Regulierung auf YouTube: "Anbieter und Nutzer müssen nichts befürchten"
Die Zulassungspflicht von YouTubern könnte entfallen – die Kontrolle von News auf Wahrheitsgehalt aber kommen, sagt die Medienanstalt Berlin-Brandenburg.
Frau Zimmer, stimmt die Formel: Der Rundfunk in Deutschland wird reguliert, lizenziert und kontrolliert, im Internet dagegen kann jeder verbreiten, was er will?
Auch das Internet unterliegt Regelungen. Die Medienanstalten sind hier bereits seit Jahren in den Bereichen Jugendschutz und Werbeaufsicht sehr aktiv. Auch können Internet-Live-Streams als Rundfunk zulassungspflichtig sein, wenn sie journalistisch-redaktionell gestaltet sind und regelmäßig und häufig ausgestrahlt werden.
Andere Regelungen gelten im Internet nicht oder nur eingeschränkt. So existieren derzeit zum Beispiel noch keine Regelungen für eine transparente und diskriminierungsfreie Auffindbarkeit im Netz, die zum Beispiel bei Sprachassistenten von hoher Bedeutung ist. Auch die Einhaltung journalistischer Sorgfaltspflichten bei journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten unterliegt derzeit nicht der Regulierung. Das ist in anderen Medien anders: Die Presse unterliegt der Selbstregulierung durch den Presserat, für den Rundfunk übernehmen das die Medienanstalten.
Welchen Status hat Youtube in diesem Kontext?
Die Medienanstalten können tätig werden, wenn Anbieter bei YouTube gegen Werbe- oder Jugendschutzregelungen verstoßen. YouTube-Live-Streams können unter bestimmten Voraussetzungen als Rundfunk zulassungspflichtig sein. YouTube selbst ist nach dem geltenden Medienrecht nur sehr eingeschränkt verantwortlich. Der Gesetzgeber will dies unter den Gesichtspunkten transparente und diskriminierungsfreie Auffindbarkeit ändern. Ob man YouTube selbst als Plattform auch in anderen Bereichen - wie zum Beispiel im Bereich Jugendschutz - zukünftig stärker in die Pflicht nehmen möchte, entscheidet der Gesetzgeber.
Durch den nächsten Medienstaatsvertrag sollen sogenannte Medienintermediäre wie Google, Facebook und Youtube in die Regulierung miteinbezogen werden. Was müssen die Youtube-Nutzer fürchten?
Die geplanten Regelungen für Medienintermediäre sollen für eine transparente und diskriminierungsfreie Auffindbarkeit von Inhalten sorgen - im Interesse der Medienanbieter, aber auch und gerade auch im Interesse der Mediennutzer und damit der Medienvielfalt. Adressat dieser Regelung ist der Medienintermediär, also YouTube selbst, nicht der einzelne YouTuber. Anbieter von Inhalten oder Nutzer müssen also nichts befürchten, ganz im Gegenteil.
Was müssen die Youtuber wie die Influencerin Dagi Bee, der CDU-Zerstörer Rezo, Mirko Drotschmann alias „MrWissen2go“ befürchten?
Klare Werberegelungen für Influencer gelten jetzt schon. Was dabei zu beachten ist, haben die Medienanstalten in einem Leitfaden zusammengefasst. Und natürlich gilt der Jugendschutz. Manche Regelungen können auch liberalisiert werden: Zum Beispiel fordern die Medienanstalten schon lange die Abschaffung der rundfunkrechtlichen Zulassungspflicht, von der auch YouTuber profitieren würden.
In der aktuellen Diskussion steht zudem die Frage im Raum, ob auch die anerkannten journalistischen Grundsätze beachtet werden müssen. Das könnte zum Beispiel heißen, dass Nachrichten mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit zu überprüfen sind oder dass Kommentare als solche zu kennzeichnen sind. So ist es in Paragraph 10 des Rundfunkstaatsvertrags für Rundfunksender vorgesehen. Ähnliche Regelungen enthält auch der Pressekodex. Welche Anforderungen im Internet gelten sollen, entscheidet der Gesetzgeber.
Müssen gleich wieder staatliche Behörden wie die Landesmedienanstalten ran? Würde eine freiwillige Selbstverpflichtung, eine freiwillige Selbstkontrolle nicht reichen?
Im Jugendmedienschutz haben wir gute Erfahrungen mit einem niedrigschwelligen Modell der „regulierten Selbstregulierung“ gemacht. Sollte der Gesetzgeber sich für eine Regulierung entscheiden, wären die Medienanstalten als staatsfern organisierte Einheiten hierzu jedenfalls in der Lage.
Das Internet gilt als unbegrenzt. Gleicht da nicht jeder Kontrollversuch der Suche nach der Nadel im Heuhaufen?
Natürlich ist es eine Menge an Inhalt und sicherlich können wir uns nicht alles anschauen. Das haben wir aber auch in der Vergangenheit nicht gemacht. Ich glaube auch nicht, dass das sinnvoll wäre. Bisher setzen wir auf eine Mischung aus Beratung und Aufsicht. Durch Leitfäden erläutern wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen. In Schwerpunktanalysen zu bestimmten Themen schauen wir uns an, ob sie eingehalten werden. Dazu kommen Beschwerden, die wir natürlich prüfen.
– Anja Zimmer ist Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg.
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