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Berthold Huber mischt überall mit: Beim Abgasskandal von VW übernahm er den Posten des kommissarischen Aufsichtsratsvorsitzenden der Volkswagen AG.
© Julian Stratenschulte/dpa

Abgasskandal bei VW: Huber, der Krisenmanager

Ob Finanzkrise oder Korruption bei Siemens, der Zukunft von Opel oder im VW-Skandal: Gewerkschafter Berthold Huber ist überall dabei.

Unter zwei Bedingungen sagte Berthold Huber zu: Er würde den Job nur ein halbes Jahr machen, und in der Zeit müsse der Konzern eine neue Struktur bekommen – weniger hierarchisch, dezentraler und demokratischer. Das halbe Jahr ist vorbei, am kommenden Mittwoch löst Hans Dieter Pötsch den kommissarischen Vorsitzenden Huber an der Spitze des VW-Aufsichtsrats ab.

Unerhört im Kapitalismus: Ein Spitzengewerkschafter führt den Aufsichtsrat eines Weltkonzerns

Ende April, als auf dem Höhepunkt der ersten VW-Krise in diesem Jahr Ferdinand Piëch zurücktrat, übernahm dessen Stellvertreter Huber den Posten als Oberaufseher. Eigentlich unerhört im Kapitalismus, dass ein Spitzengewerkschafter den Aufsichtsrat eines Weltkonzerns führt. Doch es ging nicht anders, weil die Familien Piëch und Porsche, denen der Großteil von Volkswagen gehört, böse zerstritten sind und sich nicht auf einen Vertreter aus ihren Reihen einigen konnten. Und es ging gut. Auch in den vergangenen zwei Wochen hat Huber Ruhe bewahrt und den Krisenkonzern neu aufgestellt.

Hauptrolle bei Bewältigung der Finanzkrise 2009

Der 65-jährige Werkzeugmacher aus Ulm hat Industriegeschichte mitgeschrieben. Nicht nur bei VW und nicht nur bei der IG Metall, die er von 2007 bis 2013 führte. Zum 60. Geburtstag richtete ihm Angela Merkel ein Abendessen im Kanzleramt aus, gewissermaßen aus Dank und Respekt, denn Huber spielte bei der Bewältigung der Finanzkrise 2009 eine Hauptrolle. „In vielen, sehr persönlichen Diskussionen“ habe sie manches von ihm gelernt, sagte die CDU-Politikerin über SPD- Mitglied Huber, der „geradlinig und zuverlässig, in den ernsten Stunden der Finanzkrise vernünftig gehandelt hat, um Arbeitsplätze zu sichern“.

Huber setzte Abwrackprämie durch

Huber selbst erinnert sich so an die entscheidende Sitzung im Kanzleramt am 14. Dezember 2008: „Der damalige Bundesbankpräsident meinte zum Beispiel, eine Abwrackprämie wäre völlig überflüssig. Der hat über die Autoindustrie geredet, als wäre es eine Hähnchenbraterei.“ Huber setzte die Prämie durch und eine Ausweitung des Kurzarbeitergelds. Und in der IG Metall eine Tarifpolitik, die nicht Lohnerhöhungen, sondern Beschäftigungssicherung zum Ziel hatte.

Huber führte IG Metall aus der Krise

Huber ist ein Mann der Krise. Als die IG Metall 2003 den Arbeitskampf um die Einführung der 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland verlor und es anschließend zu einem erbitterten Führungsstreit zwischen Gewerkschaftschef Klaus Zwickel und dem zweiten Mann der IG Metall, Jürgen Peters, kam, war Huber Teil der Lösung. Temperament und Philosophie von Peters waren ihm fremd, trotzdem führten die beiden nach dem Rücktritt von Zwickel die IG Metall aus der Krise. Als Peters 2007 altersbedingt abtrat, übernahm Huber den ersten Vorsitz, den er dann nach anderthalb Wahlperioden im Herbst 2013 abgab. Um es nach turbulenten Zeiten etwas ruhiger angehen zu lassen.

Huber löste Siemens-Streit

Über mehr als ein Jahr hatte sich Huber damals immer wieder eingeschaltet, als es in Verhandlungen mit dem Management von General Motors um die Zukunft der GM-Tochter Opel ging. Dann kam der Sommer 2013 und Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme schoss den glücklosen Vorstandsvorsitzenden Peter Löscher ab. Sechs Jahre zuvor hatten Cromme, Huber und Josef Ackermann (Deutsche Bank), allesamt Siemens-Aufsichtsräte, den Österreicher Löscher an die Siemens-Spitze geholt, um nach dem Korruptionsskandal auch personell einen Neuanfang zu wagen. Das ging gut – bis 2013. Löscher akzeptierte dann den Rausschmiss nicht und wollte nur gehen, wenn auch Cromme fiel. Es war schließlich Huber, der die vermurkste Situation auflöste und den untadeligen Löscher zur Aufgabe bewegte.

Martin Winterkorn - für Huber einer der besten Automobilisten überhaupt

Ein wenig gegen die eigene Überzeugung, denn Huber hat Löscher immer für einen hochanständigen Kerl gehalten. Ähnlich wie bei VW Martin Winterkorn, für Huber einer der besten Automobilisten überhaupt. Aber in der Betrugskrise war Winterkorn nicht zu halten. Vor zwei Wochen war sich der Gewerkschafter schnell einig mit den Vertretern der Kapital- und der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat, dass Winterkorn nicht mehr tragbar war. Mit Matthias Müller gibt es einen neuen Vorstandsvorsitzenden, der bisherige Finanzchef Pötsch wird Aufsichtsratsvorsitzender und die Konzernstruktur steht auch. Huber kann gehen.

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