Neubauprojekt am Checkpoint Charlie: "Eine Bebauung wie in der Vorkriegszeit"
Architekt Stephan Braunfels hat für den Checkpoint Charlie zwei "tanzende" Türme entworfen. Sein Plan belebt die Berliner Hochhausdebatte.
Stephan Braunfels hat hier gleich um die Ecke sein Berliner Büro. Und ärgert sich. Denn unweit des ehemaligen Sektorenübergangs am Checkpoint Charlie will die Investment- und Projektentwicklungsgesellschaft Trockland drei Wohnhäuser, sechs Reihenhäuser sowie ein weiteres Gebäude mit Wohn- und Gewerbenutzung entwickeln. „Charlie Living“ ist eines von drei Bauprojekten, die Trockland am Checkpoint Charlie realisieren will. Und was die Architekten von Graft hier für Trockland gezeichnet haben, ist Braunfels in jeder Hinsicht zu flach.
„Ist es richtig, hier – an der berühmtesten Grenzstelle der Berliner Todesmauer, am geschichtsträchtigsten Ost-West-Übergang der Welt – eine Bebauung wie in der Vorkriegszeit – mit ,Berliner Traufhöhe’ (und Graft-vollem Chic) abzuliefern?!“, schreibt der Architekt in einer Mitteilung an den Tagesspiegel.
Wenig Aussichten auf Umsetzung
Braunfels, der – unter vielem anderen – zwei spektakulär-kühle Gebäude für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in Berlin entwarf (und zuletzt die Erweiterung des Marie-Elisabeth-Lüders-Haus an der Luisenstraße hinwarf), gibt der Berliner Hochhausdebatte neuen Auftrieb. Er möchte am Checkpoint Charlie seinen Entwurf realisiert sehen. Für eine Umsetzung der Entwürfe mit zwei „tanzenden“ Türmen gibt es wenig Aussichten.
Oder doch? Immerhin hatte Trockland bereits im Dezember den Erwerb von zwei weiteren Grundstücken direkt am Checkpoint angekündigt, auf denen das Unternehmen ein neues Ensemble mit Hotel, Wohnungen, Geschäften, Büros und einem Museum bauen will. Aber müssen dafür gleich Braunfels „Tanzende Türme“ her, die einen bekannten Berliner Architekturkritiker an „bauchtanzende Blutegel“ erinnern?
„Zwei Türme drehen sich schwungvoll aufeinander zu – der eine im Nord-Osten, der andere im Süd-Westen der ehemaligen Grenzschranken,“ schreibt Braunfels in seinem mit klaren Hauptsätzen gespickten Bewerbungsschreiben auf einer DIN A 4-Seite: „Das ist ein Symbol das jeder sofort versteht – und liebt...“. Ob man diese Türme lieben kann oder eher hassen sollte, so zeigen sie doch eines: Berlin hat – vom Alexanderplatz einmal abgesehen – keinen Plan. Keinen Entwicklungsplan für Hochhäuser.
"Ein Tor zwischen Ost und West"
Und so kann man Braunfels durchaus folgen, wenn er beklagt, dass „an diesem legendären Ort“ nurmehr und einmal mehr eine Planung gemäß Bauparagraf 34 gemacht werden soll – um mehrjährige Bebauungsplanverfahren zu vermeiden. Paragraf 34 regelt die „Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile“. Den geschichtlichen Zusammenhang eines Ortes wie „Checkpoint Charlie“, eines Ortes der Teilung, regelt dieser Paragraf natürlich nicht.
Und ob Braunfels Entwurf dazu in der Lage ist, darf ebenfalls zumindest angezweifelt werden: Mit Todesstreifen, amerikanischen und russischen Grenzsoldaten, mit DDR-Grenzabfertigungsanlagen, Flucht und Berliner Mauer haben seine „Tanzenden Türme“ wenig zu tun – mehr schon mit dem verblüffend ähnlichen Braunfels-Entwurf für den Park Santa Lucía in Monterrey, Mexico. „Ein Tor zwischen Ost und West, zwischen den Jahrzehnte getrennten Hälften Berlins“ – diesem Braunfels-Wunsch muss man sich indes am Checkpoint Charlie nicht zwingend verweigern.
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