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Auf Los geht’s nicht mehr los. Eindeutige Formulierungen sollen in Zukunft keinen Zweifel daran lassen, dass Verbraucher Geld ausgeben müssen.
© dpa

Sicherheit beim Online-Shopping: Kaufen mit Knöpfchen

Millionen Verbraucher sind online in Abofallen getappt. Das soll sich ändern – durch den Internetbutton.

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Über Jahre hinweg haben Geschäftemacher im Internet mit dieser oder ähnlichen Maschen Verbrauchern das Geld aus der Tasche gezogen. Mehr als fünf Millionen Internetnutzer in Deutschland sind in solche Abofallen getappt, ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infas. Mehr als 20 000 Beschwerden monatlich erreichten die Verbraucherzentralen. Das Prinzip ist immer gleich: Die Anbieter locken mit einer Leistung – zum Beispiel Hausaufgabenhilfe, Ahnenforschung, kostenloser SMS-Versand oder Kochrezepte –, bei der der Verbraucher auf den ersten Blick nicht erkennen kann, dass sie kostenpflichtig ist. Diese Angabe ist entweder am Fuß der Seite oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) versteckt. Die Betreiber der Seiten fragen nach Namen und Adressen, schicken – meist nach Ablauf der Widerrufsfrist – Vertrag und saftige Rechnungen und scheuen auch vor Inkassoverfahren nicht zurück. Aus Angst oder Unwissenheit zahlen viele Leute, auch wenn unter solchen Umständen geschlossene Verträge in den meisten Fällen nicht rechtskräftig sind.

Damit soll nun Schluss sein. Von August an muss jeder Gewerbetreibende auf kostenpflichtige Onlineangebote in Deutschland mit dem sogenannten Internetbutton hinweisen. Der Button ist eine Schaltfläche, die etwa mit „Zahlungspflichtig bestellen“ gekennzeichnet sein muss. So steht es im Gesetz, das zum 1. August in Kraft tritt. Alternativ möglich seien auch Formulierungen wie „Kaufen“, „Einkauf abschließen“ oder „Zahlungspflichtigen Vertrag abschließen“, erläutert der Bundesverband Digitale Wirtschaft. Wenn ein Anbieter einfach „Bestellen“, „Anmeldung“ oder „Weiter“ auf seine Buttons schreibt, reiche das künftig nicht mehr aus, informiert der Branchenverband seine Mitglieder in einem aktuellen Leitfaden.

Verbraucherschützer feiern die Neuerung als Erfolg. „Wir sind sehr zufrieden, dass wir diese Lösung haben durchsetzen können“, sagt Jutta Gurkmann vom Verbraucherzentrale-Bundesverband (VZBV). Die bisherigen Regelungen seien nicht präzise genug gewesen und hätten so schwarzen Schafen ihre Abzocke erst ermöglicht. Beispielsweise muss ein Anbieter auch bislang schon den Preis der Ware oder Dienstleistung angeben. „Nicht geregelt ist jedoch, wo der Preis stehen muss“, erläutert Gurkmann. Künftig müssen die relevanten Angaben wie Preis oder Laufzeit in unmittelbarer Nähe des Buttons platziert sein, so dass sie auf den ersten Blick sichtbar sind.

Auch die Onlinehändler sind mit der neuen Regelung weitgehend einverstanden. „Wir halten sie grundsätzlich für eine gute Sache“, sagt Nadine Schüttel vom Internetverband Eco. Der Button stärke das Vertrauen der Verbraucher in die E-Commerce-Branche, so die Hoffnung der Lobby. „Allerdings wäre uns eine Lösung, die mehr auf Aufklärung der Verbraucher setzt und weniger auf eine gesetzliche Änderung, lieber gewesen“, schränkt Schüttel ein.

Aus Sicht der Händler mag das nachvollziehbar sein. Doch nicht einmal der Verband selbst glaubt offenbar daran, dass dies reichen würde. „Selbst nach Inkrafttreten der Neuregelung rechnen wir damit, dass die Betreiber der Abofallen weitermachen werden“, sagt Schüttel.

Das ist wohl tatsächlich nicht unwahrscheinlich. Zum einen könnten Geschäftemacher weiterhin darauf setzen, dass sich Verbraucher durch Mahnungen von Inkassobüros einschüchtern lassen, obwohl auf der Seite die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben nicht zu sehen waren und somit kein Vertrag zustande gekommen ist. Zum anderen könnten sie die Buttonlösung in ihre Masche integrieren. Verbraucherschützer berichten bereits von Fällen, in denen Internetnutzer mithilfe von „Weiter“-Buttons über zehn Stationen geleitet werden, in der Hoffnung, dass sie entnervt beim elften Mal die nun mit „Kaufen“ gekennzeichnete Fläche klicken, ohne sie sich genauer angeschaut zu haben.

Bei der Vielzahl an Onlineshops – in Deutschland sind mehrere hunderttausend aktiv – dürfte schwer zu kontrollieren sein, ob sich alle an die Neuregelung halten. Verbraucherschützer wollen es dennoch versuchen und sich dabei zunächst auf die bereits bekannten Geschäftemacher konzentrieren. In der jüngeren Vergangenheit hat der VZBV rund 120 Webseiten von 55 Anbietern überprüft und entsprechende Unterlassungsverfahren angestoßen. „Die werden wir uns im August als Erstes anschauen“, heißt es bei dem Verband. Unter den abgemahnten Unternehmen befinden sich auch namhafte Marken wie Web.de und GMX.

Seriöse Anbieter dürften jedoch ein Interesse daran haben, den Internetbutton bis zum Stichtag in ihr Angebot einzupflegen. Ansonsten kommt der Verkauf nicht zustande. Für den Händler kann das teuer werden: Hat er die Ware auf Rechnung verschickt, muss er sich selbst darum kümmern, dass er sie zurückbekommt. „Wir gehen davon aus, dass die meisten unserer Mitglieder die Umstellung fristgerecht hinbekommen“, sagte Eco-Rechtsexpertin Schüttel.

Die Neuregelung gilt übrigens auch für den M-Commerce, also Kaufverträge, die Verbraucher über mobile Geräte wie Smartphones oder Tablet-Computer abschließen. Wegen der vergleichsweise kleinen Bildschirme müssen Nutzer wesentlich häufiger scrollen, bis sie eine Internetseite in Gänze erfasst haben. Kostenangaben ließen sich so bislang besonders leicht verstecken.

Simon Frost

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