Projekt "Neom" am Roten Meer: Saudi-Arabien baut eine nachhaltige Megastadt in der Wüste
Das Projekt "Neom" soll rund 420 Milliarden Euro kosten. Als Geschäftsführer hat sich der Kronprinz den Ex-Siemens-Chef Klaus Kleinfeld ausgesucht.
Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman plant eine Megastadt am Roten Meer im Dreiländereck zu Jordanien und Ägypten. Neom, wie das Projekt getauft wurde, soll eine visionäre Zukunftsstadt werden, in der eine „wahrhaft globale Kultur“ entsteht, die Menschen aus aller Herren Länder, hochkarätige Bildungseinrichtungen und internationale Unternehmen anziehen soll.
Auf einer noch unbebauten Fläche von 26 500 Quadratkilometern – etwa so groß wie Mecklenburg-Vorpommern oder 37 Singapurs – in der saudischen Wüste soll eine beispielhafte Wirtschaft und Gesellschaft entstehen, die unter anderem innovative Lösungen anbietet für ein Leben ohne fossile Brennstoffe, eine nachhaltige und automatisierte Mobilität, neue Formen der industriellen Produktion sowie vertikale Farmen und eine lokale Lebensmittelversorgung mit frischen Produkten. Mitten in der Wüste soll eine neue Qualität des Lebens entstehen, ein Vorbild für andere Städte und Regionen, die sogar die internationale Film- und Medienbranche anlocken soll.
Neom ist gedacht als ein Meilenstein in der Zukunft des Königreichs für die Zeit nach dem Öl – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich. Anlässlich einer als „Davos in der Wüste“ bezeichneten Wirtschaftskonferenz in der saudischen Hauptstadt Riad betonte der Kronprinz am Dienstag den Willen, die Gesellschaft seines Landes zu modernisieren und sich einem gemäßigten Islam zuzuwenden, der andere Religionen toleriert und andere Kulturen akzeptiert. „Wir werden nicht die nächsten 30 Jahre unseres Lebens mit zerstörerischen Ideen zubringen“, sagte Mohammed Bin Salman. „Wir werden sie heute zerstören. Wir werden Extremismus beenden.“
Rund 420 Milliarden Euro soll das ehrgeizige Projekt kosten
Neom könnte man in diesem Zusammenhang als Versuchslabor bezeichnen, um diese Vision einer modernen Gesellschaft zu realisieren. Denn die Stadt soll sich unabhängig vom Rest des Landes entwickeln können. Männer und Frauen sollen hier gleichberechtigt nebeneinander arbeiten, Jungen und Mädchen gemeinsam zur Schule gehen. Außerdem soll Neom eine unabhängige Wirtschaftszone werden, die über ein eigenes Rechts- und Steuersystem verfügt, aber politisch nicht souverän ist – also eben nicht so wie das Fürstentum Monaco, das solange souverän bleibt bis das Fürstengeschlecht der Grimaldis ausstirbt. Dann fällt der Stadtstaat wieder an Frankreich.
Als Manager und Baumeister für Neom, das als weltweit größte privat-finanzierte urbane Entwicklung bezeichnet wird, hat sich der Kronprinz einen deutschen Topmanager als Geschäftsführer ausgesucht: Klaus Kleinfeld, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Siemens AG und zuletzt Chef des amerikanischen Metallkonzerns Arconic. Erfahrung mit dem Führen und Umbauen von Industriekonzernen hat der gebürtige Bremer, aber Immobilien- und Stadtentwicklung sind neu in seiner Berufsbiografie. Dennoch spricht ihm Kronprinz Mohammed die Kompetenz zu, sein neuestes Megaprojekt zu leiten. In einer Presseerklärung sagte er zur Personalie: „Dr. Kleinfeld ist dafür bekannt, einige der dynamischsten, fortschrittlichsten und erfolgreichsten Unternehmen der Welt geleitet zu haben und wir glauben, dass diese Fähigkeiten und seine Führung den Erfolg von Neom garantieren.“
Vor allem junge Saudis, denen die Stadt Karrieremöglichkeiten und einen modernen Lebensstil bieten will, sollen hier ein neues Zuhause finden. Sie sind auch eine der Kernzielgruppen für Neom, dessen Name sich übrigens von dem lateinischen Wort neo für neu und dem arabischen Wort für Zukunft, das mit dem Laut m beginnt, ableitet. Man könnte dahinter auch das M für den Vornahmen des Kronprinzen vermuten, der sich hier für den Preis von rund 420 Milliarden Euro ein Denkmal setzen möchte.
