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Ein Bild aus diesen Tagen. Seit über einem Jahr kontrolliert 24 Stunden lang ein Wachschutz, ob Unbefugte auf das Gelände und ins Haus wollen.
© Thilo Rückeis

Katar und der Zerfall der Villa Calé in Zehlendorf: "Unerträgliche Arroganz"

Die Villa Calé in Zehlendorf steht seit 17 Jahren leer und zerfällt - angeblich wegen barbusiger Figuren, die den Eigentümer des Hauses, das Land Katar, stören. Dem Bezirk sind die Hände gebunden, und die Anwohner verärgert. Einer von ihnen ist unser Leser Jochen Stoehr.

Noch immer gibt es keine Lösung für die weitere Nutzung der Villa Calé in der Schützallee/ Ecke Riemeister Straße. Der Zehlendorf Blog des Tagesspiegels berichtete bereits vor einem Jahr über den Verfall des denkmalgeschützten historischen Gebäudes, das der Wüstenstaat Katar 1997 zusammen mit dem dazugehörigen 3000 Quadratmeter großen Grundstück erwarb. Ursprünglich sollte in die Villa die Botschaft des Emirates Katar einziehen - doch dazu kam es nie.

Sie sind offensichtlich das Problem: Die Putten und Büsten am Dach stehen unter Denkmalschutz, das Land Qatar hat aber nach Informationen des Zehlendorf Blogs ein Problem mit den barbusigen Figuren
Sie sind offensichtlich das Problem: Die Putten und Büsten am Dach stehen unter Denkmalschutz, das Land Qatar hat aber nach Informationen des Zehlendorf Blogs ein Problem mit den barbusigen Figuren.
© Thilo Rückeis

Grund sind offenbar die barbusigen Putten an der Fassade des Gebäudes, die sich nicht mit dem islamischen Weltbild der Scheichs vereinbaren lassen und so verfällt das prächtige Anwesen zusehends. 1904 hatte sich der Verleger Franz Calé die 800 Quadratmeter große Villa mit Kuppel, Putten und Engelsfiguren für zwei Millionen Goldmark bauen lassen.

1923 fiel das Haus in Folge der Inflation an den Staat; während des Zweiten Weltkrieg beherbergte es den deutsche Marinestab und nach dem Krieg betrieben die Amerikaner in den Räumen der Villa einen Jugendclub. Seitdem der Staat Katar das Haus vor 17 Jahren für rund zwei Millionen Mark gekauft hat, steht es leer und verfällt - zum Unmut vieler Zehlendorfer Bürgerinnen und Bürger.

Bund sieht sich nicht zuständig

Einer von ihnen ist unser Leser Jochen Stoehr, der in unmittelbarer Nähe zu der Villa wohnt. Er wurde durch das Institut für Film und Bild in der Wissenschaft und im Unterricht, dessen Filiale einst in der Villa Calé untergebracht war, auf das "eindrucksvolle und repräsentative Gebäude" aufmerksam. Im Zehlendorf Blog schreibt er, was ihn am Verfall besonders ärgert und was er sich für die Zukunft des Gebäudes wünscht:

"Den Zehlendorfer Bürgern ist der Leerstand und Verfall des großbürgerlichen Baudenkmals in der Schützallee 17 seit langem ein Ärgernis, zumal Kriegs- und Nachkriegszeit nicht viel alte Bausubstanz übrig gelassen haben. Früher war in dem Haus die Filiale des Instituts für Film und Bild in der Wissenschaft untergebracht. Nachdem es an das Emirat Katar für eine diplomatische Nutzung  verkauft wurde, lässt der Eigentümer es, angeblich wegen der freizügigen Darstellungen im Giebel, verfallen und ist für Behörden und  Presse nicht ansprechbar.

Ein Postkartenmotiv, das ebenfalls vermutlich aus dem Jahr 1910 stammt.
Ein Postkartenmotiv, das ebenfalls vermutlich aus dem Jahr 1910 stammt.
© Heimatmuseum Zehlendorf/ale

Diese Gesprächsverweigerung ist eine unerträgliche Arroganz gegenüber dem Gastland und eine Provokation angesichts der Mietsituation. Es wäre nicht der erste Leerstand, der besetzt wird. Vielleicht könnte unser Zehlendorfer Mitbürger, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, dem für Katar zuständigen Referenten mal einen Wink geben. Für das Gebäude wünschte ich mir eine repräsentative, öffentlich zugängliche Funktion : Botschaft oder Konsulat,  Sitz einer gemeinnützigen Stiftung, Galerie, Museum oder Archiv."

