Interview: „Online ist ein Massenmarkt geworden“
Stephan Zoll, Geschäftsführer des Shoppingclubs Brands4friends, über das Einkaufen mit Smartphones und den Konsumenten der Zukunft.
Herr Zoll, wer ist der typische Online-Kunde?
Vor zehn Jahren war es ein technisch affiner, männlicher Konsument mittleren Alters. Das hat sich völlig geändert. Heute kauft ein Großteil der Bevölkerung online ein – oder informiert sich online und kauft dann im Laden. Natürlich spielt Onlineshopping für jüngere Konsumenten eine größere Rolle. Aber es ist ein Massenmarkt geworden.
Früher dachte man, Produkte wie Schuhe oder Brillen lassen sich nur im Laden verkaufen, weil man sie anprobieren muss. Sie und andere beweisen das Gegenteil.
Konsumenten kaufen mittlerweile fast alle Produktgruppen im Internet. In den USA werden etwa Autos – also Produkte im fünfstelligen Dollarbereich – über mobile Endgeräte gekauft. Man stellt sich einen Wagen zusammen, klickt auf „bezahlen“ und holt ihn beim Händler ab. Die Konsumenten vertrauen zunehmend den Einkaufsangeboten im Netz.
Woran liegt das?
Zum einen hat sich der Service der Onlineshops stark weiterentwickelt. Unter anderem durch das Fernabsatzgesetz sinkt das Risiko, das ein Konsument eingeht, wenn er etwas auf gut Glück bestellt. Schuhe, die nicht passen, oder Brillen, die nicht gut aussehen, werden einfach zurückgeschickt. Zum anderen kann man sich im Netz viel umfassender informieren als in Geschäften, etwa über Preise oder Modellvarianten. Und drittens ist es einfach bequem. Man muss nirgendwo hinfahren und sich nicht an Öffnungszeiten halten.
Welche Rolle spielen mobile Geräte wie Smartphones?
Sie sind ein Bindeglied zwischen stationärem und Online-Handel. Beides wächst immer mehr zusammen. In den USA gibt es vermehrt Beispiele, Produkte schnell übers Handy zu bestellen und in der nächsten Filiale abzuholen.
Ist der Preis noch immer das stärkste Argument für Kunden, im Internet zu kaufen?
Am Anfang war das sicher so. Und natürlich gibt es immer noch Geschäftsmodelle – Brands4friends ist auch eines –, bei denen neben einem attraktiven Angebot auch der Preis ein wichtiges Kaufkriterium ist. Doch mehr und mehr werden auch aus Bequemlichkeit Artikel des täglichen Bedarfs im Internet gekauft, die den gleichen Preis wie im Laden haben.
Bei Lebensmitteln gab es in den vergangenen Jahren viele erfolglose Versuche.
Das ist eine große Herausforderung. Der Händler muss Frische garantieren und schnell liefern. Außerdem haben die Waren sehr niedrige Preise. Unter einer gewissen Bestellmenge und aufgrund niedriger Margen kann der Händler die Waren also kaum wirtschaftlich verschicken. Im Augenblick sehe ich die Zeit dafür noch nicht gekommen.
Viele Handelsketten haben inzwischen Onlineshops. Gibt es auch den umgekehrten Trend?
Die ersten Onlineshops richten Abholstationen ein, manche eröffnen einzelne Läden. Für den Konsumenten ist die Kombination eine attraktive Lösung, weil er flexibel entscheiden kann, ob er das Produkt kostengünstig abholt oder zugeschickt bekommt.
Wie kaufen wir künftig ein?
Artikel des täglichen Bedarfs werden wir größtenteils im Internet kaufen. Hier wird gerade insbesondere an der Warenpräsentation, der Auslieferung und dem Service gearbeitet. Ein Beispiel sind auch 3-D-Anwendungen, die den Kunden die Produkte näher bringen sollen. Darüber hinaus gibt es Geschäftsmodelle, die Bedürfnisse wecken, zum Beispiel Shoppingclubs oder Gutscheinportale. Da geht es neben der Ware auch ums Einkaufserlebnis. Auch in den stationären Geschäften wird die Unterhaltung des Konsumenten immer wichtiger werden. Die Menschen werden aber weiter in Geschäfte gehen, auch wenn sich der Umsatzanteil zugunsten mobiler und Internetdienste verlagern wird.
Wie lautet Ihre Prognose?
Meine Prognose ist, dass es sich das Verhältnis vom stationären Handel zu Online bei etwa 80:20 oder 70:30 einpendeln wird.
Stephan Zoll (41), ist Chef des Shoppingclubs, der 2007 in Berlin gegründet wurde. Seit Ende 2010 gehört das ehemalige Holtzbrinck-Unternehmen zum Online-Auktionshaus eBay. Mit Zoll sprach Simon Frost.
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