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Das KaDeWe in Berlin zählt zu den Luxus-Kaufhäusern von Karstadt.
© dpa
Update

Berggruen verkauft KaDeWe: Karstadt wird zerschlagen

Das Berliner KaDeWe wird österreichisch. Nicolas Berggruen gibt seine Anteile an Premium- und Sport-Filialen der Karstadt-Kette ab. Handelsexperten halten das für eine gute Idee - für alle Beteiligten.

Um den schwächsten Teil von Karstadt zu stabilisieren, verkauft Nicolas Berggruen den stärksten Teil der Gruppe: Die österreichische Immobiliengruppe Signa übernimmt 75,1 Prozent an den drei Luxuswarenhäusern sowie an den 28 Sport-Filialen. Bei der Berggruen-Holding bleiben zu 100 Prozent die 83 „normalen“ Karstadthäusern. Damit wird nun wahr, was seit Jahren spekuliert und von Berggruen immer dementiert wurde: Der Investor trennt sich von den lukrativen Karstadt-Häusern, darunter das Berliner KaDeWe, der Oberpollinger in München und das Alsterhaus in Hamburg.

In einem Brief an die Mitarbeiter nimmt Berggruen zum Verkaufspreis von 300 Millionen Euro Stellung: „Es fließt kein Kaufpreis an meine Holding oder gar mich persönlich.“ In einer Pressemitteilung von Signa heißt es, die 300 Millionen würden investiert, „um die erfolgreiche Strategie ,Karstadt 2015’ fortsetzen und vorantreiben zu können, und dient der Modernisierung der einzelnen Standorte, um Karstadt langfristig abzusichern“. Berggruen meinte, die 300 Millionen Euro seien „mein Beitrag zur Gesundung von Karstadt“.

Vor gut drei Monaten war die prekäre Situation des Handelskonzerns mit seinen rund 20 000 Mitarbeitern deutlich geworden, als Vorstandschef Andrew Jennings seinen Rückzug ankündigte. Als ein Motiv wurde damals genannt, dass Berggruen kein Geld für die Sanierung der Häuser zur Verfügung stellen wolle. Der wiederum, in aller Welt erfolgreicher Immobilienkaufmann und Sohn des Kunstsammlers und -mäzens Heinz Berggruen, verteidigte sich: „Ich habe nicht gewusst, wie krank Karstadt nach 20 Jahren Missmanagement wirklich war.“

Berggruen hatte Karstadt 2010 aus der Insolvenz übernommen und war als Retter gehandelt worden. Nur wenige Monate nach der Übernahme bekam das Image des Investors erste Kratzer, weil weder ein Konzept für den kranken Konzern noch die Bereitschaft zum Investieren erkennbar waren. Tatsächlich wurde das Investitionsvolumen für 2013 gekürzt. Gleichzeitig musste die Konzernspitze die Umsatzplanungen nach unten korrigieren. Einen Nachfolger für Jennings, der Anfang 2011 den Vorstandsvorsitz übergab und Ende dieses Jahres ausscheidet, gibt es noch immer nicht.

Berggruen schrieb am Montag an die Mitarbeiter, neben den 300 Millionen Euro für die 83 verbleibenden Kaufhäuser liege nun der zweite Sanierungsstein auf dem „Tarifweg, den das Management derzeit gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern beschreitet“. Im Mai war der Konzern aus der Tarifbindung ausgestiegen, um künftige Tariferhöhungen nicht zahlen zu müssen. Arbeitsplätze seien aktuell nicht gefährdet: „Niemand muss sich Sorgen machen. Im Gegenteil. Lassen Sie uns gemeinsam weiter kämpfen“, heißt es in dem Brief von Berggruen an die Mitarbeiter, aus dem „Spiegel Online“ zitiert. Die österreichische Signa hat nach eigenen Angaben in den vergangenen zwei Jahren für mehr als 1,5 Milliarden Euro 20 Karstadt-Warenhäuser „in besten Innenstadtlagen Deutschlands erworben“. Diese Häuser, zu denen auch das KaDeWe gehört, hat Signa dann an Karstadt vermietet. Alles in allem verfüge Signa aktuell über ein Immobilienvermögen von mehr als fünf Milliarden Euro. Damit gehöre Signa „zu den führenden Unternehmen für innerstädtischen Einzelhandel in Toplocations in Deutschland“, hieß es bei Signa. Der österreichische Investor Rene Benko, dem Signa gehört, hatte in der Vergangenheit versucht, die Metro-Tochter Kaufhof zu übernehmen. Benkos neuer Schachzug dürfte nun wieder Phantasien über eine Warenhaus-Hochzeit zwischen Karstadt und Kaufhof beflügeln.

Der Leipziger Handelsexperte Gerd Hessert bewertete das Geschäft positiv. „Die Karstadt-Filialen bekommen durch die Finanzspritze Zeit, bis die neuen Konzepte greifen“, sagte Hessert, der früher selbst bei Karstadt und Hertie leitende Managementfunktionen inne hatte und heute an der Universität Leipzig lehrt, dem Tagesspiegel. Den Kaufpreis hält er für angemessen. „Das ist kein Ramschpreis.“ Für Signa lohne sich insbesondere die Übernahme der Premium-Häuser. „Es ist gut, wenn die Immobilien und das operative Geschäft in einer Hand sind“. Die Sporthäuser müssten nach Meinung Hesserts dringend weiter entwickelt werden. „Hier ist lange nichts passiert“, kritisiert Hessert. Für die Mitarbeiter könnte die Übernahme daher von Vorteil sein. „Es ist aber auch möglich, dass Signa die Sport-Häuser weiter verkauft.“

Alfons Frese, Heike Jahberg

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