Straßentest der Umwelthilfe: Kaum ein Diesel ist sauber
Praxistests der Umwelthilfe zeigen: Die Dieselautos der meisten Hersteller sind auf der Straße schmutziger als angegeben. Daimler und VW investieren in Elektromobilität.
Der Diesel-Skandal weitet sich aus. Immer mehr Hinweise erhärten den Verdacht, dass nicht nur Volkswagen, sondern auch der weltgrößte Autozulieferer Bosch (siehe Kasten) und andere in- und ausländische Autohersteller an der Manipulation von Abgaswerten mitgewirkt oder diese verschwiegen haben. Umweltschonende Alternativen zum Dieselantrieb setzen sich bei den Verbrauchern weiterhin nicht durch – trotz milliardenschwerer Investitionen der Hersteller in die Elektromobilität.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) präsentierte am Mittwoch die Ergebnisse eigener Abgastests, die zeigen, dass die Modelle fast aller Hersteller im Alltagsbetrieb schmutziger sind als erlaubt. So überschreitet der Ford Mondeo 2.0 Duratorq TDCi den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert um das 9,2-fache. Zu den Modellen mit stark erhöhten Werten zählten auch der Nissan Qashqai 1.6 dCi und der Renault Scenic 1,6 dCi. Ford betonte auf Anfrage, bei der Abgasreinigung keine illegalen Abschalteinrichtungen zu verwenden. „Alle unsere Fahrzeuge und Motoren, einschließlich der modernen Euro-6-Dieselmotoren, erfüllen die derzeit gültigen/vorgeschriebenen Abgasrichtlinien.“ Doch zwischen Testlabor und Straße liegen oft Welten, wie die DUH feststellte. „Selbst bei sommerlichen Temperaturen verpesten die aktuell verkauften Euro-6-Diesel-Pkw die Luft in unseren Städten 70 Mal mehr als moderne Benzin- beziehungsweise Benzin- Hybrid Fahrzeuge“, kritisierte Umwelthilfe-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Wenn der politische Wille fehle, die Grenzwerte durchzusetzen, bleibe nur ein Fahrverbot für alle Diesel in Innenstädten.
Paris sperrt alte Autos aus
Vorreiter bei diesem Thema ist Paris. Alte Autos sind in der Stadt seit einigen Wochen tabu. Wer eine Erstzulassung vor 1997 im Fahrzeugschein stehen hat, muss seit dem 1. Juli vor der Stadtgrenze auf die Metro umsteigen. Das Verbot soll in den kommenden Jahren schrittweise ausgeweitet werden. Diesel-Fahrzeuge will die französische Hauptstadt bis 2020 sogar komplett verbieten.
In den verkehrsreichen deutschen Großstädten liegt die Schadstoffbelastung häufig über den zulässigen Grenzwerten. Nicht nur der private Individualverkehr nimmt zu, auch der gewerbliche Lieferverkehr trägt immer mehr zur Umweltbelastung bei – vor allem durch gesundheitsschädliche Stickoxide. Um Fahrverbote zu vermeiden, suchen Hersteller wie Daimler neue Geschäftmodelle. Der Stuttgarter Autokonzern investiert bis 2020 rund eine halbe Milliarde Euro in Ideen rund um Transporter und Lieferverkehre. „Das kann auch schnell mehr werden“, sagte der Chef der Transporter- Sparte Volker Mornhinweg am Mittwoch in Stuttgart. Gut 200 Mitarbeiter arbeiteten an Projekten. Vorgestellt wurden unter anderem Ideen für Transporter, die mit Landeplätzen für Drohnen oder Robotern ausgestattet werden oder Carsharing für Flotten. Außerdem wurde der Entwurf eines Lieferwagens mit Elektroantrieb präsentiert, der auf dem Mercedes „Sprinter“ basiert. 2012 hatte Daimler bereits einen Elektro-Transporter auf den Markt gebracht, das Angebot aber mangels Nachfrage eingestellt.
Schwache Nachfrage nach Elektroautos
Der Absatz von Autos mit alternativen Antrieben stagniert in der EU immer noch. Im zweiten Quartal wurden nur 0,6 Prozent mehr Neuzulassungen solcher Fahrzeuge registriert als im Vorjahreszeitraum, wie der europäische Branchenverband Acea mitteilte. Insgesamt wurden im zweiten Vierteljahr 147 784 Wagen mit alternativen Antrieben neu zugelassen. Die Zahlen beziehen sich auf Elektroautos, Fahrzeuge mit Hybridmotor oder Propan-, Ethanol- oder Erdgasantrieb.
Der weltweit größte Markt für Elektrofahrzeuge ist China, auch dank hoher staatlicher Subventionen. Volkswagen – größter Anbieter auf dem dortigen Automarkt – plant jetzt mit dem chinesischen Hersteller Anhui Jianghuai die Produktion von Elektrofahrzeugen in China. Beide Unternehmen unterzeichneten dazu eine entsprechende Grundsatzvereinbarung. „Wir wollen in der Elektromobilität eine führende Position einnehmen“, sagte VW-Konzernchef Matthias Müller. mit dpa