Jürgen Fitschen auf der Anklagebank: Heftige Auseinandersetzungen im Deutsche-Bank-Prozess
Unerwartete Verzögerungen im Prozess gegen Jürgen Fitschen und zwei Ex-Vorstände der Deutschen Bank: Staatsanwaltschaft und Verteidigung machen sich gegenseitig Vorwürfe. Die Aussage von Fitschen musste verschoben werden.
Im Betrugsprozess gegen den Ko-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und ehemalige Vorstände des Geldhauses haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung am Dienstag harte juristische Auseinandersetzungen geführt. Während die Staatsanwaltschaft der Deutschen Bank vor dem Landgericht München I eine Verhinderungsstrategie vorwarf, warfen die Verteidiger der Anklage eine schleppende Herausgabe von Akten vor. Eine Aussage von Fitschen musste verschoben werden, den nächsten Verhandlungstag sagte das Gericht ab.
Gigantische Datenmengen müssen erst ausgewertet werden
Staatsanwalt Stephan Necknig sagte, das Geldhaus habe unter Verantwortung von Fitschen und dessen mitangeklagtem Vorgänger Josef Ackermann versucht, eine Aktenherausgabe an die Anklagebehörde zu verhindern. Necknig sprach von einer "Strategie der Deutschen Bank", die Korrespondenz zu den von der Staatsanwaltschaft lange vergeblich angeforderten Akten fülle mehrere Aktenordner. Angesichts dessen sei eine "gesunde Skepsis der Staatsanwaltschaft" gegenüber der Deutschen Bank notwendig. "Mit Voreingenommenheit hat das nicht zu tun." Der Rechtsvertreter der Deutschen Bank wies die Vorwürfe zurück. Er wolle "klarstellen, dass wir bisher voll umfänglich kooperiert haben und dies auch in Zukunft tun werden", sagte Rechtsanwalt Werner Leitner. Dabei verwies er unter anderem auf einen großen Umfang von Unterlagen aus den USA und Großbritannien. Dieser umfasst die gigantische Datenmenge von 10 Terrabyte und muss noch ausgewertet werden.
Auch der Richter ist unzufrieden
In einer Reihe von Einlassungen kritisierten die Verteidiger der fünf Angeklagten zudem die Anklagebehörde. Sie warfen dieser vor, auch nach Prozessbeginn noch immer neue Beweismittel vorzulegen und so eine Verteidigung zu erschweren. Ein Auslöser dafür war, dass die Staatsanwaltschaft am Dienstag, dem zweiten Verhandlungstag, einen Aktenordner mit neuen Unterlagen vorlegte.
Der Vorsitzende Richter Peter Noll kritisierte die noch unvollständigen Unterlagen ebenfalls. Dies führe zu grundsätzlichen Problemen. So gelte nicht nur für die Verteidigung das Recht, sich in die neuen Akten einarbeiten zu dürfen. Für das Gericht stelle sich auch das Problem, womöglich Positionen immer wieder neu bewerten zu müssen, wenn ständig neue Erkenntnisse in das Verfahren eingeführt werden. "Ich weiß nicht, ob ich so terminiert hätte, wenn ich das gewusst hätte", sagte der Richter.
Mehrere Verfahren laufen parallel
Die Akten stammen aus parallel laufenden Verfahren in demselben Zusammenhang. Nach mehreren Absprachen sicherte die Anklage den Verteidigern zu, im Verlauf dieser Woche einen Teil der fehlenden Akten aus diesen Verfahren vorzulegen. Im Gegenzug sicherten unter anderem die Verteidiger von Fitschen und Ackermann zu, dass ihre Mandanten sich dann zu den Vorwürfen äußern werden.
Der für kommenden Dienstag geplante Prozesstermin wurde zur Einarbeitung abgesetzt. Der nächste Verhandlungstermin ist nun der Montag, 18. Mai.
Fitschen und Ackermann sind zusammen mit dem früheren Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer und zwei Ex-Vorständen des Unternehmens wegen versuchten Prozessbetrugs angeklagt. Sie sollen laut Anklage im Zivilprozess um die Pleite des Medienmoguls Leo Kirch vor dem Oberlandesgericht München mit falschen Aussagen versucht haben, Schadenersatzzahlungen der Deutschen Bank an Kirch zu verhindern. Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe. AFP