Kaufhauskette im Chaos: Karstadt-Chef Jennings wirft hin
Karstadt muss sich einen neuen Chef suchen. Der Brite Andrew Jennings hört spätestens zum Jahresende auf. Es soll Streit mit dem Eigentümer Nicolas Berggruen geben, der angeblich nicht bereit ist, Geld in den Umbau zu investieren. Dabei spielt offenbar eine Briefkastenfirma auf den British Virgin Islands eine Rolle.
Der seit Anfang 2011 amtierende Karstadt-Chef Jennings werde seinen Ende des Jahres auslaufenden Vertrag nicht verlängern, teilte der Konzern am Sonntag mit. Jennings werde aber bei der Nachfolgesuche mitwirken und bei Karstadt involviert bleiben. Ein Bericht der "BamS", wonach Jennings sich wegen Differenzen über die Strategie zur Sanierung der Warenhauskette zurückzieht, sei "nicht korrekt", erklärte der Kaufhof -Konkurrent.
Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen hatte zuletzt eingestanden, die Probleme bei der Kaufhauskette bei der Übernahme unterschätzt zu haben. "Ich habe nicht gewusst, wie krank Karstadt nach 20 Jahren Missmanagement wirklich war", sagte der Milliardär vergangene Woche der "Bild".
Vergangene Woche hatte Berggruen im Gespräch mit dem Tagesspiegel zugleich noch erklärt: "Ich stehe zu Karstadt". Die Sanierung brauche "mehr Zeit als viele Geglaubt haben". Von den Mitarbeitern erbat er Vertrauen in den Sanierungskurs. "Es braucht Mut, Vertrauen, viel Arbeit und noch ein paar Jahre Zeit". Mittlerweile aber scheint Jennings, der sich einst als Sanierer der Kaufhaushette Woolworth einen Namen machte, die Geduld vberloren zu haben.
Zuletzt war der Streit zwischen dem Karstadt-Management und den rund 20.000 Arbeitnehmern eskaliert. Mitte Mai erklärte der Warenhauskonzern seinen Ausstieg aus der Tarifbindung, um sich künftige Lohnerhöhungen zu sparen. Berggruen, der Karstadt 2010 aus der Insolvenz übernommen hatte, hatte sich am Dienstag in der Konzernzentrale persönlich vom Management über die Lage informieren lassen.
Einem Vorabbericht des Magazins "Focus" zufolge sank der Umsatz von Karstadt im Mai um fünf Prozent. In den Vormonaten habe das Minus mit im Schnitt zehn Prozent sogar doppelt so hoch gelegen, berichtete das Magazin unter Berufung auf Unternehmenskreise.
Sollte Karstadt je saniert werden und gewinne abwerfen, dürfte Deutschland davon nicht profitieren. Denn wie die "BamS" ebenfalls berichtet, gehöre Karstadt über mehrere Zwischenfirmen einer Stiftung in einem Steuerparadies, dem Nicolas Berggruen Charitable Trust auf den British Virgin Islands. Die Zeitung beruft sich auf ihr vorliegende Dokumente der US-Börsenaufsicht SEC. Der Trust halte "die Aktienbeteiligungen der Berggruen Holdings und soll gemeinnützige Aktivitäten unterstützen", heißt es in dem SEC-Papier. Die Geschäftsanschrift des Trusts sei ein Briefkasten vor einem Holzhaus am Pelican Drive in Road Town auf der Insel Tortola. Auf dem Karibikkstaat bleiben im Ausland erwirtschaftete Erträge steuerfrei. Ein Berggruen-Sprecher war am Sonntag für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
Eine Berggruen-Sprecherin sagte der "BamS" zum Verdacht der Steuervermeidung: "Alle Unternehmen zahlen dort Steuern, wo sie beheimatet sind. Nicolas Berggruen profitiert in keiner Weise vom Nicolas Berggruen Charitable Trust. Dieser wird das Vermögen noch zu Lebzeiten Nicolas Berggruens vollständig gemeinnützigen Zwecken spenden."
In die karibische Steueroase sollen auch Gelder fließen, die Berggruen Jahr für Jahr bekommt, weil er die Namensrechte an Karstadt erworben hat. Berggruen lege Wert darauf, dass nicht er persönlich das Geld erhält, sondern die Holding. Kritik kam von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Gewerkschaftssprecher Christoph Schmitz sagte: „Berggruen zieht jedes Jahr Millionen bei Karstadt ab, anstatt endlich in das Unternehmen zu investieren. Er muss offenlegen, wie die Finanzströme zwischen Karstadt und seiner Stiftung laufen.“ (mit Reuters, dpa)
Kevin P. Hoffmann