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Umzug in die Kleinstadt? Nicht nur die Güterlok "Johanna", auch die Regionalbahn hält in Jüterbog.
© imago

Wohnungsmarkt: Berliner, auf nach Erkner und nach Jüterbog!

In Brandenburg lässt es sich leben, findet der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) – und plädiert für den Umzug ins Umland.

Während in Berlin Wohnraum immer knapper und teurer wird, stehen in nicht weit entfernten brandenburgischen Städten zahlreiche Wohnungen leer. Diese Diskrepanz verlange ein neues Denken, sagt Maren Kern, Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU): „Wir brauchen mehr Vernetzung“, fordert die Chefin des Verbands, der die Vermieter von 1,1 Millionen Wohnungen in Berlin und Brandenburg vertritt. „Denn Brandenburgs Städte bieten hohe Wohnqualität zu günstigen Mieten.“

Hintergrund der Forderung sind die Zahlen aus dem jüngsten Marktmonitor des BBU. Demnach sind die Mieten, die Eigentümer in Inseraten verlangen, in Berlin zwischen 2009 und 2013 um 39 Prozent auf 8,52 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Die Mieten, die die Mitgliedsunternehmen des BBU – darunter die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und die Genossenschaften – berechnen, sind mit 5,97 Euro pro Quadratmeter für neue Mietverträge zwar deutlich moderater, liegen aber trotzdem erheblich über den Werten in vielen brandenburgischen Kleinstädten. So konnten zum Beispiel die BBU-Mitglieder in Jüterbog beim Abschluss neuer Verträge eine Miete von lediglich 4,33 Euro pro Quadratmeter durchsetzen, während es in Erkner 4,99 und in Werder (Havel) 5,35 Euro pro Quadratmeter waren.

Dabei ist Erkner an das S-Bahn-Netz angeschlossen, und Jüterbog und Werder sind mit der Regionalbahn gut erreichbar. Viele brandenburgische Kleinstädte seien hervorragend an den öffentlichen Verkehr angebunden, böten eine gute Infrastruktur und sanierte Wohnungen, argumentiert Kern. „Das macht sie beispielsweise für junge Familien interessant, deren Kinder hier gute Entwicklungsmöglichkeiten finden.“ Das habe gar nichts mit Verdrängung zu tun, findet sie.

"Wir müssen uns auf die Regionen konzentrieren"

Ähnliche Überlegungen gibt es auch in anderen Teilen Deutschlands. In Rheinland-Pfalz beispielsweise hat eine Studie des Beratungsunternehmens Empirica gezeigt, dass der Wohnungsmarkt, ähnlich wie in Berlin-Brandenburg, äußerst gespalten ist: Einigen wenigen Wachstumskernen wie Trier, Mainz und Speyer stehen Landkreise mit hohem Wohnungsleerstand gegenüber. „Wir müssen uns wieder mehr auf die Regionen konzentrieren, wenn wir die Wohnnachfrage dauerhaft befriedigen wollen“, fordert deshalb Rudolf Ridinger, Vorstand des Verbandes der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft. Er spricht sich dafür aus, die Mittelzentren zu stärken und so die Konzentration der Wohnungsnachfrage auf die Ballungszentren zu entzerren.

Auch in der Hauptstadtregion ist nach Ansicht von Maren Kern noch einiges zu tun, damit die brandenburgischen Kleinstädte für Berliner attraktiv werden. So fordert die Verbandschefin ein „offensiveres und professionelleres Stadtmarketing“ der brandenburgischen Kommunen. Zudem müssten Bahnstrecken ausgebaut werden und die Züge öfter fahren. Berlin-Brandenburg müsse sich noch stärker als bisher als einheitlicher Wirtschafts- und Entwicklungsraum verstehen.

Berliner mögen's gern weiträumig

Doch möglicherweise ist die Not in Berlin trotz gestiegener Mieten noch nicht groß genug, damit die Menschen bei der Wohnungssuche das Umland berücksichtigen. Das legt jedenfalls ein Metropolenvergleich nahe, den der BBU vom Beratungsunternehmen Regiokontext erstellen ließ. Demnach sind die Ansprüche an die Wohnfläche in der Hauptstadtregion deutlich höher als in Hamburg, München und Köln. Menschen, die in Berlin eine Wohnung suchen, wünschen sich nämlich durchschnittlich mindestens 64 Quadratmeter Wohnfläche, in Potsdam sogar 65 Quadratmeter. Im – wesentlich teureren – München sind es hingegen nur rund 60 Quadratmeter. Grundlage dieser Zahlen sind Wohnungsgesuche auf dem Portal Immobilienscout24.

Verblüffend ist, dass die gewünschte Wohnfläche zwischen 2010 und 2013 – also zu einer Zeit stark steigender Mieten – in Berlin sogar zugenommen hat. „Dass in Berlin und Potsdam größere Wohnungen nachgefragt werden, sehen wir vor allem als Folge der hier vergleichsweise günstigeren Mieten“, erklärt Kern. „Sie verleiten zu einem höheren Wohnflächenverbrauch, vor allem seitens der Zuziehenden.“ Diese seien nämlich oft an weit höhere Quadratmetermieten gewöhnt.

Dass in Berlin auf vergleichsweise großem Fuß gelebt wird, bestätigt eine Auswertung des Immobilienportals Immonet. Wohnungen, die 2013 inseriert wurden, waren demnach in Berlin durchschnittlich 82 Quadratmeter groß, während es im bundesweiten Durchschnitt 80 Quadratmeter waren. Allerdings sind diese Angaben – wie alle Daten, die auf der Auswertung von Internetangeboten basieren – mit Vorsicht zu beurteilen, da in angespannten Märkten viele Vermieter vor allem günstige, kleinere Wohnungen gar nicht mehr inserieren, da sich dafür frühzeitig Interessenten gemeldet haben.

Auch die Autoren des BBU-Metropolenvergleichs bezeichnen es als „auffällig“, dass die Mindestgröße der Wohnungen bei denjenigen Gesuchen gestiegen ist, die keine Obergrenze für die Nettokaltmiete angegeben haben. Dies lege den Schluss nahe, „dass es sich bei dieser Gruppe vermutlich um eher unverbindlich Suchende handelt“.

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