Automatisiertes Fahren: Unterwegs mit dem Roboter
Automatisiertes Fahren ist derzeit ein Trend. Wann und wie werden Autos autonom unterwegs sein? Und was ist zu beachten? Fragen und Antworten.
Ob im Jahr 2020 wirklich eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen fahren werden, ist fraglich. Sicher dürfte aber sein, dass sich dann etliche Autos autonom auf den Straßen fortbewegen werden. Das automatisierte oder pilotierte Fahren ist einer der wichtigsten Trends derzeit. Die Idee ist nicht neu. Schon in den 1990er Jahren forschten Wissenschaftler am Roboterauto. Satellitengestützte Navigation gab es noch nicht. Das Versuchsfahrzeug auf Basis eines Mercedes 500 SEL manövrierte sich per „technischem Sehen“ durch den Verkehr. 1995 gab es eine Jungfernfahrt von München nach Kopenhagen, bei der das Fahrzeug bei Geschwindigkeiten bis zu Tempo 175 autonom unterwegs war. In den vergangenen Jahren hat vor allem Google Schlagzeilen in Sachen automatisiertes Fahren gemacht. Das hat die Autoindustrie und die deutsche Politik aufgeschreckt.
Was ist heute machbar?
Die Technik für „Roboterautos“ ist schon sehr weit. Im Vergleich zu den 90er Jahren ist heutzutage vor allem die Sensorik viel besser. Die Positionsbestimmung über Satelliten ist mit DGPS (Differential Global Positioning System) bis auf wenige Zentimeter möglich. Zudem kann ein Auto über Radarkameras und Infrarotsensoren seine Umgebung in Sekundenbruchteilen erfassen. Schon heute haben Fahrzeuge mit intelligenten Assistenzsystemen einige dieser Sensoren an Bord. „Die ersten pilotierten Systeme entlasten den Fahrer in unangenehmen Situationen: Beim Stop-and-Go-Verkehr auf der Autobahn und beim Parken“, erläutert Thomas Müller, Leiter der Entwicklung von Brems-, Lenk- und Fahrerassistenzsystemen bei Audi. Technisch wäre schon jetzt das autonom fahrende Auto möglich. Aber die Gesetzeslage verbietet (noch) das eigenständig fahrende Auto.
Wie sind die Rahmenbedingungen?
Nach dem Wiener Übereinkommen von 1968 muss der Fahrer eines Autos zu jeder Zeit die Kontrolle über sein Fahrzeug behalten. Derzeit ist das noch Gesetz, aber in Arbeitskreisen des Bundesverkehrsministeriums sitzen zahlreiche Experten zusammen, um die Straßenverkehrsordnung an das automatisierte Fahren anzupassen. Auf Arbeitsebene sei die entscheidende Passage bereits geändert worden, heißt es.
„Das ist nur noch ein formaler Akt“, sagt Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der deutschen Versicherer. Damit ist der Weg frei für die ersten Vorstufen des automatisierten Fahrens, für selbsttätig fahrende Stauassistenten und Parkpiloten, die das Auto eigenständig parken. Auf diese Entwicklung warten die Autoproduzenten. „Erst wenn es für noch offene technische, juristische, aber auch gesellschaftliche Fragen befriedigende Antworten gibt, kann man auf kollektive Akzeptanz hoffen, ohne die eine flächendeckende Umsetzung nicht möglich ist“, sagt Eberhard Zeeb, Leiter Fahrautomatisierung bei Daimler. Die Haftungsfrage sieht Siegfried Brockmann unkritisch. „In Deutschland haben wir eine Halterhaftung. Damit ist das Fahrzeug versichert und nicht der Fahrer“, erläutert er. Die Geschädigten seien in jedem Fall abgesichert.
Wer liegt in Führung?
Auch wenn Google in den Schlagzeilen präsent ist, die Autobauer sehen die Konkurrenz durch den IT-Giganten entspannt. Erst jüngst erklärte Google erneut, dass man keine Autos bauen möchte. Drei deutsche Hersteller – Daimler, Audi und BMW – liefern sich ein enges Rennen um die technologische Führungsrolle beim automatisierten Fahren. Daimler zum Beispiel sei mit seriennaher Sensorik auf einer 100-Kilometer-Strecke im Überland- und Stadtverkehr vor zwei Jahren als erster Hersteller autonom gefahren, heißt es aus Stuttgart. Audi hat im vorigen Jahr einen selbst fahrenden A7 auf der Rennstrecke rollen lassen und fuhr im normalen Verkehr im Januar vom Silicon Valley nach Las Vegas. Wer auch immer die Nase gerade vorne hat – der Vorsprung ist minimal.
Was kommt und wann?
Die ersten Stauassistenten werden bereits in Serienfahrzeugen angeboten. Aufgrund der noch geltenden Gesetze müssen dabei die Fahrer aber in gewissen Abständen die Hand noch am Lenkrad haben. Für 2017 sind die ersten vollständig selbst fahrenden Assistenten in Serienfahrzeugen geplant. Spätestens im Jahr 2020 wird es auch pilotiertes Parken in Serienautos geben. Abgesehen davon konzentrieren sich in den nächsten 15 Jahren alle Anwendungen aber auf den außerstädtischen Bereich. Wann Autos im Stadtverkehr unterwegs sein werden, ist noch offen. Experten rechnen frühestens 2030 damit. „Wir sind der Überzeugung, dass ein pilotiertes Fahrzeug auf Basis seiner Sensorik die Fahraufgabe sicher bewältigen muss“, sagt Thomas Müller von Audi.
Was bringt das?
Neben dem Komfortgewinn sehen Experten eine bessere Verkehrssicherheit. Automatisiert fahrende Autos werden deutlich weniger oder gar nicht in Unfälle verwickelt sein – so die Theorie. Dazu wird aber Car-2-X-Kommunikation benötigt, also Fahrzeuge, die miteinander und am besten noch mit der Infrastruktur vernetzt sind. Das würde aber gigantische Investitionen in den Straßenbau erfordern. Es bleibt erst einmal Zukunftsmusik. Hinzu käme ein weiteres Problem: In einem einzelnen Auto lassen sich die Daten gut schützen. Bei der Kommunikation mit der Infrastruktur ist das wesentlich schwieriger. Der Datenschutz dürfte noch ein entscheidendes Problem werden.