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Der denkmalgeschützte Ringlokschuppen ist für den Aufenthalt von Menschen nicht geeignet, findet das Berliner Verwaltungsgericht.
© Reinhart Bünger

Baustelle Rangierbahnhof Pankow: Warum sich auf dem Gelände wenig ändert

Abgefahren: 1996 wurde der Rangierbahnhof Pankow stillgelegt. Seitdem hat sich auf der Brache wenig getan. Vier Gründe von vielen.

1996 wurde der ehemalige Güter- und Rangierbahnhof Pankow stillgelegt. Seitdem ist viel Papier beschrieben worden, um die zirka 34,3 Hektar große Brache, die dem Möbelunternehmer Kurt Krieger gehört, zu bebauen. Doch womit? Es gab diverse Absichtserklärungen. Zuletzt im April 2018. Bürgermeister Sören Benn (Linke) und Investor Krieger unterzeichneten einen sogenannten Letter of Intent.

Die Erklärung sieht den Bau von 2000 Wohnungen, einem Einkaufszentrum und einer Schule auf dem ehemaligen Rangierbahnhof Pankow vor. Krieger hatte nach dem Kauf der Fläche 2009 bereits zweimal eine ähnliche Vereinbarung unterschrieben, berichtete der Tagesspiegel. Doch nun endlich soll es vorangehen.

Auf Senatsebene solle bis Frühjahr 2019 der Flächennutzungsplan geändert werden, kündigte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher an, parallel könnten die Bebauungsplanverfahren starten. Von außen betrachtet tut sich auf dem Gelände nichts. Warum nicht?

Berlin und Bezirk haben keinen Plan

Zunächst einmal müsste der Flächennutzungsplan geändert werden, denn hier ist das Areal immer noch als Bahnfläche ausgewiesen. Noch bis 7. Juni 2019 führt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen die Öffentlichkeitsbeteiligung zu insgesamt sechs Änderungen des Berliner Flächennutzungsplans (FNP Berlin) durch. Das Pankower Tor ist – allen Ankündigungen zum Trotz – nicht darunter. Warum nicht? „Die Flächennutzungsplanänderung 05/16 „Nachnutzung ehem. Rangierbahnhof Pankow“ lag vom 26.09. bis 28.10.2016 zur frühzeitigen Beteiligung aus.

Für die öffentliche Auslegung muss noch ein Verkehrskonzept vorbereitet werden, mit dem die Erschließbarkeit des Geländes gesichert werden soll“, teilt Lompschers Sprecherin Katrin Dietl auf Anfrage mit. „Auch die Untersuchungen zum Einzelhandelspotenzial und seiner Verträglichkeit mit den bereits vorhandenen Flächen im Hauptzentrum Pankow sind derzeit noch in Arbeit“, schreibt sie. Mit diesen Themen hatte sich bereits Jens-Holger „Nilson“ Kirchner beschäftigt. Er war Baustadtrat im Bezirk Pankow – bis 2016. Könnte Berlin nicht wenigstens schon einmal den Flächennutzungsplan ändern, damit am Pankower Tor etwas Fahrtwind aufkommt?

„Die Vorgehensweise der Senatsverwaltung erscheint jedenfalls auf den ersten Blick nicht unschlüssig“, sagt auf Anfrage Ernst Wilhelm, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei HFK Rechtsanwälte PartGmbB. Der Flächennutzungsplan dient zwar nur der vorbereitenden Bauleitplanung und enthält lediglich die Grundzüge der Planung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB). „Allerdings muss er es ermöglichen, dass aus seinen Darstellungen fehlerfreie und umsetzungsfähige Bebauungspläne entwickelt werden“, sagt Wilhelm. Daher kann es durchaus sinnvoll sein, die Kernpunkte der Planung bereits im Flächennutzungsplan auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen und auch zu untersuchen, ob sie zu unerwünschten städtebaulichen Auswirkungen führen.

Der Showroom ist platziert. Der Verkauf der neuen Wohnungen an der Vesaliusstraße kann beginnen.
Der Showroom ist platziert. Der Verkauf der neuen Wohnungen an der Vesaliusstraße kann beginnen.
©  Reinhart Bünger

Wenn also die Verkehrsanbindung des Areals und die Verträglichkeit einer möglichen Einzelhandelssiedlung grundlegende Fragen sind, die bei der Entwicklung des Areals eine Rolle spielen, liegt es nahe, sich mit diesen Fragen bereits bei der Änderung des Flächennutzungsplans zu befassen. Andernfalls bestünde das Risiko, dass in dem Flächennutzungsplan eine Nutzung dargestellt wird, die später nicht zum Gegenstand eines Bebauungsplans gemacht werden kann, etwa weil ein solcher Bebauungsplan nicht vollzugsfähig wäre (z. B. weil das Areal nicht erschlossen werden kann) oder städtebaulich nicht erwünscht wäre (z. B. weil er nachteilige Auswirkungen auf den Einzelhandel an anderen Standorten hätte).

