zum Hauptinhalt
Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman hat offenbar wenig Scheu, Gepflogenheiten aufzugeben.
© Uncredited/Presidency Press Service/dpa

Saudi-Arabien: Der zockende Prinz

Viel Ehrgeiz, kaum politische Erfahrung: Der saudische Kronprinz Bin Salman versetzt mit einer Säuberungswelle sein Land in Aufruhr und legt sich mit dem Iran an - der prompt zurückdroht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Dr. Christian Böhme

Heute Prinz, morgen König. Es scheint, als folge Mohammed bin Salman genau dieser Devise. Mit allen Mitteln versucht der designierte saudische Thronfolger, seine ohnehin schon große Macht auszuweiten. Potenzielle Widersacher werden aus dem Weg geräumt. Selbst vor dem Königshaus macht MBS, wie er genannt wird, nicht halt.

Unter dem Vorwand des Anti-Korruptionskampfes wird Saudi-Arabien von einer beispiellosen Säuberungswelle erschüttert. Bin Salman will nicht nur tatsächliche oder vermeintliche Thronrivalen ausschalten, sondern auch sicherstellen, dass seine innen- wie außenpolitische Agenda nicht infrage gestellt wird. Doch das saudische Beben hat Folgen weit über die arabische Welt hinaus – weil bin Salman sich mit dem Iran anlegt. Das muss den Rest der Welt interessieren.

Wenn Saudi-Arabien jetzt dem Erzrivalen Iran militärische Aggression vorwirft, mag das zunächst kaum mehr sein als eine Drohkulisse. Aber im Nahen Osten kann ein Konflikt – zumal wenn er so aufgeladen ist wie der zwischen Saudis und Iranern – schnell aus dem Ruder laufen. Weil beide Seiten nichts mehr verstört, als zugunsten des Konkurrenten Einfluss zu verlieren.

Die aktuelle Krise im Libanon ist ein vielsagendes Beispiel. Der dortige Ministerpräsident Saad Hariri hat Amt und Land verlassen, weil er sich von der Schiitenmiliz Hisbollah bedroht fühlt.

Der Iran spielt in einer anderen Liga, das muss der Prinz lernen

Die wiederum gilt als Irans verlängerter Arm im kleinen Zedernstaat. Prompt poltern bin Salmans Gefolgsleute, man betrachte eine Regierung in Beirut ohne den Sunniten Hariri als eine vom Iran gelenkte, die Saudi-Arabien den Krieg erkläre. Teheran wiederum warnt das Königshaus in Riad, es solle Irans Möglichkeiten nicht unterschätzen. „Mächtigere Leute als ihr haben nichts gegen das iranische Volk ausrichten können“, lässt Staatschef Hassan Ruhani wissen. So schaukelt sich das Ganze hoch.

Dass der saudische Kronprinz klein beigibt, ist unwahrscheinlich. Der 32-Jährige hat kaum Erfahrung mit heiklen politischen Situationen. Bin Salman wirkt eher wie ein Zocker, der den Einsatz erhöht und am Ende mit leeren Händen dastehen könnte. Es gibt zwar keinen ernsthaften Zweifel, dass Teheran der Region in aggressiver Manier einen schiitischen Stempel aufdrücken will. Das muss Saudi-Arabien als selbsterklärte Schutzmacht der Sunniten alarmieren. Doch dem ehrgeizigen Kronprinzen ist es nicht einmal gelungen, das kleine Katar auf Linie zu bringen. Und der Iran spielt in einer ganz anderen Liga. Um die Führung in Teheran zu bremsen, braucht es mehr als Machthunger und Geltungsdrang.

Zur Startseite