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In Szene gesetzt. Beauty-Bloggerin Tara Arslani – besser bekannt als TamTamBeauty – macht mit einem Fan ein Selfie.
© Shine Conventions GmbH

Social Media: Influencer entwerfen mit Kosmetik-Marken eigene Produkte

Bisher haben Influencer online vor allem Produkte vermarktet. Jetzt kreieren sie gleich selbst ganze Make-Up-Linien und zeigen diese auf der Glow-Convention.

Bis zu 90 Euro zahlen die Fans, um ihre Lieblings-Influencer auf der Beauty-Convention Glow an diesem Wochenende in Berlin zu treffen. Stars wie Stefanie Giesinger und Diana zur Löwen ziehen zumeist weibliche Kosmetik-Nutzerinnen an. Größtenteils verdienen diese ihr Geld damit, in Beiträgen auf Social-Media-Plattformen wie Instagram und YouTube verschiedene Produkte zu bewerben. Auch die Convention nutzen die Social-Media-Stars unter anderem dazu, ihre neuen Produkte zu vermarkten.

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So stellte die Beauty-Bloggerin Hatice Schmidt beispielsweise vor einem Jahr ihre eigene Make-Up-Kollektion mit der Marke LOV vor – mit großen Folgen. Innerhalb weniger Tage war die Kollektion ausverkauft. Die Stückzahlen wollten weder Schmidt noch das Unternehmen selbst nennen. Aber „es war echt keine kleine Stückzahl“, verrät die ehemalige Krankenschwester ihren 714 000 Abonnenten auf YouTube.

Sie fühlt sich zu einem Statement genötigt. „Gewisse Dinge sind nicht so gut gelaufen“, sagt Schmidt. An manchen Stellen stockt sie. Beispielsweise als sie berichtet, wie ihre Fans die Mitarbeiter in den Verkaufsfilialen wegen der limitierten Edition bedroht hätten.

Teilweise hätten Kunden vorab Produkte der Kollektion auf der Glow, bei der Schmidt auch an diesem Wochenende dabei sein wird, signieren lassen und dann auf Internet-Portalen für ein vielfaches des ursprünglichen Preises weiterverkauft. „Da stehe ich nicht hinter“, sagt sie und kündigt wenige Minuten später an, dass die Cosnova-Tochter LOV 2019 eine neue Auflage der Kollektion verkaufen will.

Bis heute lassen sich noch ein paar der Produkte auf der Webseite der Marke bestellen. „Aufgrund der hohen Nachfrage kann es passieren, dass sich die Lieferzeiten etwas verzögern“, heißt es auf der Webseite des Unternehmens inzwischen. Es scheint dazugelernt zu haben.

Co-Creations gibt es immer häufiger

Solche sogenannten Co-Creations scheint es immer häufiger zu geben. Marketing-Experten wie Kevin Tewe nennen sie die Königsdisziplin. Tewe, der selbst eine Influencer-Agentur leitet, sieht bei Co-Creations das größte Potenzial in Sachen Verwirklichung, Reichweite und finanziellen Erfolg für Marke und Influencer. Dementsprechend selektiv seien die Marken auch bei der Auswahl ihrer Partner. Meist resultiere die Co-Creation daher aus kleineren Kampagnen. 

Influencer zeigen nicht mehr nur die Produkte der verschiedenen Marken. Sie kreieren gemeinsam ganze Make-Up-Linien, oder behaupten es zumindest. Wie die Zusammenarbeit tatsächlich abläuft, lässt sich schließlich für Außenstehende nur schwer nachvollziehen.

Schmidt jedenfalls erzählt in einem halbstündigen Video, wie sie von Tag Eins jeden Schritt der Produktentwicklung begleiten durfte. Bei einem Hersteller in Italien habe sie zwischen tausenden Farben und Pigmenten wählen dürfen. Sie blendet ein Bild von sich beim Hersteller ein.

