Führungskrise bei der Deutschen Bahn: Finanzvorstand Doll verlässt nach Chaoswochen den Konzern
Alexander Doll gibt nach nur eineinhalb Jahren seinen Posten als Bahn-Finanzvorstand auf. Das zeigt, wie zerstritten der Vorstand ist.
Nach nur eineinhalb Jahren im Amt steht der Finanzvorstand der Deutschen Bahn, Alexander Doll, vor dem Abgang. Der Manager hat am Freitag nach dpa-Informationen den Auflösungsvertrag unterschrieben. Der Aufsichtsrat müsse dem Schritt in einer Sondersitzung am Montag noch zustimmen, hieß es.
Dem Vernehmen nach würde die Abfindung auf einen siebenstelligen Betrag hinauslaufen. Wer den Posten übernimmt, war am Freitag zunächst unklar. Die Bahn verwies auf die Aufsichtsratssitzung und kommentierte die Information zunächst nicht.
Auseinandersetzung im Bahnvorstand schwelte schon länger
Doll war seit 2018 neben den Finanzen auch für die verlustreiche DB-Tochter Cargo verantwortlich. Diesen Posten wird ab Januar die bisherige Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe, Sigrid Nikutta, übernehmen.
Zuvor hatte es einen beispiellosen Machtkampf um die Zukunft des Finanz- und Logistikvorstandes gegeben. Verkehrsminister Andreas Scheuer und DB-Aufsichtsratschef Michael Odenwald hatten den 49-jährigen Manager vorgeladen und persönlich zum Rücktritt aufgefordert. Doll lehnte die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags ab und wollte seine Arbeit beim größten Staatskonzern fortsetzen.
Die Arbeitnehmervertreter wiederum forderten den Verbleib des langjährigen Investmentbankers im Konzernvorstand und verweigerten in einer außerordentlichen Sitzung des DB-Aufsichtsrats einen Beschluss zu seiner Entlassung.
[Hintergrund: So eskalierte die Führungskrise bei der Deutschen Bahn]
In Gewerkschaftskreisen war die Empörung über die Vorgänge groß. Vermutet wurde eine gezielte Intrige von Konzernchef Richard Lutz und seinem Vize Ronald Pofalla gegen Doll. „Wir wollen, dass Doll an Bord bleibt, er macht wirklich einen guten Job“, hieß es bei der Eisenbahn-Verkehrsgewerkschaft EVG, die großes Gewicht im Aufsichtsrat hat und deren Chef Alexander Kirchner der Vize-Chef des DB-Aufsichtsrats ist.
Doll war erst im April vergangenen Jahres in den Vorstand berufen worden und sollte dort den Verkauf der britischen Bahn-Tochter Arriva vorantreiben - hatte damit aber keinen Erfolg. Das Vorhaben wurde bei der Aufsichtsratssitzung in der vergangenen Woche vorerst gestoppt. Einen Käufer gibt es nach wie vor nicht. (TSP, dpa)