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Googles "Driverless Car" wird seit Frühjahr auf Kaliforniens Straßen erprobt.
© dpa
Update

Deutsche Autobauer: Kartellamt fordert Einigkeit gegen Google

Selbststeuernde Fahrzeuge gehören die Zukunft. Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt fürchtet Googles Übermacht: Deutsche Autobauer fordert er daher zu einer engeren Zusammenarbeit auf.

Deutsche Autobauer sollen sich unabhängiger machen von Google und Co., dafür plädiert zumindest der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt. In einem Interview mit der Rheinischen Post forderte er BMW, Mercedes und Co. zu einer engeren Zusammenarbeit bei der Entwicklung selbstfahrender Autos auf.

Dies betreffe sowohl die verwendete Software als auch einheitliche Standards bei Ladestationen und Batterien. Zu hoch sei die Gefahr, in eine allzu große Abhängigkeit von Internetkonzernen wie Apple, Google und Microsoft zu geraten, so Mundt weiter.

Mit Blick auf die Entwicklung selbstfahrender Autos hofft Mundt auf weitgehend offene Standards "für einheitliche Batterien, Ladestationen und teilweise auch Software". Erst kürzlich erregten drei deutsche Autobauer großes Aufsehen: Gemeinsam erwarben sie einen eigenen Kartendienst - der in direkter Konkurrenz zu Google stand. Der amerikanische Internetriese hat dennoch die Nase vorn: Schon seit Monaten testet Google seine selbststeuernden Fahrzeuge im kalifornischen Straßenverkehr.

Eine Suchmaschine lernt fahren

Google stellte im Mai 2014 ein eigenes, autonom fahrendes Fahrzeug vor: Das "Google Driverless Car" ähnelt mit seiner kugelrunden Form eher einer real gewordenen Auskopplung aus einem Disneyfilm als einem fahrtauglichen Untersatz. Seit einigen Monaten beweist Google aber das Gegenteil: Rund 100 der Knutschkugeln sind seit dem Frühjahr auf Kaliforniens Straßen unterwegs. Bislang allerdings noch mit Lenkrad, Pedalen und Beifahrer.

Ganz autonom nämlich dürfen die Google-Mobile noch nicht unterwegs sein. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von gerade einmal 40 km/h würde wohl aber auch wenig passieren. Der amerikanische Internetriese rechnet mit einem Abschluss der Testfahren im kommenden Jahr. Bis dahin soll die Software selbstständig lernen und Erfahrungen im öffentlichen Verkehr sammeln können.

Branchenexperten zufolge könnte Google aber auch auf die Herstellung eines eigenen Autos verzichten. Dem Konzern fehlt schlichtweg die nötige Infrastruktur und Erfahrung als Autobauer. Möglich wäre eine Lizensierung von Software und Hardware zum autonomen Fahren an etablierte Autobauer wie dem amerikanischen Elektroautohersteller Tesla Motors.

So kochten im Vorfeld der aktuell laufenden weltgrößten Elektronikmesse International Consumer Electronics Show (CES) Gerüchte hoch, Google und der Autobauer Ford würden eine umfangreiche Kooperation eingehen: Ford könnte sich dann um den Bau von Googles Driverless Car kümmern.

Deutsche Autobauer ziehen nach

Auch einige namenhafte deutsche Autohersteller verbuchten auf der diesjährigen CES in Las Vegas Achtungserfolge: So fuhr ein modifizierter Auto A7 die rund 900 Kilometer vom kalifornischen Silicon Valley in die Wüstenstadt Las Vegas. In urbanen Gebieten übernahm jedoch noch ein Fahrer die Kontrolle über das Auto.

Ähnlich sieht es mit Mercedes Prototypen F015 aus. Das futuristisch anmutende Fahrzeug signalisiert mit farbigen LEDs am Kühlergrill, ob es gerade autonom fährt oder ein Mensch am Steuer sitzt. Es kann mit Passanten kommunizieren und ihnen bei Bedarf einen Zebrastreifen auf die Fahrbahn projizieren. Das mit Wasserstoff angetriebene Gefährt ist aber im Gegensatz zu Googles Driverless Car noch eine reine Projektstudie.

