Berliner Sozialdemokraten: Warum entließ Senator Müller seinen Staatssekretär?
Die SPD versteht ihren einstigen Parteichef nicht: Aus heiterem Himmel der Bausenator seinen Staatssekretär Ephraim Gothe entlassen.
Die Sozialdemokraten sind immer noch ratlos, obwohl seit Dienstag jeder mit jedem telefonierte. Es steht die Frage im innerparteilichen Raum: Warum hat Stadtentwicklungssenator Michael Müller den Staatssekretär und Parteifreund Ephraim Gothe entlassen? Es war ein Paukenschlag – völlig untypisch für den stillen Müller, der auch in schwierigen Situationen geduldig und ausgleichend wirkt. Und selbst dann, wenn Müller wütend ist, macht er nicht gleich großen Krach.
Im SPD-Landesverband wird vermutet, dass die überraschende Auswechslung des Staatssekretärs für Bau- und Wohnungspolitik ein Befreiungsschlag Müllers sein könnte, um dem parteistrategisch wichtigen Thema auch personell neue Impulse zu geben. Sollte dies stimmen, habe Müller kräftig danebengehauen, hört man in SPD-Kreisen. Vor allem die Parteirechte um Christian Hanke, den langjähriger Bezirksbürgermeister von Mitte, ist sehr verärgert. In dessen Bezirksamt war Gothe, bis er als einziger Vertreter der SPD-Rechten Staatssekretär wurde, fünf Jahre Stadtrat für Stadtentwicklung.
Aber auch viele Genossen, die der linken Mehrheit im SPD-Landesverband angehören, sind höchst irritiert, dass der allseits beliebte und fachlich respektierte Gothe in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde. Offenbar ohne Rücksprache mit Partei, Fraktion und Senatskanzlei. Eine Entscheidung aus heiterem Himmel, von der SPD-Fraktionschef Raed Saleh und Landeschef Jan Stöß erst am späten Montagabend informiert wurden. Beide wollten sich dazu nicht äußern, denn es handele sich um eine „Einzelpersonalangelegenheit“ des Senats.
Gothes Nachfolger, Engelbert Lütke Daldrup, wird in der SPD zwar als kompetent, verwaltungserfahren und durchsetzungsfähig akzeptiert, aber es wird besorgt gefragt, ob der äußerst selbstbewusste Ex-Staatssekretär im Bundesbauministerium gegenüber Bürgern und Mieterverbänden den richtigen Ton treffen werde. Gothe habe dies gut gekonnt, er sei kommunikativ und umgänglich, da sind sich sozialdemokratische Fach- und Bezirkspolitiker einig.
Darüber hinaus wird in alle Richtungen spekuliert. Habe Müller dem amtsenthobenen Staatssekretär schon einen anderen lukrativen Job versprochen? Wolle er sich mit Lütke Daldrup besser gegen Finanzsenator Ulrich Nußbaum wappnen, der mit Müller eine Dauerfehde pflegt? Glaube der Senator, mit einem neuen Staatssekretär neuen Schwung in die teils schwergängige Bau- und Wohnungspolitik bringen zu können? Oder wolle der ehemalige SPD-Landeschef mit dem überraschenden Coup die eigene Partei wieder auf sich aufmerksam machen? Schließlich galt er bis 2012 als möglicher Amtsnachfolger Klaus Wowereits im Roten Rathaus. Was auch immer. Einen großen Gefallen, so heißt es, habe sich Müller mit seinem Alleingang nicht getan.
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