Ein Jahr Pleite von Air Berlin: Grüne fordert Aufklärung von Altmaier und Scheuer
Was passierte in jenen Stunden, als die Bundesregierung Air Berlin zur Pleite einen 150-Millionen-Kredit gewährte? Die Opposition im Bundestag will das Thema aufarbeiten.
Katharina Dröge, parlamentarische Geschäftsführerin sowie Sprecherin für Wettbewerbs- und Handelspolitik der Grünen, hat die Spitzen der damals verantwortlichen Ministerien am Montag aufgefordert, für Aufklärung zu sorgen. In einem offenen Brief an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU, vor einem Jahr Kanzleramtschef) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU, Nachfolger von Alexander Dobrindt) forderte sie „Antworten, die er Öffentlichkeit helfen könnten, zu verstehen, warum die Air- Berlin-Insolvenz so verlaufen ist, wie sie verlaufen ist.“
Air Berlin hatte nach jahrelangem finanziellen Sinkflug am 15. August 2017 einen Insolvenzantrag stellen müssen. Zuvor hatte der arabische Großaktionär Etihad seine Finanzierungsgarantien zurückgezogen. Die Bundesregierung hatte damals übers Wochenende einen Überbrückungskredit der Staatsbank KfW organisiert. Erklärte Absicht war es, den plötzlichen Betriebsstopp an jenem Montag mit gestrandeten Urlaubern zu verhindern und dem Konkurrenten Lufthansa eine möglichst geordnete Übernahme des Rivalen zu ermöglichen.
Tatsächlich flog Air Berlin zunächst weiter, Lufthansa und die Konkurrenten Easyjet und Laudamotion übernahmen Flottenteile. Gleichwohl verloren 8000 Mitarbeiter ihre Jobs, fanden mehrheitlich – wenn überhaupt – nur zu schlechteren Konditionen neue Einstellungen. Zudem hat der Insolvenzverwalter bisher erst 74,4 der 150 Millionen der KfW aus der Insolvenzmasse auftreiben können. Der KfW-Kredit muss zuerst bedient werden. Gut eine Million andere Gläubiger, die meisten davon Flugreisende, dürften kein Geld bekommen.
Die Grünen-Politikerin Dröge erläutert in ihrem siebenseitigen Brief im Detail, welche Fragen sie beantwortet haben möchte: Warum die Regierung das seinerzeit erstellte Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC, auf dessen Basis der Kredit gewährt worden war, unter Verschluss halte? Dröge will auch wissen, warum es keine kartellrechtliche Bewertung der Bundesregierung gab. Und: „Warum hatte die Bundesregierung über Monate engen Kontakt mit Lufthansa zur Frage Air Berlin, jedoch nie mit anderen Kaufinteressenten?“ Und warum sich die Regierung nie für einen Betriebsübergang eingesetzt habe, um die Jobs zu retten?
Dröge will das Thema mit Parlamentskollegen auf der Tagesordnung im Wirtschaftsausschuss halten. Hierzu wolle sie gezielt ihr parlamentarisches Fragerecht einsetzen und für Einzelfragen juristische Schritte prüfen, um den „Air-Berlin-Skandal“, wie sie ihn nennt, aufzuarbeiten. Einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss verfolgten die Grünen erst einmal nicht.