Bund und Land Berlin noch nicht einig: Grund und Boden der „Einheitswippe“ in der Schwebe
Der Preis für die Grundstücksfläche ist noch unbestimmt, eine neue Diskussion über den Standort wird angestimmt.
Das Projekt „Einheitswippe“ hängt weiterhin in der Luft. Die Fragezeichen, ob das Einheits- und Freiheitsdenkmal vor dem Berliner Humboldt-Forum wohl rechtzeitig zum 30. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November 2019 fertig und an diesem bisher geplanten Standort Platz finden wird, werden größer: Aus der Antwort der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien auf eine schriftliche Anfrage des Bundestagsabgeordneten Hartmut Ebbing (FDP) geht hervor, dass Bund und Land sich noch nicht auf einen Verkaufspreis für den Grund und Boden geeinigt haben – möglicherweise auch deshalb nicht, weil es hinter den Kulissen neue Diskussionen über den Standort gibt.
Anfang April hatte eine Sprecherin der Berliner Finanzverwaltung noch mitgeteilt, dass sich Vertreter der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) am 11. April für das 3.000 Quadratmeter große Grundstück auf eine Summe verständigt hätten. Der Tagesspiegel schrieb über den Deal zwei Tage später und berichtete über einen Betrag von weniger als einer Million Euro. Dem ist aber nicht so, sagte nun ein Sprecher der BImA auf Anfrage. Das Wertermittlungsverfahren sei „noch nicht abgeschlossen“.
Jahrelanges Hin und Her um die "Wippe"
Als Standort des Denkmals in Form einer überdimensionalen und begehbaren Schale war der denkmalgeschützte Sockel des 1950 durch die DDR-Führung abgerissenen Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals auf der Berliner Schloßfreiheit vorgesehen. Hier standen Kolonnaden, die architektonisch auf das Berliner Schloss abgestimmt waren. Der Entwurf „Bürger in Bewegung“ stammt vom Stuttgarter Büro Milla & Partner und Sasha Waltz. Die Schale soll sich durch Interaktion der Besucher langsam neigen.
Schützenswerte Fledermäuse und der Fund historischer Mosaiken und Gewölbe verzögerten das Projekt am Spreekanal 2013. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages intervenierte 2016 und empfahl einen Stopp wegen zu hoher Kosten. Die Rede war von einem Anstieg von 10 auf 15 Millionen Euro. Gleichwohl bekräftigte der Deutsche Bundestag Anfang Juni 2017 erneut mit großer Mehrheit den Bau des Einheitsdenkmals – nach dem 2011 gekürten Siegerentwurf.
Über den Standort gab und gibt es immer wieder Kontroversen. Ob der Platz vor einer rekonstruierten Fassade eines alten Hohenzollernschlosses zum Aufstellen eines modernen Kunstwerkes denn der richtige sei, so wurde gefragt. Andere – wie Aktivisten um die Vorsitzende des Vereins Berliner Historische Mitte, Annette Ahme – sähen die Wippe lieber im Regierungsviertel, zwischen Kanzleramt und Paul-Löbe-Haus. Sie sind für eine historische Anmutung vor dem Schloss.
Ob der Standort – über eine Preisdiskussion – nun noch einmal infrage gestellt wird, geht aus der Antwort der Berliner CDU-Politikerin Monika Grütters, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin, auf die Anfrage des FDP-Abgeordneten nicht hervor. Sie schreibt unter dem Datum des 7. Mai in ihrer Antwort auf die Frage nach dem Preis des Grundstücks „auf der Schlossfreiheit vor dem Westportal“, aber sybillinisch: „Der Bund und das Land Berlin haben sich am 11.04.2018 über die Parameter der Wertermittlung für das Grundstück geeinigt. Für die Grundstücksfläche, die „im Entwicklungsgebiet Hauptstadt Berlin, Parlaments- und Regierungsviertel“ vom 17.06.1993 liegt, ist danach der sog. Anfangswert in Höhe des entwicklungsunbeeinflussten Bodenwerts zugrunde zu legen. Da dieser Wert zunächst zu ermitteln ist, wurde ein konkreter Preis bislang nicht vereinbart.“
Bund und Land widersprechen sich
Die Pressestelle des Berliner Finanzsenators Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) geht auf Anfrage nach wie vor davon aus, dass das Grundstücksgeschäft mit Blick auf den Preis ausverhandelt ist und der Standort nicht zur Disposition gestellt wird.
Fragesteller Hartmut Ebbing sieht das ganz anders. Er möchte den Standort Platz der Republik geprüft sehen, „da es sich um eine themengerechte Lage für das Einheits- und Freiheitsdenkmal handelt“. Weiter sagte Ebbing auf Anfrage: „Die Kosten belaufen sich bereits jetzt auf fast das Doppelte der anfänglich geplanten 10 Millionen Euro und darin ist der Preis für das noch zu erwerbende Grundstück noch gar nicht enthalten. Der Haushaltsausschuss muss dem Projekt Einheitsdenkmal in seiner aktuellen Form erneut den Riegel vorschieben und somit eine breitere Diskussion über den Standort des Einheitsdenkmals ermöglichen.“
BImA-Sprecher Thorsten Grützner vermeidet es, in seiner Antwort auf die Tagesspiegel-Anfrage nach dem Vorgang den genauen Standort zu benennen. Er schreibt: „Am 11. April 2018 haben sich die Senatsverwaltung für Finanzen des Landes Berlin und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben über die grundsätzlichen Parameter verständigt, die bei der Wertermittlung des Grundstücks Anwendung finden, das für das Einheitsdenkmal benötigt wird.“ Nach der Wertermittlung sei „geplant, das Grundstück zu den dann feststehenden Konditionen zu erwerben“.