IG Metall fordert vier Prozent: Keine Angst vor Corona
Es geht immer um Geld in Tarifkonflikten, doch diesmal hat für die IG Metall Beschäftigungssicherung Priorität.
Die IG Metall geht trotz Corona gewohnt selbstbewusst in die nächste Tarifauseinandersetzung. „Bis zu vier Prozent“ mehr Geld will die Gewerkschaft für knapp vier Millionen Beschäftigte durchsetzen. Wobei es aber keine Einkommenserhöhung um vier Prozent geben soll, sondern das Volumen auch für Arbeitsplatzsicherung verwendet werden könnte. Dazu schwebt der mit 2,2 Millionen Mitgliedern größten deutschen Gewerkschaft eine Verkürzung der Arbeitszeit unter dem Schlagwort Vier- Tage-Woche vor. Damit das Einkommen nicht analog zur Arbeitszeit sinkt, könnte zumindest ein Teil der Tariferhöhung für einen Lohnausgleich genutzt werden.
Die Krise dauert lange
Der IG Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann geht ebenso wie Arbeitgebervertreter davon aus, „dass der Weg aus der Krise über das Jahr 2021 hinaus andauern wird“. Deshalb stehe die Tarifbewegung im Zeichen der Krisenbewältigung. Für Hofmann „ist es ein Gebot der Gerechtigkeit, die Folgen der Krise nicht noch weiter auf den Schultern der Beschäftigten abzuladen“. Die Vier-Tage- Woche könne helfen, auch nach der Kurzarbeit die digitale und ökologische Transformation in der Industrie ohne größere Arbeitsplatzverluste zu organisieren.
Hofmann sprach deshalb am Montag von drei Zielen für die Anfang 2021 anstehenden Tarifverhandlungen: Entgeltstabilität, Beschäftigungssicherung und klare Verabredungen über die Zukunftssicherung inklusive Investitionen, Produktprogrammen und Belegschaftsgrößen. Für die strukturelle Neuausrichtung der Unternehmen, der von der Dekarbonisierung und Digitalisierung geprägt wird, will die IG Metall einen tariflichen Rahmen setzen, der dann auf der betrieblichen Ebene ausgefüllt werden kann.
Arbeitgeber geben sich moderat
An dieser Stelle gab es sogar etwas Applaus von der anderen Seite: Rainer Dulger, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, begrüßte die „späte Einsicht der IG Metall, dass die wirtschaftliche Lage der Unternehmen unterschiedlich ist“. Dafür passende Lösungen zu finden sei auch das Ziel der Arbeitgeber.
Überhaupt fiel die Stellungnahme Dulgers moderat aus, was womöglich mit dem Wechsel der Ehrenämter zusammenhängt: Ende des Monats wird Dulger Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA). An seine Stelle rückt Stefan Wolf an die Spitze von Gesamtmetall. Wolf, Vorstandsvorsitzender des Autozulieferers ElringKlinger, ist Präsident des baden-württembergischen Verbandes Südwestmetall und hat in dieser Funktion den letzten „normalen“ Tarifvertrag mit der IG Metall Anfang 2018 ausgehandelt. Im März diesen Jahres hatte es wegen Corona nur einen Tarifabschluss light gegeben; man verständigte sich auf eine Verschiebung auf 2021.
Keine weitere Verschiebung
Eine erneute Vertagung aufgrund der zweiten Coronawelle kommt für Hofmann nicht in Frage, weil sich auch die Stabilisierung der Einkommen und die Sicherung der Arbeitsplätze nicht verschieben ließen. Dulger dagegen betonte in einer Stellungnahme die schwierige Situation der Metall- und Elektroindustrie mit dem Fahrzeug- und Maschinenbau als extrem vom Export abhängigen Branchen. Man befinde sich immer noch weit unter dem Niveau vor Corona. „Erst dann, wenn wir den Einbruch aufgeholt haben gibt es überhaupt irgendeinen Verteilungsspielraum“, sagte Dulger und betonte gleichzeitig Kompromissbereitschaft. „Am Ende müssen wir uns einig sein. Bislang ist uns das immer gelungen. Es wird auch dieses Mal gelingen.“
Inflation und Produktivität ergeben drei Prozent
Die IG Metall leitet ihre Forderungen traditionell ab von der Inflationsrate und der gesamtwirtschaftlichen Trendproduktivität. Und obgleich die Preissteigerung schon seit Jahren deutlich unter der Zielmarke von zwei Prozent bleibt, die von der Europäischen Zentralbank ausgegeben wurde, legt die IG Metall zwei Prozent zugrunde. Dazu kommt ein weiteres Prozent Produktivität, sodass die Gewerkschaft bei drei Prozent landet. Zuzüglich Nachholbedarf für 2020 und etwas Spielmasse ergibt sich die Forderung von „bis zu vier Prozent“, über die nun die regionalen Tarifkommissionen diskutieren werden. Der Vorstand der IG Metall beschließt dann Ende November endgültig die Prozentzahl.
Ernst wird es erst im März
Eine erste Verhandlungsrunde gibt es vor Weihnachten, doch richtig Schwung kommt erst ab Februar in die Verhandlungen. Dann wird deutlicher sichtbar, wie die Industrie die zweite Coronawelle übersteht. Und von März an darf die IG Metall mit Warnstreiks den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. „Die Pandemie macht uns nicht zu zahnlosen Tigern“, sagt Gewerkschaftschef Hofmann.
Ostdeutsche arbeiten drei Stunden mehr
In Ostdeutschland indes kommt die IG Metall eher als Schmusekätzchen daher. Seit Jahren bemüht sie sich vergeblich um eine Angleichung der tariflichen Arbeitszeit: Mit 38 Wochenstunden arbeiten die Metaller im Osten drei Stunden länger als die Kollegen im Westen. Von einem „beschämenden Zeichen bestehender Ungleichheit“, sprach Hofmann am Montag und kündigte einen weiteren Versuch der Angleichung der Arbeitszeit in der Tarifrunde 2021 an.
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