Fusionspläne Deutsche Bank - Commerzbank gestoppt: Die Erleichterung nach dem Scheitern
Deutsche Bank und Commerzbank haben ihre Fusionsgespräche gestoppt. Die Rendite hätte nicht verbessert werden können, sagen sie. Experten hatten zuvor abgeraten.
Die geplante Fusion der beiden größten deutschen Banken ist geplatzt. Rund sechs Wochen nach der offiziellen Aufnahme der Verhandlungen teilten Deutsche Bank und Commerzbank am Donnerstag mit, dass die Gespräche „nach gründlicher Prüfung“ nicht fortgesetzt würden. Ein Zusammenschluss würde „keinen ausreichenden Mehrwert“ bieten. Nach den Worten von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing und Commerzbank-Chef Martin Zielke war es sinnvoll, eine „innerdeutsche Konsolidierung zu prüfen“. Allerdings wären die Umsetzungsrisiken, Restrukturierungskosten und Kapitalanforderungen, die mit einer solch großen Integration einhergehen würden, nach Ansicht der Banker zu hoch.
Sewing und Zielke sehen keine Chance, durch eine Fusion für ihre Aktionäre eine höhere und nachhaltigere Rendite zu erreichen und die Leistungen für die Kunden zu verbessern. Die Deutsche Bank betont, man werde weiterhin „alle Alternativen“ prüfen, um langfristig die Profitabilität und die Renditen der Aktionäre zu steigern. Am Donnerstag war durchgesickert, dass die Deutsche Bank eine Fusion ihrer Fondstochter DWS mit der Fondssparte der Schweizer Großbank UBS prüft. Dadurch entstünde einer der weltgrößten Fondsanbieter und Vermögensverwalter.
„Die Commerzbank bleibt bei ihrer Strategie“, sagt Vorstandschef Zielke. „Wir werden unser Wachstum gemeinsam mit unseren Kunden vorantreiben und konsequent in die Zukunft investieren.“ Das Institut zielt seit Jahren auf den Ausbau des Privat- und vor allem des Mittelstandsgeschäfts in Deutschland. Allerdings hat die Commerzbank auch Interesse im Ausland geweckt. An ihr sollen unter anderem die italienische Unicredit mit ihrem deutschen Ableger, der HypoVereinsbank, und die niederländische ING – im deutschen Privat- und mittlerweile auch im Firmenkundengeschäft mit der DiBa sehr erfolgreich – Interesse haben.
Sewing, der bei der offiziellen Bestätigung der Gespräche am 17. März ausdrücklich betont hatte, der Ausgang der Verhandlungen sei offen, begründete das Aus in einer Nachricht an die Beschäftigten der Bank auch mit dem überraschend guten Ergebnis im ersten Quartal, das das Geldhaus einen Tag vor der geplanten Veröffentlichung bekanntgab. Danach hat die Deutsche Bank in den ersten drei Monaten einen Nettogewinn in Höhe von 200 Millionen Euro verbucht, ein Plus von 65 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Analysten hatten im Schnitt mit einem Gewinn von nur 55 Millionen Euro gerechnet. „Die ersten drei Monate belegen, dass wir auf einem guten Weg sind. Es ergibt sich ein Gesamtbild, das viele nach dem schwachen Jahresstart nicht für möglich gehalten hätten“, sagt Sewing.
Vor allem Olaf Scholz wollte die Fusion
Die Nachricht vom Ende der Fusionsgespräche kommt für Beobachter nicht überraschend. Als Befürworter der Fusion galten nur Deutsche Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner, Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Finanzstaatssekretär Jörg Kukies (beide SPD). Auch Commerzbank-Chef Zielke wurde immer wieder nachgesagt, er dränge auf die Fusion, während Sewing eher gebremst habe. Eigentlich wollten beide Seiten schon bis Ostern für mehr Klarheit sorgen. Da das ausblieb, nährte es den Verdacht, dass die Gespräche ins Stocken geraten waren.
Tatsächlich waren die Widerstände gegen eine Fusion erheblich. Großaktionäre der Deutschen Bank wie der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock, das Emirat Katar und der chinesische Finanzinvestor HNA waren skeptisch. Finanz-Professoren rechneten vor, dass durch einen Zusammenschluss keine bessere und rentablere Bank entstehen würde. Außerdem hätte die Deutsche Bank, eine Kapitalerhöhung zwischen zwei und zehn Milliarden Euro stemmen müssen, um eine Fusion oder die Übernahme der Commerzbank umsetzen zu können. Vor allen Dingen aber war der Widerstand der Beschäftigten beider Banken, der Betriebsräte und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi massiv. Sie lehnten die Übernahme ab, weil der Abbau von bis zu 50000 Arbeitsplätzen und die Schließung von etwa tausend Filialen drohten. „Die Nachteile einer Fusion hätten vor allem in Bezug auf die Arbeitsplätze überwogen“, betonte denn auch Verdi-Chef Frank Bsirske am Donnerstag. Auch aus der Politik gab es Widerstand. Es würde eine Großbank entstehen, die im Krisenfall nur vom Steuerzahler hätte gerettet werden können.
Bundesfinanzminister Scholz sagte am Donnerstag, die deutsche Industrie brauche konkurrenzfähige Kreditinstitute, die sie in alle Welt begleiten könnten. Zugleich zeigt er Verständnis für das Scheitern der Gespräche. „Solche Kooperationen machen nur Sinn, wenn sie sich betriebswirtschaftlich rechnen und auf ein belastbares Geschäftsmodell zusteuern.“ Bei der FDP sprach deren finanzpolitischer Sprecher Florian Toncar von einem Sieg der Vernunft. Antje Tillmann, finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU sagte, dass die Gespräche trotz des Scheiterns nicht umsonst gewesen seien, wenn die beiden Banken ihre Potentiale und Probleme noch gründlicher analysiert hätten. Auch beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) begrüßt Ökonomin Franziska Bremus das Ende der Gespräche. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht hätte die Schaffung eines nationalen Bankenchampions Risiken gebracht. Nach Ansicht der Bundesbank stehen beide Institute auch nach dem Scheitern der Fusionspläne stabil und solide da. „Das galt vor und während der Gespräche uns ist auch jetzt uneingeschränkt der Fall“, sagt Bundesbank-Vorstandsmitglied Joachim Wuermeling.