die Überlegung, die Nutzung von Bussen und Bahnen kostenlos zu machen. Als Modellstädte hatte die Bundesregierung in einem Brief an die EU Bonn und Essen in Nordrhein-Westfalen sowie Mannheim, Reutlingen und Herrenberg in Baden-Württemberg genannt. Die Bürgermeister fordern vor allem Aufklärung darüber, wer für einen vergünstigten oder kostenlosen Nahverkehr aufkommen soll. Es könne sein, dass "ein oder zwei" dieser Städte künftig einen Gratis-Nahverkehr testeten, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums in Bonn.
Die Überlegungen zu einem Gratis-Nahverkehr hatten Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) in einem Brief an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella erwähnt. Im Gespräch sind aber auch andere Maßnahmen wie die Förderung von Elektroautos und -bussen oder eine andere Verkehrslenkung. Für das „Sofortprogramm saubere Luft“ stehen den Kommunen bis zu eine Milliarde Euro zur Verfügung.
Verkehrsbeschränkungen sind keine „blaue Plakette light“
An der Ablehnung einer „blauen Plakette“ für relativ saubere Autos habe sich nichts geändert, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums am Montag in Berlin. Das schrieb das Verkehrsministerium in seiner Antwort auf eine Frage der Grünen. Es gehe nicht um eine „blaue Plakette light“, sagte der Sprecher. Wie die neuen Verbote oder Beschränkungen für Dieselautos gekennzeichnet und kontrolliert würden, werde man mit Ländern und Kommunen klären. Es gehe um „passgenaue, maßgeschneiderte Lösungen“ für „hochbelastete Strecken“. (AFP/dpa)