zum Hauptinhalt
Unternehmen wie Oculus Rift bieten Nutzern mit speziellen Brillen besonders realistische Computerwelten.
© dpa

Elektronikmesse CES in Las Vegas: Hersteller zeigen die neuen Techniktrends

Virtuelle Welten und smarte Uhren: Auf der weltweit größten Elektronikmesse zeigt die Branche die Trends von morgen. Das diesjährige Motto lautet aber eher Evolution statt Revolution.

Popprinzessin Britney Spears tritt im „Planet Hollywood“ auf, Altrocker Rod Stewart im „Caesars Palace“ - die wichtigste Show in Las Vegas findet dieser Tage aber in mehreren Casino-Hotels am „Strip“ gleichzeitig statt und dazu noch im Kongress-Zentrum am Rande der nordamerikanischen Wüsten-Metropole: die größte Elektronikmesse des Welt, die CES. Die Smartphone- und TV-Giganten Samsung und LG sowie Chipgigant Intel stellen dort kurz nach Sylvester die Technologietrends des kommenden Jahres vor, insgesamt 3600 Aussteller zeigen neuste Tablet-PCs, Handys und Fernseher, Technikgadgets wie Drohnen oder Fitnessgürtel, App-gesteuerte Kühlschränke und Waschmaschinen in voll vernetzten Wohnungen.

Google plant Flotte selbstfahrender Fahrzeuge

Mit besonderer Spannung erwarten die Besucher aber in diesem Jahr die Innovationen rund um selbst fahrende und emissionsfreie Autos. VW hat die Vorstellung eines neuen elektrisch angetriebenen Wagens angekündigt. Der Wolfsburger Konzern schickt kurz nach dem „Dieselgate“ um manipulierte Abgaswerte Markenvorstand Herbert Diess nach Las Vegas, um verlorenes Vertrauen zurück zu gewinnen. Die Chefs von General Motors, Toyota und Kia sind angekündigt und Ford könnte möglicherweise Näheres zur Kooperation mit Internetgigant Google bei der Serienfertigung selbst fahrender Fahrzeuge verraten.

Googles selbst gebaute Flotte autonomer Autos hat 1,6 Millionen Kilometer ohne Fahrer auf den Tachos. Das ist so viel, wie ein Durchschnittsfahrer nach 75 Lebensjahren hinter sich hat, sagt CES-Chefökonom Shawn Dubravac. Autonome Fahrzeuge sind den Kinderschuhen entwachsen, im Jahr 2020 sei mit dem Verkauf von Serienfahrzeugen zu rechnen, zehn Jahre später mit dem Absatz von einer Million Fahrzeugen jährlich.

150.000 Besucher auf 230.000 Quadratmetern

150000 Besucher aus 150 Ländern erwartet Dubravac zur diesjährigen CES. Mit einer Ausstellungsfläche von 230000 Quadratmetern ist sie die größte in der fast 50-jährigen Geschichte der Schau. Und das ausgerechnet jetzt, wo der Boom der Branche vorerst vorbei ist. Das abflauende Wirtschaftswachstum in China, militärische Konflikte in Osteuropa und die Sättigung der Märkte in Nordamerika und Europa setzen den Firmen zu. Hinzu kommt: Bahnbrechende Innovationen, wie es vor Jahren Tablet oder auch Smartphone waren, sind nicht in Sicht.

Stattdessen machen sich die wichtigsten Träger des Umsatzes der Branche, die weltweit rund 950 Milliarden Dollar jährlich umsetzt, wechselseitig Konkurrenz: Wozu ein neuer Fernseher, wenn viele TV-Serien auf das Tablet gestreamt und angesehen werden können? Wozu ein Notebook, wenn das Smartphone dasselbe kann und dessen Bildschirm groß genug ist. Hinzu kommt: Notebooks mit abnehmbaren Tastaturen schwächen den Absatz von Tablet-PCs.

Nicht mal der Trend zu immer größeren Bildschirmen bei den Fernsehern mit immer höherer Auflösung der Bilder sowie das nur noch einstellige Wachstum bei Smartphones gleicht das mehr aus: In den Industrienation sagt CES-Analyst Steve Koenig einen Rückgang des Branchenumsatzes um vier Prozent voraus, in den Schwellenländern ein Nullwachstum. Immerhin muss nicht nur das Geschäft mit der Unterhaltungselektronik gegen Rückgänge ankämpfen: Die Automobilindustrie schrumpfe weltweit um zwei Prozent, das Geschäft mit Mikrochips um einen Prozent, so Koenig.

Virtuelle Realität und münzgroße Sender

Echte „Techies“ ficht das nicht an, denn es gibt immer noch genug zu bejubeln: Der Hersteller Oculus Rift kündigte zum CES-Start den Vorverkauf ihrer weiterentwickelten Brille zur Erzeugung der perfekten virtuellen Realität, der Software-Konzern Microsoft nimmt endlich auch in Deutschland Bestellungen für das in den USA hoch gelobte „Surface Book“ an. Das extrem leichte Notebook mit abtrennbarer Tastatur, brillantem Touch-Bildschirm und gewaltiger Rechenleistung, soll Apples MacBooks den Schneid abkaufen.

Außerdem explodiert die Zahl der tragbaren Mess- und Prüfgadgets („wearables“): Kameras oder Kopfhörer werden als Schmuckstücke ums Handgelenk gebunden, münzengroße Sender steckt man ins Portemonaie oder an den Schlüsselbund, damit sie per App geortet werden können, wenn sie verloren gehen. Es gibt einen Duschkopf, der den Wasserverbrauch per App misst und mit roter LED vor Verschwendung warnt. Und in der Kleidung oder am Körper werden Sensoren getragen, die die Sprungkraft, die Bewegungsabläufe oder den Blutdruck aufzeichnen. Kurzum es gibt nichts, was nicht gemessen und geprüft werden könnte, damit es anschließend am Rechner oder Smartphone bewertet und optimiert werden kann.

Denn Alltag verschönern

Wohin die Reise geht, zeigte Ces-Chefökonom Shawn Dubravac an einem Bespiel: Sobald der Streaming-Dienst „Netflix“ endlich Zugriff auf alle Kameras und Sensoren im Hause bekommt, wird er uns auf Grundlage von Lautstärke, Licht und Bewegungen im Gebäude eine treffsicher zur gegenwärtigen Stimmung passende Filmempfehlung geben: „So kann uns der Dienst aus der depressiven Stimmung im abgedunkelten verlassenen Heim herausholen, wo wir antriebslos auf dem Sofa abhängen“, sagt Dubravac.

Technik wird immer günstiger

Der gewaltige Preisverfall bei Sensoren macht es möglich: Kosteten diese Bauteile bei Erscheinen des ersten iPhones um 2007 herum noch sieben Dollar, sind es heute nur noch wenige Cents. Und die Sammlung von Daten und Informationen dient aus Sicht der Tech-Vermarkter der CES natürlich ausschließlich der Verschönerung unseres Alltags. Dass dieser Zugriff, ergänzt um das persönliche Bewegungsprofil vom Smartphone, der Surf-Chronik unseres Internet-Browsers sowie den Betriebsdaten der immer stärker digitalisierten Haustechnik aber ebenso gut ein fast vollständiges Profil unserer Persönlichkeit liefern kann, ist die dunkle Kehrseite dieser Entwicklung – jedenfalls wenn diese Datensammlung in die falschen Hände gelangt.

Die Berichterstattung über die Elektronikmesse wurde ermöglicht durch die Unterstützung des Veranstalters CES.

Zur Startseite