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Die Dicke der Dämmstoffe für die Hauswand ist bei Pflichtsanierungen in der Energieeinsparverordnung vorgeschrieben.
©  Klaus-Dietmar Gabbert

Wärmedämmung: Schlupfloch bei der freiwilligen Fassadendämmung

Verbundsysteme dürfen dünner sein, wenn der alte Putz bleibt. Das Fraunhofer-Institut veröffentlicht eine Studie zum Aufdoppeln.

Eine Wärmedämmung der Fassade muss 12 bis 16 Zentimeter stark sein – das sieht die seit 2014 geltende Energieeinsparverordnung (EnEV) vor. Allerdings wurde nun eine Ausnahme von der Regel bekannt. Die Vorgaben gelten demnach nicht, wenn ein Wärmedämmverbundsystem auf der Fassade angebracht wird, ohne dass vorher der alte Putz abgeschlagen wird. Dann darf die Dämmstärke geringer sein. Das sei ein Vorteil für viele Häuser, die nach einer Dämmung Dachüberstände oder Fensterbänke anpassen müssten, erklärt Roland Falk vom Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade Baden-Württemberg (SAF).

Aufgefallen war die Gesetzeslücke offenbar erst, als ein Hausbesitzer eine wesentlich dünnere Dämmung auf seine Fassade setzen ließ. Das berichtet „Zukunft Altbau“, ein vom Umweltministerium Baden-Württemberg gefördertes Informationsprogramm. Die örtliche Baurechtsbehörde ordnete einen Baustopp an. Daraufhin setzte sich die Projektgruppe EnEV der Bauministerkonferenz im September mit dem Thema auseinander – und kam zu dem Schluss, dass die Ausnahme rechtens ist.

Sie betrifft nicht nur die Dämmstoffdicke, sondern auch den bislang geltenden Wärmedurchgangskoeffizienten, besser als U-Wert bekannt. Zulässig sind laut EnEV maximal 0,24 Watt pro Quadratmeter und Grad Kelvin.

Allerdings profitiert von dem Schlupfloch nur eine bestimmte Gruppe Sanierer: „Jene, die freiwillig dämmen wollen“, erklärt Michael Heide vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe in Berlin. Pflicht ist eine energetische Sanierung, wenn mehr als zehn Prozent einer schadhaften Putzfläche ersetzt werden oder das Haus ganz neu verputzt wird.

Was heißt das für betroffene Hausbesitzer und Bauherren?

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Hausbesitzer sagen: ,Eine Dämmung von zehn oder acht Zentimeter würde ich machen, mehr aber nicht‘“, berichtet Falk. Denn dickere Dämmstärken verringern an vielen Bauten die Dachüberstände. Auch Fensterbänke und Regenrinnen müssten teils versetzt werden – alles mit Folgekosten für die Sanierer. Diese könnten nun dank der Ausnahme in der EnEV sparen und zu dünneren Dämmungen greifen, so das Argument des Fachverbandes SAF.

Zwar konnten sich Hausbesitzer bisher von der Pflicht zu dicken Dämmstärken befreien lassen – aber nur mit einer Sondergenehmigung, wenn die Sanierung und die baulichen Anpassungen nicht wirtschaftlich rentabel wären. Das Schlupfloch komme also vor allem jenen Eigentümern zugute, „die ein bisschen was für ihr Gewissen tun wollten“, sagt Heide, aber die durch die Dämmung eben nicht die Optik ihres Gebäudes verändern wollten – zumal sie dazu nicht gezwungen seien.

Die Unterschiede bei den Energieeinsparungen hielten sich bei den letzten Zentimetern auch in Grenzen: „Die ersten Zentimeter an der Fassade bringen die meiste Einsparung“, erklärt Heide. Der Unterschied von 8 zu 16 Zentimetern Dämmstärke mache beispielsweise nicht 50 Prozent, sondern etwa 30 Prozent aus.

Der finanzielle Mehraufwand bei dickerer Dämmstärke sei minimal

Andere Experten halten hingegen wenig von dünneren Dämmungen, weil sie sehr oft unwirtschaftlich seien. Den geringeren Investitionskosten stünden deutlich höhere Heizkosten gegenüber, sagt Petra Hegen von „Zukunft Altbau“. Auch Philipp Mahler von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen plädiert für dickere Dämmungen. Denn Probleme etwa mit Laibungen durch dicke Dämmstärken ließen sich durch Detailarbeiten vermeiden, beispielsweise dem Abschrägen der Dämmung im Fensterbereich, erklärt der Referent für Bautechnik.

Vor allem aber zählt für ihn: „Der Mehraufwand, den man mit einer dickeren Dämmstärke im Verhältnis zu den Gesamtkosten hat, ist minimal“, sagt Mahler. Die meisten Kosten gingen für das Gerüst und die Handwerker drauf. Und sogar Falk vom SAF rät noch zu mindestens acht Zentimeter dicken Dämmungen – und mehr, wenn die Architektur des Hauses es zulasse. Auch er begründet das damit, dass die Unterschiede bei den Materialkosten gering seien.

Aber: All das ist immer auch abhängig vom Dämmstoff selbst – denn jeder ist anders. Um die gleiche Energieersparnis zu erzielen, kann der eine dünner, der andere dicker sein. Das ist nicht nur abhängig vom Material, sondern auch von dessen Produktform. So kommt es etwa darauf an, ob eine Matte, Platte oder Schüttung verwendet wird. Bei der Auswahl der Stoffe rät Heide freiwilligen Sanierern daher, neben der Art und Dicke des Stoffes grundsätzlich auch den Lambda-Wert zur Wärmeleitfähigkeit zu beachten. Je kleiner der Wert ist, desto besser ist die Wärmedämmung – und desto dünner kann sie auf die Fassade gebracht werden.

Wer bereits eine ältere Dämmung am Haus hat und diese verbessern möchte, kann ein Wärmedämmverbundsystem aufdoppeln. Welche Erfahrungen Hausbesitzer damit machten und wie wirtschaftlich dies ist, beschreibt eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung. Die Studie steht hier zum Download bereit.

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