Einigung im Kirch-Prozess: Deutsche Bank zahlt Kirch-Erben 775 Millionen Euro plus Zinsen
775 Millionen Euro plus Zinsen - soviel muss die Deutsche Bank an die Erben des Medienunternehmers Leo Kirch zahlen. Der Vergleich wurde am Donnerstag erzielt.
Mit einer knappen Mitteilung ging am Donnerstag einer der spektakulärsten deutschen Wirtschaftsprozesse zu Ende. „Die Deutsche Bank hat sich mit der Kirch-Gruppe über eine vergleichsweise Beilegung aller Auseinandersetzungen zwischen den beiden Parteien geeinigt“, teilte das größte deutsche Geldhaus lapidar in Frankfurt mit. 775 Millionen Euro – „zuzüglich Zinsen und pauschaler Kostenerstattung“ – zahlt die Bank an die Kirch-Erben, um einen uferlos scheinenden, mehr als ein Jahrzehnt dauernden Rechtsstreit zu beenden. Geschätzt wird, dass insgesamt 925 Millionen Euro zusammenkommen. Dass es keine Milliardensumme wurde, soll der Deutschen Bank wichtig gewesen sein – aus optischen Gründen. Der Vergleich, der vor dem Oberlandesgericht (OLG) München besiegelt wurde, war erwartet worden – und hat Folgen für die Gewinn- und Verlustrechnung der Deutschen Bank. Das Ergebnis nach Steuern werde um rund 350 Millionen Euro sinken, wie die Bank mitteilte. Berücksichtigt werde der Aufwand im vierten Quartal 2013. Da das Institut für den Fall der Fälle Risikovorsorge getroffen hatte, fiel die Reaktion der Börse maßvoll aus. Der Aktienkurs verlor 1,8 Prozent.
Das OLG München hatte die Bank kurz vor Weihnachten 2012 zu Schadenersatz verurteilt, einzig die Höhe war noch zu klären. Gefordert hatte das Kirch-Lager gut zwei Milliarden Euro. „Mit der heutigen Vereinbarung legen wir einen altbekannten und langjährigen Rechtsstreit bei“, ließen die beiden Vorstände der Deutschen Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, mitteilen. Damit seien alle Auseinandersetzungen mit dem Kirch-Lager beendet. Die Einigung sei „im besten Interesse“ der Aktionäre. „Wir wollen im Laufe des Jahres 2014 weitere Fortschritte in diese Richtung erzielen.“ Was die Bank damit genau meint, ließ sie am Donnerstag offen. Klar ist, dass die zivilrechtliche Auseinandersetzung mit den Kirch-Erben beendet ist. Doch es gibt weitere strafrechtliche Risiken im Kontext des Kirch-Streits, die die Bank noch ausräumen muss. So ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft weiter gegen Jürgen Fitschen und andere – auch Ex-Chef Josef Ackermann – wegen versuchten Prozessbetrugs.
Der Vorwurf: Der ehemalige Deutsche- Bank-Chef Rolf E. Breuer, der das Kirch-Drama 2002 mit einem TV-Interview ausgelöst hatte, soll sich mit anderen Spitzenmanagern der Bank, darunter auch Fitschen, später abgesprochen haben, um vor Gericht einen Schadenersatzanspruch der Kirch-Gruppe zu verhindern. Die Staatsanwaltschaft München setzt die Ermittlungen ungeachtet des Vergleichs fort, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag dem Tagesspiegel bestätigte. Die Einigung könne sich allerdings strafmildernd auswirken. Ob die Deutsche Bank nun Breuer auf Schadenersatz verklagt, ist noch offen. Darüber gebe es keine Entscheidung, hieß es aus Finanzkreisen. Leo Kirch, der im Sommer 2011 starb, hatte in einem Interview zu den Vorwürfen gegen die Deutsche Bank gesagt: „Erschossen hat mich der Rolf.“
Die Bank sei nun gut beraten, den Fall zu den Akten zu legen, sagte Falko Fecht, Bankenprofessor an der Frankfurt School of Finance. „Der Prozess hat der Bank schon viel zu lange geschadet.“ Jetzt könne und müsse die Bank nach vorne schauen und sich um die Neuaufstellung des Instituts kümmern. „Es waren in der Vergangenheit viel zu viele Bankmanager mit der Aufarbeitung von Altlasten beschäftigt.“ Der Vergleich sei „ein wichtiger Schritt nach vorne“, sagte auch Stefan Bongardt, Analyst bei Independent Research. Die Investoren hätten verstärkt gefordert, das Thema endlich abzuhaken.
Die Erben von Leo Kirch äußerten sich am Donnerstagzufrieden über den Vergleich. „Wir begrüßen die Einigung, auch wenn wir uns gewünscht hätten, dass Leo Kirch dies noch erlebt hätte“, sagte ein Sprecher am Donnerstag. „Der angerichtete Schaden wird allerdings nur in Teilen wieder gut gemacht.“ Bereits Josef Ackermann hatte Anfang 2012 kurz vor seinem Abtritt vergeblich versuchte, den Fall Kirch mit einer Vergleichszahlung von gut 800 Millionen Euro zu beenden.