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Julia Dahlhaus führt seit Oktober 2019 den Landesverband Berlin im Bund Deutscher Architekten (BDA)
© OSTKREUZ/David Meckel/ BMWS Architekten

Architektur: "Wohin will diese Stadt? Eine Idee fehlt"

Julia Dahlhaus plädiert als Vorsitzende beim Bund Deutscher Architekten Berlin für Modellquartiere

Seit Oktober 2019 soll sie es machen: Turnusgemäß wurde Julia Dahlhaus, 50-jährige Gesellschafterin von DMSW Architekten, mit großer Mehrheit zur neuen Vorsitzenden des Bundes Deutscher Architekten (BDA), Landesverband Berlin, gewählt. Im BDA Berlin ist ihr nichts neu, ist sie nicht neu: 2015 wurde sie dort erstmalig in den Vorstand gewählt, um die Interessen freiberuflich tätiger Architekten zu vertreten. Sie schlägt eher leisere, aber nicht weniger bestimmte Töne als ihr Vorgänger Andreas R. Becher an, wie sich schnell nach der Wahl in einem ersten Gespräch mit dem Tagesspiegel zeigt.

Dahlhaus, in Berlin geboren, studierte Architektur an der Hochschule der Künste Berlin und der RWTH Aachen. Als Architektin bearbeitete und leitete sie anschließend Bauvorhaben für Staab Architekten und Max Dudler.

Seit 2012 führt sie das Büro DMSW mit Michael Müller und Philipp Wehage als Partnerschaftsgesellschaft von Architekten (seit 2016 PartmbB). DMSW sei erfolgreich im Wohnungsbau tätig, heißt es in ihrer beruflichen Biografie, und realisiere Projekte mit Partnern aus der Immobilienwirtschaft, mit Baugruppen und mit öffentlichen Wohnungsunternehmen. Sie passt insofern gut in die aktuelle politische Landschaft Berlin, Bauen in Erbpacht findet sie richtig. Dennoch hadert Dahlhaus mit der Ausgrenzung bestimmter Akteure: „Baugruppen wurden erst gehypt, dann vom neuen Senat verteufelt. Kostengünstiger Wohnungsbau ist auch bei Baugruppen möglich.“

Julia Dahlhaus ist eine gefragte Jurorin und Expertin in verschiedenen Gremien rund um das Bauen. Im BDA Berlin liegt ihr Schwerpunkt in Themen der Stadtentwicklung und des Wohnungsbaus. Hier initiierte sie 2013 gemeinsam mit Frank Arnold den Arbeitskreis Wohnungsbau, der mit vielfältigen Aktivitäten den Qualitätsdiskurs in der Öffentlichkeit führt. Dieser Diskurs ist ihr wichtig: „Was mir derzeit in der öffentlichen Diskussion fehlt, ist ein positives Bild, eine Vorstellung, eine Idee, wohin sich Berlin entwickeln soll. Wohin will diese Stadt? Ich bin ja Berlinerin, mir steckt immer noch in den Knochen, dass dieser Stadt lange ihre Daseinsberechtigung abgesprochen wurde. Insofern freue ich mich uneingeschränkt über den positiven Blick von außen auf Berlin und über die Chancen, die dafür in der Stadtentwicklung stecken.“

Diesen Horizont würde sie wohl gerne auch dem Berliner Senat und seiner Wohnungssenatorin eröffnen, die sich erst im Nebenamt - wenn überhaupt - als Bausenatorin versteht. „Die Stadtentwicklung in Berlin ist derzeit vor allem durch Regularien und Diskussionen über Quantitäten geprägt. Über die Qualität der Räume, die entstehen sollen, wurde schon lange nicht mehr gesprochen.“ Dahlhaus ging davon aus, dass Katrin Lompscher das Gespräch mit ihr suchen wird - worüber wird man nur vielleicht später hören. Dahlhaus neigt nicht zu Indiskretionen.

Immerhin lässt sie erkennen, dass mit der Art und Weise, wie Berlin die Bauaufgaben angeht, nicht alles stimmen kann. Wer mag, liest zwischen den Zeilen deutliche Kritik. „Ich bin nicht gegen partizipative Verfahren, wenn sie gut gemacht sind!“, sagt Dahlhaus. „Sie können aber eine Auseinandersetzung mit Raumbildung nicht ersetzen. Derzeit ist die Beschäftigung mit Prozessen größer als mit dem faktisch Räumlichen, in dem wir in den kommenden Jahrzehnten leben werden.“ Werden wir uns in den neuen Quartieren wohlfühlen?

Dahlhaus würde da gerne etwas ausprobieren, städtebauliche Modellquartiere entwickeln: Etwa in Buch, in Tegel, in Pankow in der Michelangelostraße. „Wir gewinnen nichts, wenn wir weiter polarisieren und spalten“, sagt sie noch. Ihr Wort in vieler Ohren!

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