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Großaktionär Heinz Hermann Thiels lehnt das Rettungspaket ab. Wenn er dagegen stimmt, droht die Insolvenz.
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Staatliche Hilfen in der Coronakrise: Großaktionär Thiele will Rettungsplan für Lufthansa zustimmen

Er allein hätte die Lufthansa zu Fall bringen können: Doch Heinz Hermann Thiele hat angekündigt, am Donnerstag grünes Licht für den Rettungsplan zu geben.

Im Ringen um die staatlichen Hilfen für den angeschlagenen Lufthansa-Konzern hat der Großaktionär Heinz Hermann Thiele grünes Licht für den Rettungsplan angekündigt.

„Ich werde für die Beschlussvorlage stimmen“, sagte Thiele in einem am Mittwochabend veröffentlichten Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Demnach wird Thiele bei der Hauptversammlung der Aktionäre am Donnerstag die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für das milliardenschwere Rettungspaket und den Einstieg des Staates bei der Lufthansa nicht mit seinen Stimmen verhindern.

Auf der außerordentlichen Hauptversammlung wird darüber abgestimmt, ob dem Bund im Zuge der angepeilten Rettung ein Anteilspaket von 20 Prozent und weitere Bezugsrechte zugestanden werden. Selfmade-Milliardär Heinz Hermann Thiele hätte als größter Aktionär mit einem Anteil von 15,5 Prozent den Staatseinstieg alleine verhindern können.

Grund ist die geringe Beteiligung von weniger als 38 Prozent der Stimmrechte an der im Internet stattfindenden Aktionärsversammlung, die Thiele an diesem Schicksalstag eine Sperrminorität verschafft.

Der erfolgreiche Unternehmensführer hatte in einem Interview in der „FAZ“ vorige Woche überhaupt erst für die Zweifel gesorgt. Thiele hatte den geplanten starken Staatseinfluss ebenso kritisiert wie die seiner Meinung nach kaum zu erfüllenden Bedingungen für einen Wiederausstieg.

Seine Entscheidung hatte Thiele auch nach einem Gespräch mit den Bundesministern Scholz und Altmaier vom Montag offen gelassen. Nun stimme er gegen die Insolvenz. „Es liegt im Interesse aller Lufthansa-Mitarbeiter, dass das Management zügige Verhandlungen mit den Gewerkschaften über die nötige Restrukturierung führen kann.“

Obwohl Thieles Kritik am Staatseinstieg tagelang im Raum stand, erwarten die Anleger offenbar, dass die Rettung gelingt. Der Kurs der Lufthansa-Aktie, der in der Corona-Krise seit Mitte Februar zeitweise um mehr als die Hälfte auf nur noch gut sieben Euro abgestürzt war, pendelte zuletzt zwischen neun und zehn Euro.

Lufthansa wäre auf ein Scheitern vorbereitet

Damit war der vor wenigen Tagen in den MDax abgestiegene Konzern an der Börse gerade noch um die 4,5 Milliarden Euro wert – weniger als die Hälfte des geplanten Hilfspakets und weniger als das, was der Staat an Eigenkapital und Krediten zuschießen will.

In Branchenkreisen wurde spekuliert, dass Thiele den verborgenen Plan verfolgen könnte, seinen Einfluss bei Lufthansa in einer Insolvenz noch auszubauen. Allein oder mit Partnern könnte er nach einem von ihm verhinderten Staatseinstieg einen Massekredit über mehrere Milliarden Euro anbieten. Damit hätte Thiele entscheidenden Einfluss auf das weitere Schicksal des Konzerns gewinnen können.

Der Konzern hat sich nach Worten von Vorstandschef Carsten Spohr auf ein mögliches Scheitern des Rettungsplans vorbereitet. „Der Vorstand wird, falls die Stabilisierungsmaßnahmen nicht umgesetzt werden können, versuchen, ein sogenanntes Schutzschirmverfahren zu beantragen“, heißt es in der Einladung zur Hauptversammlung.

Schicksalstag für den Vorstandsvorsitzenden Carsten Spohr: Die Aktionäre entscheiden am 25. Juni über das staatliche Hilfspaket.
Schicksalstag für den Vorstandsvorsitzenden Carsten Spohr: Die Aktionäre entscheiden am 25. Juni über das staatliche Hilfspaket.
© dpa

Unbedingt verhindert werden soll der abrupte Stopp des Flugbetriebs, das „Grounding“. Über notwendige Überbrückungskredite wollte Spohr dann schnell erneut mit dem Staat sprechen.

Der Schutzschirm ist die mildeste Form einer Insolvenz nach deutschem Recht und bereits beim Ferienflieger Condor erprobt. Er gäbe dem weiter amtierenden Management freie Hand, sich kostspieliger Verträge mit Lieferanten, Dienstleistern, Vermietern und auch mit dem eigenen Personal zu entledigen.

Auch die Passagiere müssten um die Erstattungen für bereits bezahlte Tickets bangen. Der Konzern mit 138 000 Beschäftigten hat zudem nach eigener Einschätzung 22 000 Stellen zu viel an Bord. Bislang soll das Problem noch einvernehmlich gelöst werden, wobei sich die Verhandlungen über Sparbeiträge des Personals hinziehen.

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Die Arbeitnehmer fürchten bei einer Pleite einen Kahlschlag. Nicht umsonst haben die Gewerkschaften nach eigenen Angaben allein für das fliegende Personal in Deutschland Einsparungen im Wert von mehr als einer Milliarde Euro angeboten, wenn es dafür Jobsicherheiten gibt.

Verdi-Vize Christine Behle warnte: „Eine Insolvenz würde die Beschäftigtenstrukturen der Lufthansa zerstören und das öffentliche Vertrauen in die Lufthansa nachhaltig beschädigen. Mit der staatlichen Hilfe können Arbeitsplätze erhalten und Einkommen gesichert werden“. (Tsp, AFP, dpa)

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