zum Hauptinhalt
Kompaktes Bauen soll in Berlin viele Wohnungen auf den teuren Grundstücken schaffen.
© Daniel Naupold/dpa

Zuzug nach Berlin: Nachhaltiger Wohnungsbau statt Container

Immobilien- und Wohnungsunternehmen beraten über günstiges und gutes Bauen. Qualitativ gut, nicht schlicht, sollten die neuen Gebäude sein. Alles andere wäre nicht nachhaltig.

Wie kann Berlin als wachsende Stadt schnell, gut und günstig neue Wohnungen schaffen – sowohl für Flüchtlinge als auch für die anderen 40.000 Neu-Berliner, die jährlich in die Stadt ziehen? Das war das große Thema beim 5. Neubauforum des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen in Berlin, zu dem sich am Mittwoch Vertreter aus Politik und der Immobilienwirtschaft trafen. Die geplante Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau war ein weiterer Schwerpunkt.

Zwar sind derzeit 10.000 kommunale Wohnungen im Bau und der Senat plant, über die städtischen Wohnungsbaugesellschaften pro Jahr 6000 neue, vor allem preiswerte Wohnungen zu bauen. Aber das wird längst nicht ausreichen, um den Bedarf von rund 20.000 neuen Wohnungen pro Jahr zu decken.

„Etwa 200 Menschen ziehen pro Tag nach Berlin“, sagt Engelbert Lütke Daldrup, Staatssekretär für Bauen und Wohnen. „Wir werden viele neue Wohnungen benötigen. Wobei man nicht vergessen darf, dass über 50 Prozent der Berliner WBS-berechtigt sind. Eine große Herausforderung für die Stadt, bei der auch der private Sektor eine große Rolle spielen wird.“

Im Rahmen des Neubaubündnisses habe die Stadt daher mehr Stellen in den Bezirken geschaffen und schaffe jetzt 50 weitere, um Bauanträge schneller zu bearbeiten, so Lütke Daldrup. „Wir müssen die Fertigstellung von Bebauungsplänen schneller machen und zwischen dem traditionellen Bebauungsplan und den Sonderbebauungsplänen, die es bereits gibt, um etwa Flüchtlingsunterkünfte zu errichten, eine Expressvariante andenken. Baulandplanung muss innerhalb eines Jahres möglich sein. Dafür ist jetzt auch der Bund gefordert.“

Es könne zum Beispiel nicht sein, dass man aufgrund langwieriger Verfahren in Berlin zehn Jahre benötigt, um eine Schule zu bauen. Aber verkürzte Verfahren allein würden nicht reichen, mahnt Lütke Daldrup. „Wir brauchen eine Richtungsveränderung bezüglich der Kosten. Bauen darf nicht weiter verteuert werden.“

Kriterien der Steuerstundung für Neubauten unklar

Dabei mache ihm die drastische Preisentwicklung für Bauland mehr Sorgen als die jüngste Verschärfung der Energieeinsparverordnung. „Wir geben in Deutschland fünf Milliarden Euro aus für Energieeinsparmaßnahmen, aber nur eine Milliarde für den sozialen Wohnungsbau. Da müssen wir uns fragen, ob die Proportionen noch stimmen.“ Aber eine Antwort auf die Frage, wie Berlin den privaten Wohnungsbau fördern kann, hat er nicht parat. Die derzeit historisch niedrigen Zinsen allein werden als Anreiz nicht ausreichen.

Auch die von der Bundesregierung geplante Sonderabschreibung (Sonder-Afa) für Mietwohnungsneubau in Groß- und Universitätsstädten wird wohl kaum den gewünschten Effekt haben und deutschlandweit jährlich 400.000 neue Wohnungen hervorbringen.

Die geplante Sonder-Afa gleiche einer Steuerstundung von 35 Prozent in den ersten drei Jahren, erklärt Werner Verdenhalven, Partner bei der Trinavis Wirtschaftprüfgesellschaft. Die restlichen 65 Prozent verteilen sich auf die verbleibenden 50 Jahre im Abschreibungszeitraum. Allerdings sieht der Gesetzentwurf vor, dass maximal 2000 Euro pro Quadratmeter an Baukosten gefördert werden sollen.

Allerdings fällt ein Fallbeil bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten von 3000 Euro pro Quadratmeter. Übersteigen die Baukosten – ohne Grund und Boden – diese Marke, entfällt die Sonder-Afa. Das könne auch noch zehn Jahre später rückwirkend passieren, so Verdenhalven. Und da man im Baugewerbe nie vor plötzlichen Kostensteigerungen gefeit ist, werden sich Immobilienunternehmen zweimal überlegen, ob sie diese Förderung in Anspruch nehmen.

Neben dem Fallbeil sind auch weitere Kriterien noch unklar. Etwa wie der Nachweis erbracht werden soll, dass die Wohnungen mindestens zehn Jahre ununterbrochen als Mietwohnungen genutzt werden oder was bei einer Veräußerung durch den Bauherren passiert.

"Das Land braucht keinen Containerbau, sondern nachhaltigen Wohnungsbau"

Einig sind sich Politik und Wohnungswirtschaft, dass Flüchtlingswohnungen keine neue Assetklasse für Investoren sind. Es geht vielmehr um langfristig nutzbaren oder umnutzbaren Wohnraum, der in einer ersten Phase mit einer höheren Personendichte belegt, später aber umgerüstet werden kann als ganz normale Sozialwohnung.

„Qualitativ statt schlicht“, sagt Dietmar Walberg, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen und Herausgeber der Planungshilfe „Kieler Modell“ für Gemeinschaftsbauten. „Es macht keinen Sinn, technische Standards zu unterlaufen. Auch die EnEv sollte man einhalten“, sagt er. „Denn das Land braucht keinen Containerbau, sondern nachhaltigen Wohnungsbau.“

Obwohl Berlin jetzt in einem ersten Schritt genau diesen Weg geht und Containerdörfer errichtet, will die Stadt auch Wohnungen à la „Kieler Modell“ bauen. „Die Privatwirtschaft ist eingeladen, so viel zu bauen wie möglich“, sagt Ephraim Gothe, Landesweiter Koordinator Flüchtlingsmanagement.

„Wir bauen jetzt in der ersten Tranche selbst durch das Hochbauamt. In der zweiten Tranche sind kommunale Wohnungsbauunternehmen und Systemanbieter aus der Privatwirtschaft gefragt, schnell einfache Wohnungen zu schaffen. Später sollen sie durch den normalen Wohnungsbau ergänzt werden. Dabei dürfen keine Ghettos entstehen. Wir müssen alle helfen, Lösungen zu finden“, betont Gothe.

Zur Startseite