Tatsächlich hatte auch der Tagesspiegel trotz mehrfacher Anfragen bei der Botschaft von Katar nie eine Auskunft zu der leer stehenden Villa erhalten. Im August lautete die einzige offizielle Aussage, die zu bekommen war: "Wir verkaufen nicht". Dem Bezirk sind derweil die Hände gebunden, denn es gibt keine gesetzliche Pflicht zur Nutzung von Eigentum und das Gelände in der Schützallee gehört dem Staat Katar. "Wir können nichts machen, so ist die Situation, das ist Gelände des Staates Katar. Das ist nicht Deutschland", sagte der für Stadtentwicklung zuständige Stadtrat Norbert Schmidt (CDU) in der Abendschau des RBB.

Katar will nicht verkaufen

Bereits im Jahr 2003 hatten die Grünen eine Kleine Anfrage in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zu dem Thema gestellt. Dabei war herausgekommen, dass ein Leerstand des Gebäudes dem Wohnungsamt bis dato gar nicht bekannt war und dass man nichts gegen den Leerstand tun könne, "da es sich bei dem Grundstück nicht um öffentlich geförderten Wohnraum handelt".

Vor drei Wochen stellte die Abgeordnete Ina Czyborra (SPD) eine Kleine Anfrage an den Berliner Senat, in der er es erneut um die Villa in der Schützallee ging. Darin fragte sie unter anderem, welche Anstrengungen der Bezirk sowie der Senat bisher unternommen habe, um den Verfall der denkmalgeschützten Villa aufzuhalten. Der regierende Bürgermeister Klaus Wowereit antwortete ihr, dass die Denkmalschutzbehörde des Bezirkes Steglitz-Zehlendorf das Landesdenkmalamt 2013 gebeten habe, die Mängel der Immobilie zu beanstanden. Außerdem sei eine Besichtung der Villa zusammen mit Vertretern der Botschaft Katar durchgeführt worden.

Wörtlich heißt es: "Das Landesdenkmalamt als zuständige Denkmalfachbehörde des Senats von Berlin hat am 23. Oktober 2013 eine Besichtigung im Beisein von Vertretern der Botschaft Katar durchgeführt, eine denkmalpflegerische Bestandsaufnahme durchgeführt, in denkmalpflegerischer Sicht beraten und Ansprechpartner für die Wiederherstellung genannt." Auf die Frage, welche Anstrengungen die Bundesregierung bisher vernommen habe, erhielt Czyborra zur Antwort: "Die Aufgabe zur Einhaltung des Denkmalschutzes obliegt nicht der Zuständigkeit des Auswärtigen Amts, sondern dem Staat Katar als Eigentümer."

Es sieht so aus, als könne erst ein neuer Investor den Verfall der historischen Villa Calé stoppen. Doch bisher war niemand bereit, den Kaufpreis von 2,5 Millionen Euro zu zahlen, zu dem außerdem wohl noch zwei Millionen Euro für die Restaurierung dazukommen.

Und was wäre, "wenn der Bund oder Berlin das Anwesen von Katar erwerben würde, um den Verfall aufzuhalten und dann nach potentiellen Käufern oder Nutzern zu suchen", fragt Ina Czyborra ebenfalls in ihrer Anfrage an das Abgeordnetenhaus. "Ein Erwerb sowie eine Investition in das Anwesen werden seitens des Bundes nicht in Erwägung gezogen. Bundesbedarf an dieser Liegenschaft ist aus Sicht der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben derzeit nicht gegeben", antwortete man ihr.

Die Autorin Nora Tschepe-Wiesinger ist freie Mitarbeiterin des Tagesspiegel und des Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten. Sie studiert zurzeit in Hannover.
Die Autorin Nora Tschepe-Wiesinger ist freie Mitarbeiterin des Tagesspiegel und des Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten. Sie studiert zurzeit in Hannover.
© privat

Die Autorin schreibt als freie Mitarbeiterin für den Tagesspiegel, sie ist in Zehlendorf aufgewachsen. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten.

Nora Tschepe-Wiesinger, Jochen Stoehr

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