Barzahlung im Einzelhandel: Kleve schafft das Kleingeld ab
Im nordrhein-westfälischen Kleve verbannen Händler die Ein- und Zwei-Cent-Stücke. Ist das ein Vorbild? Der Berliner Einzelhandel winkt ab.
Es soll Glück bringen. Und doch gibt es Menschen, die es nicht mögen: das Ein-Cent-Stück. Manche stecken die Münzen als Glücksbringer ein, anderen ist das Kleingeld einfach nur lästig. Wie oft steht jemand an der Kasse und kramt auf der Suche nach ein, zwei Cent eine gefühlte Ewigkeit im Portemonnaie? Und wie schnell füllt sich der Geldbeutel mit den kupferfarbenen Münzen bei denjenigen, die es nicht tun? Im nordrhein-westfälischen Kleve ist man es nun leid: Die Stadt verbannt die Ein- und Zwei-Cent-Münzen. Seit Beginn dieser Woche runden etliche Händler dort ihre Preise auf Fünf-Cent-Beträge auf oder ab.
Dass man ausgerechnet in der Kleinstadt Kleve diesen Versuch wagt, hat einen Grund: die Nähe zu den Niederlanden. Dort hat man sich nämlich schon vor über zehn Jahren von den Ein- und Zwei-Cent-Stücken verabschiedet. Kommen die Niederländer zum Shoppen nach Kleve, können sie über die Liebe der Deutschen zum Kleingeld nur schmunzeln. „Wenn sie Ein- oder Zwei-Cent-Stücke als Retourgeld bekommen, lassen Niederländer sie einfach an der Kasse liegen“, sagt Christof Dammers, der in Kleve das Sportgeschäft Intersport leitet.
"Wir machen es allen leichter"
Mit anderen Händlern hat er sich deshalb immer wieder die Frage gestellt: Wozu brauchen wir die Ein- oder Zwei-Cent-Münzen noch, wenn viele Kunden sie gar nicht haben wollen? Zumal sie für die Händler nicht gerade günstig sind. 30 bis 50 Cent zahlen sie bei der Bank für eine Rolle mit 50 Münzen. Auf die Dauer geht das ins Geld. Und die meisten Deutschen können mit den Ein- und Zwei-Cent-Stücken ohnehin wenig anfangen – ein Großteil der kleinen Münzen verschwindet in Jackentaschen oder Sparschweinen.
Gerade einmal jede fünfte Ein-Cent-Münze wird fürs Einkaufen genutzt. Bei den Zwei-Cent-Münzen ist es zumindest jede vierte. Deshalb sagt Dammers: „Am Ende machen wir es allen leichter.“ Der Kunde muss weniger Kleingeld mit sich herumschleppen, die Händler sparen sich die hohen Gebühren für die Geldrollen.
In Berlin "unvorstellbar"
So überzeugt man in Kleve von dem Konzept ist: Die Berliner halten wenig davon, die Ein- oder Zwei-Cent-Münzen abzuschaffen. „Gerade im Lebensmitteleinzelhandel ist das unvorstellbar“, sagt Nils Busch-Petersen vom Handelsverband Berlin Brandenburg.
Bei Milch, Kaffee oder Wurst seien die Deutschen nun mal besonders preisaffin und würden auf jeden Cent achten. Da mache es durchaus einen Unterschied, ob etwas 53 oder 55 Cent koste. Hinzu kommt: So lange es in der Euro-Zone keine andere Entscheidung gibt, gelten die Ein- und Zwei-Cent-Stücke als anerkanntes Zahlungsmittel. „Das kann man nicht einseitig außer Kraft setzen“, sagt Busch-Petersen.
"Wir runden so oft auf wie ab"
In Kleve jedenfalls macht man das einfach. Christof Dammers hat fast alle Ein- und Zwei-Cent-Münzen aus der Ladenkasse aussortiert. „Für den Notfall haben wir noch ein paar Centstücke in einer Schatulle neben der Kasse“, sagt er. Der Notfall heißt: Ein Kunde besteht auf der Herausgabe der Ein- oder Zwei-Cent-Stücke – etwa weil er nicht bereit ist, einen Euro für etwas zu zahlen, das in der vergangenen Woche noch 99 Cent gekostet hat. Doch zumindest am ersten Tag soll sich noch kein Kunde in Kleve beschwert haben. Verbraucherschützern, die nun steigende Preise fürchten, entgegnet Dammers: „Wir runden ebenso oft ab wie auf.“
Das ist doch nur ein Marketing-Gag für Kleve – mehr nicht, meint hingegen Busch-Petersen, der die Händler in Berlin und Brandenburg vertritt. Dass die Deutschen tatsächlich auf ihr Kleingeld verzichten und seien es auch nur die Ein- oder Zwei-Cent-Stücke, hält er für unvorstellbar.
Auch beim Handelsverband Deutschland (HDE) sieht man das so. „In Kleve mag das ja funktionieren“, sagt Sprecher Ulrich Binnebößel. Aufgrund der Nähe zu den Niederlanden sei das Konzept des Auf- oder Abrundens auf Fünf-Cent-Beträge dort längst bekannt. Schließlich fahren auch die Klever regelmäßig zum Einkaufen über die Grenze in die Niederlande und sind es gewohnt, dort auf das Zahlen mit Ein- oder Zwei-Cent-Stücken zu verzichten.
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