Denkmal für die Deutsche Einheit: Der Streit um die Einheitswippe ist nur noch peinlich
Die Einheitswippe sollte eigentlich vor dem Humboldt-Forum stehen. Doch ständig tauchen neue Vorschläge für den Standort auf. Das beschädigt das ganze Projekt. Ein Kommentar.
Deutschland tut sich schwer mit der Vollendung der deutschen Einheit. Wie kann da ein Projekt wie das Bürgerdenkmal zur Erinnerung an die friedliche Revolution innerhalb von zwanzig Jahren gewuppt werden? Aktuell scheint es, als werde das Projekt an die Kette gelegt. Nichts kommt in Schwung.
Wer das baubehördliche Genehmigungsgetriebe in Berlin und die Vorlaufzeiten im Baugewerbe kennt, muss Zweifel haben, dass das Denkmal am 9. November 2019 tatsächlich fertiggestellt ist, pünktlich zum 30. Jahrestag des Mauerfalls. Seit 1998 geht es um die Errichtung eines Freiheits- und Einheitsdenkmals zur Erinnerung an die friedliche Revolution von 1989.
Zwanzig Jahre ist es her, seit Florian Mausbach, Günter Nooke, Jürgen Engert und Lothar de Maizière an die damalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, Bundeskanzler Helmut Kohl, den Bundesratsvorsitzenden Gerhard Schröder und den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen einen Brief schrieben. Ihr Vorschlag: Mit einem „Bürgerdenkmal“ solle gewürdigt werden, was den Mauerfall ausmachte: Mut und Freude.
Ein passender Entwurf wurde 2011 nach einem im Sommer 2009 ausgerufenen zweiten Wettbewerb endlich gefunden. Das Büro Milla & Partner und die Choreographin Sasha Waltz hatten sich eine begehbare Schale ausgedacht.
Sie soll sich unter dem Titel „Bürger in Bewegung“ von einer Seite auf die andere bewegen können. So weit und so ideell durchdrungen der Siegerentwurf, der längst den Spitznamen „Einheitswippe“ verpasst bekam.
Der Bundestag fasste zunächst mit breiter Mehrheit den – nicht bindenden – Beschluss, das Freiheits- und Einheitsdenkmal auf dem Sockel des Kaiser-Wilhelm- Denkmals auf der Berliner Schlossfreiheit zu errichten. Vor dem wiedererbauten Stadtschloss soll es eigentlich entstehen, auf einem rund 3000 Quadratmeter großen Grundstück.
Der genaue Standort war immer wieder Gegenstand großen Hin und Hers. Mittlerweile ist die Debatte nur noch peinlich. Der FDP-Bundestagabgeordnete Hartmut Ebbing stellt sich die Schale aktuell vor dem Reichstag vor; eine Gruppe um die Vorsitzende des Vereins Berliner Historische Mitte, Annette Ahme, demonstrierte vor einem Jahr monatelang gegen den Standort am Spreekanal und favorisiert einen Platz zwischen Bundeskanzleramt und Paul-Löbe-Haus.
Wäre es nicht so traurig und dem Anlass des Denkmals so unangemessen, könnte man sich vorstellen, die noch mit Rollen zu versehene „Einheitswippe“ mal hier-, mal dorthin zu schieben. In Leipzig würde man sicher auch schöne Plätze dafür finden.