Pilotenstreik: Kein Kompromiss in Sicht
Nach dem Ende des Piloten-Streiks bei der Lufthansa, wird die Fluggesellschaft heute wieder fast alle Verbindungen anbieten. Zudem will der Konzern seine IT-Sparte auflösen und die Rechenzentren an IBM verkaufen - das soll jährlich rund 70 Millionen Euro bringen.
Auch nach dem achten, bislang längsten Streik der Lufthansa-Piloten, durch den zwischen Montagmittag und Dienstag um Mitternacht mehr als 1.500 Flüge gestrichen werden mussten, bewegt sich in der Tarifauseinandersetzung um die Übergangsversorgung nichts. Allerdings wächst der Ärger über die Piloten-Vereinigung Cockpit (VC) auch unter den Lufthansa-Beschäftigten. In unternehmensinternen Foren werden die Streiks und die Haltung der Piloten immer deutlicher kritisiert. Gleichzeitig geht derzeit eine Unterschriftenliste um, die einen Offenen Brief unterstützen soll. Darin äußern Lufthansa-Mitarbeiter ihren Unmut über die Pilotenstreiks und die Sorge über die wirtschaftlichen Folgen für das Unternehmen. VC zeigte sich am Mittwoch unbeeindruckt. Der Vorstand der Lufthansa mauere, er fahre eine „kompromisslose und gegen das Personal gerichtete Eskalationsstrategie“, die dem Unternehmen schade. Ein Lufthansa-Sprecher wies die Vorwürfe zurück. Man sei jederzeit gesprächsbereit.
Offener Brief an die Piloten
In dem Offenen Brief, dem zweiten innerhalb von wenigen Wochen, rufen Lufthansa-Mitarbeiter die „Cockpitkollegen“ auf, sich ihrer Verantwortung für die gesamte Firma zu stellen. Sie sollten ihren Kurs überdenken. „Durch Ihr aktuelles Vorgehen entsteht für alle Mitarbeiter der Lufthansa ein enormer wirtschaftlicher Schaden und auf der Seite der Passagiere ein unwiderruflicher Image- und Vertrauensverlust“, heißt es unter anderem. Die Piloten sollten „ihre kurzsichtige, eigennützige Perspektive“ wechseln. Andere Mitarbeiter beklagen, dass VC jegliches Maß verloren habe. Frust und Wut würden immer größer.
Bereits Ende September hatten Führungskräfte im Namen von 1200 Kollegen ihren Unmut über die Piloten geäußert. Kein anderer Lufthansa-Mitarbeiter habe eine vergleichbare Frührentenregelung, die Vorschläge des Lufthansa-Managements für eine Reform seien fair und sozialverträglich. Die Streiks führten zu einem Millionenschaden, Kunden würden abgeschreckt und könnten nur schwer wieder zurück gewonnen werden.
Piloten beharren auf Übergangsversorgung
Die Pilotenvereinigung lässt sich von der wachsenden Kritik anderer Mitarbeiter nicht beirren. Lufthansa tue nichts um den Tarifkonflikt zu beenden und versuche stattdessen Streiks mit rechtlichen Mitteln zu verbieten, allerdings ohne Erfolg. Dabei gehe es lediglich um einen Anteil von 0,01 Prozent an den gesamten Kosten des Unternehmens, sagt VC-Sprecher Jörg Handwerg. Abstriche an dieser Stelle würden Lufthansa nicht retten. „Das Management möchte das Geld in die eigene Tasche stecken oder an die Aktionäre ausschütten“, poltert er. Handwerg zufolge sind die Zeiten vorbei, als sich Lufthanseaten wie eine Familie fühlten. Der Vorstand habe sich auf die „Macht der Angst“ verlegt und führe das Unternehmen nur noch mit Druck.
Lufthansa-Vorstand zu neuen Gesprächen bereit
„All das ist absurd“, kommentierte ein Lufthansa-Sprecher diese Äußerungen am Mittwoch. Der Vorstand habe am 15. September ein modifiziertes Angebot vorgelegt. Am 16. September habe man kurz mit VC zusammengesessen. Seit nunmehr fünf Wochen habe es keine Gespräche mehr gegeben. Dabei sei der Lufthansa-Vorstand jederzeit zu neuen Gesprächen bereit. Allerdings wisse man nicht, was VC genau fordere, sagte der Sprecher auch. Dies wiederum bestreitet Handwerg. Bereits im Frühjahr habe man vorgeschlagen, eine Kostendeckelung bei der Übergangsversorgung zu vereinbaren. Man sei sogar bereit über eine Kostensenkung zu verhandeln. „Ziel der VC ist nicht, das bestehende System 1:1 weiter zu führen, sondern einen neuen Tarifvertrag Übergangsversorgung unter Berücksichtigung der aktuellen Erfordernisse für alle Piloten abzuschließen.
Bisherige Streikeinbußen: 100 Millionen Euro
Aktuell und garantiert noch bis Ende 2016 können alle Piloten, die bis Ende 2013 bei Lufthansa angefangen haben, ab 55 freiwillig ausscheiden und erhalten dann bis zum Eintritt in die gesetzliche Rente pro Jahr bis zu 60 Prozent ihrer letzten Bezüge, in der Spitze bis zu 120.000 Euro. Der Lufthansa-Vorstand hält dieses System auf Dauer nicht mehr für finanzierbar. Erst einmal allerdings muss das Unternehmen die Folgen der bislang acht Pilotenstreiks in diesem Jahr verdauen. Experten schätzen den Umsatzausfall durch Tausende seit April ausgefallene Flüge auf rund 100 Millionen Euro und den Verlust auf einen deutlichen zweistelligen Millionenbetrag. Es droht noch mehr zu werden. VC-Sprecher Handwerg zufolge, „provoziert“ der Lufthansa-Vorstand mit seiner angeblich starren Haltung weitere Streiks.
Die Auflösung der IT-Sparte soll 70 Millionen im Jahr bringen
Die Lufthansa will ihre Rechenzentren an IBM verkaufen und ihre IT-Sparte Systems auflösen. Wie Europas größte Fluggesellschaft am Mittwoch mitteilte, werden die Rechenzentren mit derzeit rund 1400 Mitarbeitern künftig von dem IT-Konzern aus den USA betrieben. Die übrigen 2800 Mitarbeiter von Lufthansa Systems sollen weiter innerhalb des Konzerns ihre Aufgaben erfüllen. Für die Rechenzentren will die Lufthansa mit IBM einen Service-Vertrag über sieben Jahre schließen und damit jährlich im Schnitt rund 70 Millionen Euro einsparen. Der Umbau drückt allerdings auf den Gewinn: Eine Belastung von rund 240 Millionen Euro vor Steuern werde im laufenden Jahr das Nettoergebnis belasten, nicht aber den operativen Gewinn, hieß es. Den Verkauf der Sparte will die Lufthansa Ende März 2015 abschließen. Der Aufsichtsrat muss dem Plan noch zustimmen.