Studie zum Immobilienmarkt in Berlin: Jetzt werden auch schwierige Grundstücke bebaut
Projektentwicklerstudie: Der Wohnungsneubau erreicht in Berlin 2015 eine neue Spitze. Neue Wohnungen werden etwas kleiner und in der Vermietung etwas billiger. Der Trend geht in die Außenbezirke.
Der Wohnungsbau in Berlin wird sich in den nächsten Jahren an den Stadtrand und ins Umland verlagern. „Der Trend geht in die Außenbezirke“, sagt André Adami, Berliner Niederlassungsleiter des Beratungsunternehmens Bulwiengesa. Nach seiner Überzeugung führt vor dem Hintergrund der stark wachsenden Einwohnerzahl kein Weg daran vorbei, auch in Hellersdorf und Marzahn, in Reinickendorf und der Wasserstadt Spandau Wohnungen zu bauen.
Gordon Gorski, Geschäftsführer von Hochtief Projektentwicklung, sieht darüber hinaus das Umland wieder im Kommen: Weil das Wohnen im Stadtzentrum immer teurer werde, würden „perspektivisch“ – also in einem Zeitraum von zehn Jahren – die Gemeinden rund um Berlin für Projektentwickler, die Wohnungen errichten, an Bedeutung gewinnen.
Grundlage dieser Einschätzungen ist die neue Studie „Der Immobilienmarkt in Berlin“, die Bulwiengesa im Auftrag von Hochtief Projektentwicklung erarbeitet hat. Die auch als Projektentwicklerstudie bekannte Untersuchung, die seit 2007 jährlich durchgeführt wird, zeichnet das Bild eines anhaltenden Booms auf dem Berliner Immobilienmarkt.
Im Einzelhandel ist eine gewisse Sättigung eingetreten
Noch nie seit Beginn der Erhebungen entstanden in Berlin so viele Wohnungen, Büros und Hotels wie 2015. Das so genannte Projektentwicklungsvolumen legte gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent auf sieben Millionen Quadratmeter zu. Diese Zahl erfasst Projekte mit einer Mindestgröße von tausend Quadratmetern, die entweder in Bau sind, seit 2012 fertig gestellt wurden oder voraussichtlich bis 2019 abgeschlossen sein werden.
„Das Wohnen steht dabei stark im Vordergrund“, stellt Adami fest. 72 Prozent des Projektentwicklungsvolumens entfallen auf Wohngebäude, während Bürogebäude (21 Prozent) und Hotels (sieben Prozent) einen deutlich geringeren Anteil haben. Nicht einbezogen wurden in diesem Jahr Einkaufszentren und andere Einzelhandelsimmobilien. In diesem Bereich, so die Begründung von Adami, sei nach dem Boom der vergangenen Jahre eine gewisse Sättigung eingetreten.
Ganz anders beim Wohnen: „Die hohe Nachfrage, sowohl auf der Mieter- als auch auf der Investorenseite, schafft ein anhaltend günstiges Umfeld“, sagt Projektentwickler Gordon Gorski. Noch konzentriert sich das Baugeschehen dabei auf das Stadtzentrum, wobei im Verhältnis zur Einwohnerzahl Mitte ganz vorne liegt.
Städtische Gesellschaften haben fast 10.000 Wohnungen im Bau oder in der Planung
Das allerdings wird sich nach Einschätzung Adamis nicht zuletzt deshalb ändern, weil Wohnungsbaugenossenschaften und städtische Wohnungsbaugesellschaften eine immer aktivere Rolle beim Wohnungsbau spielen werden. Sie könnten beim Bieterwettkampf um die teuren innerstädtischen Grundstücke nicht mithalten und errichteten deshalb vor allem außerhalb des S-Bahn-Rings Wohnungen, sagt Adami.
Erstmals überhaupt hat Bulwiengesa auch die Entwicklertätigkeit dieser nicht profitorientierten Bestandshalter untersucht und in der Studie separat ausgewiesen. Demnach haben die städtischen Wohnungsbaugesellschaften derzeit fast 10.000 Wohnungen im Bau oder konkret in der Planung.
Eine erste Folge dieses Engagements ist bereits festzustellen: Weil die landeseigenen Gesellschaften bei den Mietforderungen zurückhaltender sind und zudem auch geförderte Wohnungen mit einer Anfangsmiete von 6,50 Euro pro Quadratmeter errichten, werden die Neubauwohnungen im Mittel günstiger.
In Zahlen: Während die Durchschnittsmiete von bereits fertig gestellten Neubauwohnungen nach den Berechnungen von Bulwiengesa 11,31 Euro pro Quadratmeter beträgt, sind es bei den in Bau oder Planung befindlichen „nur“ 10,78 Euro pro Quadratmeter.
Neue Eigentumswohnungen kosten im Schnitt 4000 Euro pro Quadratmeter
Die Spitzenmiete erreicht laut Bulwiengesa in diesem Jahr 15,90 Euro pro Quadratmeter, während neu errichtete Eigentumswohnungen in der Spitze 7800 Euro und im Durchschnitt 4000 Euro pro Quadratmeter kosten. Der Spitzenpreis deckt dabei die obersten drei bis fünf Prozent des Marktes ab. Grundsätzlich werde die Nachfrage nach Wohnungen auch in Zukunft groß sein, sind die Experten überzeugt.
Allerdings, gibt André Adami zu bedenken, kämen nun viele Mietwohnungen im Preissegment von um die zehn Euro pro Quadratmeter auf den Markt, so dass die Vermietung in diesem Segment möglicherweise länger dauern werde.
Dass die städtischen Wohnungsbaugesellschaften wieder im Neubau aktiv sind, wirkt sich noch in einem zweiten Punkt aus: Die Wohnungen werden kleiner. Denn die Neubauwohnungen von Gesobau, Degewo und Co. sind im Durchschnitt 71 Quadratmeter groß und damit zwölf Quadratmeter kleiner als die von Privatunternehmen entwickelten Einheiten.
"Es sind Grundstücke in der Entwicklung, die man vor fünf Jahren nicht mit der Zange angefasst hätte."
Wie groß der Immobilienboom in der Hauptstadt ist, zeigt sich laut Adami auch daran, dass „heute Grundstücke in der Entwicklung sind, die man vor fünf Jahren nicht mit der Zange angefasst hätte“ – etwa, weil sie stark lärmbelastet sind. Weil der Bau von Wohnungen so lohnend sei, kämen Unternehmen, die Bürogebäude bauen wollten, beim Grundstückskauf meist nicht zum Zuge, bedauert der Bulwiengesa-Experte. „Dabei ist die Nachfrage so groß, dass man eigentlich viele neue Büros bauen sollte.“
In Wirklichkeit aber legte das Projektentwicklungsvolumen im Bürobereich in den letzten zwölf Monaten nur um 5,6 Prozent zu.
Eine Konkurrenz zu Bürogebäuden stellen aber auch Hotels dar. So errichtet Hochtief Projektentwicklung bis Ende 2016 am Petriplatz in Mitte ein Hotel, das ursprünglich als Bürogebäude geplant war. Der Grund dafür, dass immer neue Hotelbetreiber und -investoren den Weg an die Spree finden, liegt – wen wundert´s – im anhaltenden Touristenboom.
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