Schmidt ist nicht alleine. Bekannte YouTuber wie Mrs. Bella und Marvyn Macnificent, der ebenfalls auf der Glow vertreten sein wird, haben beispielsweise mit BH Cosmetics eigene Lidschatten- und Highlighter-Paletten produziert. Erst vor kurzem stellte Marvyn Macnificent eine Palette und ein Pinselset vor. Seinen echten Namen hat er der Öffentlichkeit nie preisgegeben. „Es gab Anfragen von Unternehmen, die nur meinen Namen auf die Palette klatschen und so schnell Geld verdienen wollten“, sagt er dem Tagesspiegel. Nicht jede Firma wolle wirklich ein neues Produkt kreieren.

An beiden Produkten hätten die Kooperationspartner etwa ein Jahr gearbeitet. Nicht jeder Vorschlag sei umsetzbar gewesen. So sei zum Beispiel eine Glitzerfolie als Verpackung zu teuer gewesen. Ob er sich noch einmal für eine derartige Kooperation entscheiden würde, weiß er nicht. Inzwischen habe er viel über Entwicklung und Vermarktung gelernt und könne sich vorstellen, Produkte in Eigenregie zu kreieren.

Die Marketing-Professorin an der Münchner Universität, Silke Bartsch, erkennt hier einen neuen Trend. Die Branche entwickle sich weg vom klassischen Influencer Marketing und hin zu Influencer Relations. Unternehmen setzen also lieber auf langfristige Kooperationen mit den Social-Media-Stars, um authentischer zu wirken. Wer jeden Tag ein neues Produkt einer anderen Marke zeige, verärgere die Zuschauer, weiß Bartsch. Zudem würden die Blogger mit dieser Taktik den Sprung von der Online-Welt hinein in die Offline-Welt schaffen.

Win-Win-Situation für Unternehmen und Influencer

Dem stimmt die Fashion- und Luxus-Expertin an der International School of Management Audrey Mehn zu. Sie spricht von einer Win-Win-Situation. Die Marke profitiere vor allem dadurch, die Reichweite ausweiten zu können und oftmals mehr junge Leute zu erreichen. Im besten Fall übertrage sich das Vertrauen der Zuschauer in den Blogger auf die Marke.

Auch für den Influencer kann es reizvoll sein, mit einer Firma ein Produkt zu entwerfen. Denn solch eine oft langfristige Zusammenarbeit schaffe finanzielle Sicherheit und steigere oft auch den eigenen Bekanntheitsgrad. Viele Kunden gingen eben doch noch in Filialen einkaufen und seien weniger auf Social-Media unterwegs. Zudem könne der Influencer so selbst zum Experten werden.

Etwas anders sieht das Tara Arslani, die sich als TamTamBeauty auf YouTube regelmäßig vor etwa 600.000 Abonnenten schminkt. Die Beauty-Bloggerin entschied sich lieber dazu, gleich selbst ein eigenes Unternehmen zu gründen. Unter dem Namen „TamTam“ verkauft sie in den DM-Filialen und in deren Online-Shop seit Donnerstag ihre zweite Kollektion mit Bronzing-Puder und Wimpernzange.

YouTube und Instagram seien ihrer Meinung nach zu virtuell, zu vergänglich. Mit den Produkten wolle sie für ihre Fans greifbarer werden. „Ich habe alles mögliche zuhause zerbrochen, vermischt und dann mit einem Löffel erhitzt“, berichtet die 28-Jährige über den Entstehungsprozess. Ein Unternehmen aus Wiesbaden habe sich dann um die Produktion gekümmert.

Doch warum die eigene Firma? „Ich wollte wirklich frei sein“, sagt sie. Sie wolle jede Entscheidung in Sachen Produkt und Marketing treffen, ohne auf andere Personen angewiesen zu sein.

Die größten Kritiker bleiben die Fans selbst. So bemängelten die Anhänger der Bloggerin Dagmar Kazakov – besser bekannt als Dagi Bee – die damals neu erschienene Make-Up-Linie Beetique mehrfach in ihren Instagram-Kommentaren. Die Kritik: Zu teuer für die junge Zielgruppe der Bloggerin.

Lisa Oder

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