Ein Kollege Wilhelms, der nicht genannt werden möchte, wird deutlicher: „Es sieht schon so aus, als wolle eine Verwaltung einen sehr fordernden Investor hinhalten. Was Krieger will, möchte die Verwaltung nicht und das ihm angeboten wird, reicht ihm nicht. Er pokert und kann in Ansehung des Wertes des – billig geschossenen – Grundstückes nicht verlieren, weil Zeit ins Land geht“, sagt der Insider: „Das sind die Fälle, in denen ich für Zwangsmaßnahmen bin, um das zu bekommen, was die Kommune braucht. Der Eigentümer will ja bauen.“

Die denkmalgeschützten Lokschuppen

Eigentum verpflichtet, heißt es im Grundgesetz. Aber nicht stets und überall. Inzwischen liefern sich Investor und Bezirk einen bizarren Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht und vor dem Oberverwaltungsgericht. Zwar wurde Krieger per Beschluss dazu verpflichtet, die maroden Gebäude (Rundlokschuppen mit Schwedler-Kuppel und Sozialgebäude) endlich notdürftig zu sichern – den ebenfalls von der Zeit und Vandalismus schwer mitgenommenen Ringlokschuppens jedoch nicht. Der stünde zu nah an den Gleisen, befand das Gericht.

Der Ringlokschuppen, in dem Menschen jahrzehntelang gearbeitet haben, sei wegen der sich „aus dem Zugverkehr ergebenden angeblichen Gefährdungen nicht für den Aufenthalt von Menschen geeignet“, so das Bezirksamt auf Anfrage, das gegen diesen Beschluss angeht. Krieger seinerseits bemüht sich vor Gericht in einem Beschwerdeverfahren vor dem OVG. Er möchte Rundlokschuppen und Sozialgebäude nicht sichern. „Wann mit einer Entscheidung bzw. Teilentscheidungen zu rechnen ist, kann unsererseits nicht prognostiziert werden“, lässt Baustadtrat Vollrad Kuhn (B’90/Grüne) auf Anfrage wissen.

Dass weitere Zeit ins Land geht, könnte im Sinne des Investors sein. Aber weit gefehlt. Da er die Gebäude verfallen lassen hat und weiter verfallen lässt, kann er sich möglicherweise nicht darauf berufen, dass die Sicherung der Gebäude unwirtschaftlich sei.

Das Shoppingcenter

Nach Angaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wird geprüft, ob ein Shoppingzentrum überhaupt genehmigt werden kann. Es wird eine „Einzelhandels-Auswirkungsuntersuchung“ im Auftrag des Bezirksamts erarbeitet. Investor Kurt Krieger muss das angedachte Sortiment vorlegen. Das Ergebnis der Untersuchung soll im Sommer 2019 feststehen.

Hinter dem achtstöckigen Neubau steht ein 10-stöckiger Plattenbau.
Hinter dem achtstöckigen Neubau steht ein 10-stöckiger Plattenbau.
©  Promo

Krieger soll mit Blick auf die Größe des Einkaufscenters bereits Entgegenkommen signalisiert haben, so Bezirksstadtrat Kuhn. Statt von einer geschlossenen Mall mit 25.000 Quadratmetern Verkaufsfläche sei nun von einer „aufgelockerten“ Bebauung die Rede, berichtete diese Zeitung. Man spricht nun über 15.000 Quadratmeter, vielleicht in einem nur temporär zu errichtenden Bau.

Der Schulstandort

Angeblich ist die Schulfrage geklärt: Statt der anvisierten zwei Schulen soll es nur eine Grundschule geben. An Berliner Straße und Prenzlauer Promenade waren die Schulen wegen Lärms und Abgasen nicht realisierbar, nun soll ein Standort zentral an der Granitzstraße entstehen. Dauert der Planungsprozess weiter an, dürfte diese Vorabstimmung aber noch einmal überprüft werden – je nachdem, wie sich die Bevölkerungszahlen und -zusammensetzung in Pankow entwickeln.

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