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Buntspecht und Hauswand: Gerade Fassaden mit Wärmedämmverbundsystemen klingen für die Vögel wie morsche Baumstämme.
© Soeren Stache/dpa-tmn

Vögel verursachen Fassadenschäden: Sehr schlecht, Herr Specht!

Wie Löcher in Fassaden vermieden werden – und wie man ungebetene Besucher zum Abflug ermuntern kann.

Der Fassadenspecht ist berüchtigt. Er hackt Löcher in Hauswände und hinterlässt teure Schäden. „Für Buntspechte und ihre Verwandten sind besonders Fassaden mit Wärmedämmverbundsystemen äußerst attraktiv“, erklärt Marius Adrion vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) in Berlin. „Hacken sie darauf ein, klingt das für sie wie morsches Holz, aus dem sie normalerweise ihre Nahrung holen.“ Sie finden auf gedämmten, grob verputzten Häuserfassaden manchmal auch wärmesuchende Insekten. Manche Spechte brüten auch in den Löchern.

Hausbesitzer wollen die ungebetenen Besucher schnell wieder los werden, doch das ist gar nicht so einfach. „Alle europäischen Vögel stehen unter besonderem Schutz“, sagt Adrion. „Sie dürfen allenfalls verscheucht, aber niemals verletzt oder gar getötet werden.“ Man darf die Schäden an den Häusern auch nicht reparieren, wenn die Vögel ihre Nester bauen und brüten. Denn dabei dürfen sie laut Bundesnaturschutzgesetz keinesfalls gestört werden.

Die Nachmieter der Spechte

Das Problem: Die Löcher bekommen Nachmieter. Auch Meisen oder Spatzen nutzen sie für ihre Brut, und das sogar bis zu zweimal im Jahr. Das Loch ist vielleicht den ganzen Sommer über blockiert. Daher ist es empfehlenswert, die Löcher im Herbst und bis zu den ersten neuen Nestbauten zu verschließen, damit es im folgenden Jahr nicht wieder zu einer Brut kommt.

Schon ab Februar beginnt das Ganze von vorne: Die Balz der Spechte setzt ein, die durch Klopfen ihr Revier markieren und einen Partner suchen. Dann kann man auch noch versuchen, sie zu vertreiben, so Adrion.

Warum die Eile? Haben Spechte erst einmal Löcher in die Fassade gehackt, besteht akuter Handlungsbedarf. Denn sogar durch kleinste Verletzungen in der Fassade dringt schnell Feuchtigkeit ein, die die Wärmedämmung unwirksam macht, erklärt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren in Berlin. Außerdem sammelt sich in den Löchern feuchtes Pflanzenmaterial, was Insekten anlockt. Und davon werden wiederum weitere Spechte angezogen. So werden neben dem ersten Loch schnell mehrere gezimmert, erklärt Adrion.

Andere Vögel können helfen, die ungeliebten Spechte vom Haus fernzuhalten – zum Beispiel Mauersegler. Sie schätzen Nisthilfen, die direkt auf oder in der Dämmung angebracht werden, erklärt die Hessische Energiesparaktion. Auch Stare oder Fledermäuse ziehen dort ein – und schaffen Unruhe in der Nachbarschaft. Das reiche aus, um den Specht zu vertreiben. Die Nisthilfen sollten an den ruhigeren Lagen des Hauses angebracht werden, etwa an Giebelseiten mit wenig Fenstern. Diese Gebäudeseiten sucht der Specht besonders gerne auf.

Do it yourself: Abhilfe basteln

Die Hessische Energiesparaktion rät auch, Vögel mit Flatterbändern unter dem Dach, großen Vogelscheuchen, Ketten aus alten CDs, Windspielen aus Blech oder anderen glitzernden Objekten vom Gebäude fernzuhalten. Auch Lärm kann helfen, ist aber in dicht bewohnten Gebieten nicht ratsam. Beliebt sind Attrappen von Greifvögeln. Diese sind am wirkungsvollsten, wenn sie sich im Wind bewegen. Aufgemalte Vögel oder starr befestigte Attrappen werden nicht so ernst genommen.

Da die Spechte gern an vertikalen Kanten und Hausecken entlang klettern, kann man dort Metallschienen anbringen, in der Hoffnung, dass sie dann von der Fassade ablassen. „Aber das klappt nicht immer, denn Spechte haben kräftige Füße und Zehen, mit denen sie sich selbst an scheinbar glattem Putz festhalten können“, erklärt Adrion.

Andere Untermieter ebenfalls problematisch

„Viele Spechtlöcher an den Fassaden ließen sich vermeiden, wenn ausreichend dicker Putz verwendet würde“, ergänzt Reinhold-Postina. Sie empfiehlt einen Putz mit sieben Millimetern Gewebespachtelung plus drei Millimetern Oberputz. „Durch eine insgesamt ein Zentimeter dicke Schicht kommt der Specht nicht hindurch, da verliert er schnell die Lust.“ In der Praxis werden oft nur zwei Millimeter Gewebespachtel plus drei Millimeter Oberputz aufgebracht.

Es gibt noch weitere Problemfälle für Hausbesitzer: Meisen, Spatzen, Schwalben, Tauben und Dohlen zerstören zwar nicht die Fassaden, können aber trotzdem zu Schäden am Haus führen. „Die Vögel nisten gern in Hohlräumen, beispielsweise zwischen den Dachsparren oder unter den Dachüberständen“, sagt Reinhold-Postina. „Alle Öffnungen müssen deshalb gut verschlossen und gesichert sein.“

Nach der Brutperiode besteht die Gefahr, dass verlassene Nester, die auf dem Dach zum Beispiel an Gauben gebaut wurden, in die Dachrinne rutschen und die Abflüsse verstopfen. Am besten ist es auch hier, die Nester zu entfernen, sobald die Vögel ausgezogen sind – sofern das von Dachfenstern aus gefahrlos möglich ist.

Achtung: Nistmöglichkeiten sind geschützt

Marius Adrion vom Nabu sieht das allerdings anders: „Abgesehen von der Fassade, die natürlich unverletzt bleiben sollte, ist es aus Artenschutzsicht sehr schlecht, wenn Hausbesitzer versuchen, alle Nistmöglichkeiten für die ohnehin schon gefährdeten Gebäudebrüter zu verschließen. Zudem sind in den seltensten Fällen Vogelnester für verstopfte Regenrinnen verantwortlich.“

Hinzu kommt: Man darf gar nicht alle Nester einfach so entsorgen. Die natürlichen Nistplätze der meisten Gebäudebrüter sind nämlich auch außerhalb der Brutzeit geschützt. „Für das Entfernen oder Versperren von wiedernutzbaren Nistplätzen, zum Beispiel von Mehlschwalben oder Mauerseglern, ist eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung von der Unteren Naturschutzbehörde notwendig“, erläutert Marius Adrion. „Diese erhält man gewöhnlich unter der Auflage, stattdessen in gleicher Anzahl spezielle geeignete Nisthilfen anzubringen.“

(dpa)

Katja Fischer

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