Einkaufszentren: Ist die Zeit der Shoppingcenter vorbei?
Berlin hat noch Platz für große Einkaufszentren, neue Malls werden aber künftig kaum noch gebaut. In Nebenlagen wird gegen den Onlinehandel gekämpft.
Die deutschen Innenstädte geraten durch den Internethandel immer stärker unter Druck. Besonders leiden dem Handelsverband Deutschland (HDE) zufolge Kleidungsgeschäfte darunter, dass immer weniger Kunden zum Shoppen in die Einkaufsstraßen kommen. Der Umsatz im Internet wuchs HDE-Berechnungen zufolge im Vergleich zu 2016 um elf Prozent.
So ist es nicht erstaunlich, dass in Deutschland weniger neue Shoppingcenter eröffnet werden als noch vor einigen Jahren. Nachdem in den vergangenen zwei Jahrzehnten durchschnittlich jedes Jahr mehr als zehn derartige Einkaufparadiese eingeweiht wurden, hätten 2016 bundesweit nur noch drei neue Shoppingcenter eröffnet, berichtete das Kölner Handelsforschungsinstitut EHI in dieser Woche. Auch für das laufende Jahr rechnet das Institut mit maximal vier Neueröffnungen. Insgesamt verfügen die 479 Shoppingcenter in Deutschland laut dem Institut über eine Gesamtfläche von 15,4 Millionen Quadratmetern.
Berlin braucht mehr Einzelhandel
Der Markt trete von einer Boom- in eine Reifephase ein. Da es bereits eine hohe Dichte an Einkaufszentren gebe, habe sich das Wachstum sehr verlangsamt. Es sei zu erwarten, dass künftig die Revitalisierung der bestehenden 479 Center eine größere Rolle spiele als Neubauten, so die Erkenntnisse des Instituts.
„Wenn ein Shoppingcenter heute Konsumenten anlocken möchte, geht das nur mit einer Profilierung über Aufenthaltsqualität und Mietermix – das bedeutet also mehr Aufwand bei mehr Wettbewerb“, betonte EHI-Experte Marco Atzberger in einer Stellungnahme.
Andreas Malich, der seit 2007 den Bereich Retail Agency East beim weltweit tätigen Gewerbeimmobiliendienstleister CBRE in Berlin verantwortet, bestätigt den Trend. Es gebe wenige weitere Center-Entwicklungen, aber immer noch neue Handels- und Freizeitagglomerationen wie zum Beispiel bei der East Side Mall, der Mall of Ku’damm, der Schultheiss-Brauerei oder Volt. Die Frage, ob Berlin zu viele Shoppingcenter habe, verneint Malich und weist auf den Zuzug von rund 100 000 Neu-Berlinern innerhalb von zwei Jahren und die steigenden Touristenzahlen hin. „Wo neue Wohngebiete entstehen, braucht Berlin mehr Einzelhandel“, sagt er. Allerdings verzeichnet CBRE wenige Nachfrager nach Großflächen. Gastronomiekonzepte seien auf dem Vormarsch, sagt Malich.
Der Hackesche Markt ist besonders beliebt
In den Nebenlagen sehen die CBRE-Marktforscher einen Rückgang der internationalen und nationalen Marken; Stadtteillagen wie die Müllerstraße in Wedding oder der Tempelhofer Damm stagnieren oder verlieren an Bedeutung. Dagegen entwickelt sich der Hackesche Markt immer mehr zu einer Premiumlage. Als Top-Miete am Tauentzien nennt Malich 330 Euro pro Quadratmeter, am Kudamm werden inzwischen bis zu 260 Euro pro Quadratmeter erzielt.
Lagen wie die Friedrichstraße oder der Alexanderplatz verzeichnen stabile Mieten mit bis zu 200 Euro pro Quadratmeter. Wo die Lagen nicht 1A sind, erwarten die Händler Incentives: Baukostenzuschüsse, mietfreie Zeiten, kürzere Vertragslaufzeiten. „Einige wollen zwei oder drei, andere vier oder fünf Optionen“, sagt Malich zum Ausblick für 2017. Weil vielerorts die Mieten sinken, rät Malich zur „Inszenierung von Kauferlebnissen“. So etwas könne der Onlinehandel eben nicht bieten.
Outlets könnten dem Onlinehandel Konkurrenz machen
Der Berliner Statthalter von CBRE spricht da wie der Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts EHI. Es sieht im Kampf gegen sinkende Umsätze in stationären Geschäften durch den Onlinehandel das Outlet-Center als Ausweg: „Wir sehen da einen Boom“, sagt Marco Atzberger von EHI. Die Schnäppchenparadiese seien eine Trumpfkarte, meint der Verband.
Angesichts zurückgehender Einnahmen in vielen Innenstädten wecken Fabrikverkaufszentren Hoffnungen auf neue Arbeitsplätze und Umsätze auch über die Stadtgrenzen hinaus – und damit auf steigende Steuereinnahmen. Die noch bis vor Jahren vorherrschenden Sorgen um die Innenstädte gehörten in den Kommunen der Vergangenheit an, sagt Atzberger.
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