Das erinnert an die King Abdullah Economic City (KAEC)
Ganz neu sind Megaprojekte dieser Art in Saudi-Arabien nicht, aber Neom wäre das erste, das grenzüberschreitend angelegt ist. Denn zu den Plänen für die Stadt gehören auch eine Brücke nach Ägypten, die die arabische Halbinsel mit Afrika verbinden soll, sowie Ideen, Jordanien an die neue Wirtschaftszone anzubinden. Das wird jedenfalls mit Informationen auf der Website des Projekts angedeutet. Dort findet man auch die Aussage, dass Neom „der Vorbote der Zukunft der menschlichen Zivilisation“ sei, wo den Bewohnern ein „idyllischer Lebensstil geboten wird vor dem Hindergrund einer Gemeinschaft, die auf moderner Architektur, saftigen Grünflächen, Lebensqualität, Sicherheit und Technologie im Dienst der Menschheit begründet ist, gepaart mit exzellenten wirtschaftlichen Chancen“.
Das klingt hochtrabend und utopistisch. So ähnlich wie bei der Vorstellung des Projekts King Abdullah Economic City (KAEC) 2015 am Rande des Weltwirtschaftsforums in Jordanien. Die auf dem Reißbrett geplante Stadt, eine gute Fahrstunde nördlich von Dschidda am Roten Meer gelegen, war und ist gedacht als neuer Knotenpunkt für Handel und Logistik, als Konkurrenz zu Jebel Ali in Dubai, dem größten Handelshafen in der Region. Noch bleibt KAEC hinter den Erwartungen zurück, aber fünf große Wohnviertel, 6500 Apartments und Villen sowie ein Gewerbegebiet sind bereits fertiggestellt.
Blühende Landschaften in der Wüste soll es auch in Jordanien geben
Auch Jordanien arbeitet in dieser Region an einer Perspektive für die Zukunft, gleich vis-a-vis zum Neom-Projekt: In Akaba, einer Ferienregion am Roten Meer im Süden, nimmt die Immobilienentwicklung Ayla Form an. Auf einem 43 Quadratmeterkilometer großen Gebiet in der Wüste entsteht derzeit eine grüne Oase mit 17 Kilometern neuer Küstenlinie. Einige Einrichtungen des Großprojekts wurden bereits in Betrieb genommen, ließ das Herrscherhaus mitteilen.
Nach Abschluss einer 2008 begonnenen rund zwölfjährigen Bauzeit soll die Lagunenlandschaft Ayla zeitgenössische Wohnsiedlungen mit 3000 Wohneinheiten, Geschäfte, hochwertige Hotels mit 1700 Zimmern sowie Einkaufs-, Tagungs- und Erholungszentren inklusive weißer Sandstrände und öffentlicher Parks umfassen.
Die Ziele sind so ambitioniert wie beim Neom-Projekt: Ayla liegt in einer zollfreien Zone im Süden des Königreichs. Ziel des Projekts ist es, den Seehafen von Akaba in einen erstklassigen Wirtschaftsstandort zu verwandeln, um so die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt zu beschleunigen und lokale wie ausländische Investoren anzulocken. Hier wie dort müssen die blühenden Landschaften in der Wüste nun nur noch fertig werden.
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