Villa Calé: Anfassen verboten
Seit Jahren verfiel die Villa Calé in Zehlendorf. Nun hat die Botschaft von Katar den Startschuss für die Sanierung gegeben. Auch der blanke Busen der steinernen Nackten darf bleiben.
Der Putz bröckelte, der Garten verwilderte und die Fenstergitter rosteten unaufhaltsam vor sich hin. Seit Jahren verfiel die Villa Calé in Zehlendorf. Und das, obwohl der Besitzer – die Botschaft von Katar – alles andere als Geldsorgen hat. Auf Unmut stieß bei den Vertretern des Eigentümers des streng muslimischen Golf-Emirats offenbar eine steinerne Nackte, die lebenslanges Wohnrecht in der Villa genießt. Nun hat die Botschaft eingelenkt und den Startschuss für die Sanierung der Villa gegeben.
Der Stein des Anstoßes muss allerdings erhalten bleiben. Die Frauenfiguren auf dem Giebel des Hauses stehen unter Denkmalschutz und dürfen nicht verändert oder entfernt werden. Auch wenn die Skulpturen das religiöse Empfinden des Eigentümers stören. Den offiziellen Auftrag zur Sanierung der Villa erhielt die Porr Deutschland GmbH.
Die Villa wurde von 1904 bis 1907 für den Verleger Franz Calé gebaut. Rund zwei Millionen Goldmark kostete der Bau des Luxusdomizils damals. Während der Inflation 1923 fiel das Haus dann an den Staat und wurde in der NS-Zeit als Marinekriegsakademie genutzt. Nach Kriegsende betrieben die Amerikaner hier einen ihrer Klubs für „German Youth Activities“. Später folgte das Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht.
Das Interesse Katars an der deutschen Kultur sei groß
Für mehrere Millionen Euro kaufte der Staat Katar 1997 die Villa in der Schützallee / Ecke Riemeisterstraße in Zehlendorf. Das neoklassizistische Gebäude sollte eigentlich als Sitz der diplomatischen Vertretung dienen. Doch die Katarer entschieden sich lieber für einen Neubau am Roseneck im Grunewald – vermutlich wegen der vermeintlich anzüglichen Skulpturen an der Fassade. Jetzt soll die Sanierung der Villa endlich in Angriff genommen werden.
„Das Interesse des Staates Katar an der deutschen Kultur ist groß, und wir nehmen das Deutsch-Katarische Kulturjahr 2017 zum Anlass, die historische Villa stilgerecht wiederherzustellen“, teilte der katarische Botschafter Abdulrahman bin Mohammed al Khulaifi mit. „Wir freuen uns, unser Versprechen einzulösen und den Berlinern ein Stück Kulturerbe zurückzugeben.“
Udo Sauter, Geschäftsführer der Porr Deutschland GmbH, versichert, dass „behutsam“ saniert werde. „Es ist eine sehr seltene und besondere Aufgabe, einer der schönsten Villen Berlins wieder zum alten Glanz zu verhelfen“, sagt Sauter. Es werde eng mit dem Landesdenkmalamt zusammengearbeitet. Sobald die Baugenehmigung vorliege, sollen die ersten Arbeiten an der Fassade beginnen. Auf den rund 1200 Quadratmetern sollen künftig Veranstaltungen und Konferenzen stattfinden. In einem anderen Trakt werden die Gäste untergebracht. Ob und wann auch die Sulpturen saniert werden, ist noch nicht klar. Spätestens Ende 2016 soll die Villa bezugsfertig sein.
Tanja Tricarico