Auch die Freie Universität Berlin erzielt Fortschritte auf dem Bereich autonomes Fahren: Ihr Projektauto AutoNOMOS legte in Mexiko rund 2400 Kilometer zurück - 150 davon in der Stadt. Die Fahrt sei damit die längste, die jemals in Mexiko in einem autonomen Fahrzeug zurückgelegt wurde, so die Forscher. Im Mai vergangenen Jahres fuhr ein ähnliches Modell der Forscher im schweizerischen Zürich.

Die Fahrzeuge sind aber noch weit von einer serienmäßigen Fertigung entfernt. Viele Autohersteller bieten bisher lediglich Assistenzsysteme an. Diese überwachen den Verkehr und können automatisch Notbremsungen einleiten. Google ist dagegen schon einen Schritt weiter: ab Ende diesen Jahres sollen die ersten autonomen Google-Mobile als Taxis eingesetzt werden.

Here: Alles auf eine Karte setzen

Hochpräzise Karten sind eine der Grundvoraussetzungen dafür, dass Autos in Zukunft selbständig fahren können. Bislang sind vor allem Microsoft mit seinem Kartendienst Bing Maps und Google mit Google Maps auf diesem Gebiet vertreten.

Die deutschen Autobauer Audi, BMW und Mercedes kauften nun für 2,8 Milliarden Euro einen bislang unbekannten dritten Anbieter - den vom finnischen Hersteller Nokia entwickelten Kartendienst Here. Here ist im Gegensatz zu Googles und Microsofts Diensten auf besonders präzise Karten spezialisiert. Mit Messtoleranzen von maximal 30 Zentimetern unterbietet Here herkömmliche Kartendienste deutlich.

Der Dienst soll zudem genügend Karteninformationen bereitstellen, um ein Fahrzeugstandort auch ohne GPS ermitteln zu können. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn sich das Fahrzeug in einer dichtbesiedelten Stadt oder einem Tunnel befindet. Here werde eine "Schlüsselrolle bei der digitalen Revolution der Mobilität“ spielen, erklärte BMW-Chef Harald Krüger. Daimler-Chef Dieter Zetsche bezeichnete hochpräzise digitale Karten als einen entscheidenden Baustein für die Mobilität der Zukunft.

Der Kartendienst sitzt hauptsächlich in Berlin und hatte Ende Juni rund 6450 Mitarbeiter. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz als Nokia-Sparte um ein Viertel auf 551 Millionen Dollar (gut 500 Millionen Euro) und es gab einen operativen Gewinn von 28 Millionen Dollar.

Googles Sammelwut bereitet Sorgen

Der Kauf von Here macht die drei Autobauer unabhängiger von Google und Apples Konkurrenzmodellen "Apple Carplay" und "Android Auto". Die Autohersteller befürchten einen zu großen Einfluss von Apple und Google bei der Vernetzung ihrer Fahrzeuge. Beide bieten Plattformen zur besseren Integration von Smartphones im Auto an, die das Display der Unterhaltungsanlage weitgehend übernehmen.

Die Furcht vor einer Weitergabe vom Nutzerdaten an die amerikanischen Konzerne ist groß. Erst vor wenigen Monaten kündigte der deutsche Sportwagenhersteller Porsche an, Googles Betriebssystem "Android Auto" nicht verwenden zu wollen.

Auch der japanische Hersteller Toyota schloss sich der Entscheidung von Porsche an: Man werde weder Apple CarPlay noch Googles Android Auto einsetzen, so ein Unternehmenssprecher am Dienstag. Man sorge sich vor allem um die Sicherheit von Kundendaten, so Toyota weiter. Stattdessen wirbt der Autohersteller nun für die Open-Source-Plattform SmartDeviceLink.

Daniel Mosler

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