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Gewusst wie beim Putzen: Achten ziehen und alle Fransen in eine Richtung.
© imago/Westend61

Matthies meint: Handreichung für deutsche Putzende

Manchmal finden auch ganz banale Nachrichten den Weg in die Öffentlichkeit - und haben ihre Berechtigung. Wie die Kunst des Wischens mit dem Spaghettimopp.

In diesen Zeiten anschwellender Nachrichtengewitter soll hier einmal eine Bresche geschlagen werden für all jene, die mit alldem nichts zu tun haben. Jene, an denen der Brexit so folgenlos vorbeirauscht wie die Fußball-EM, die nicht schon wieder wie die Österreicher einen neuen Präsidenten wählen müssen, und die sich unter einem russischen Thinktank einen verzinkten Panzer vorstellen, der an jeder Ecke liegen bleibt.

Solche Menschen finden sich beispielsweise im „Forum Waschen“, das es einfach nicht in die Öffentlichkeit schafft, obwohl es doch einen wichtigen Teil der deutschen Leitkultur betreut. Einen, der nicht weniger bedeutsam ist als das Händeschütteln und das Haareoffentragen. Das Waschen in all seinen Nuancen ist eine hochzivilisierte Tätigkeit, die der/die deutsche Putzende (um das heikle Wort Hausfrau zu vermeiden) um ihrer selbst willen ausführt – sauber soll es sein und nicht nur rein, auch und erst recht unter dem WC-Rand! Keimfrei! Steril! Sozial gerecht!

Um auf den Punkt zu kommen: Das „Forum Waschen“ hat es nun doch in eine aktuelle Agenturmeldung geschafft. Darin heißt es, ein Spaghettimopp werde am besten in Form einer Acht über den Boden gewischt, und dazu sollten seine Fransen immer in eine Richtung zeigen. Ja, für den Fall, dass wir also irgendwo einen Spaghettimopp finden, der übrigens auch als Fransenmopp bekannt ist, wissen wir nun höchstinstanzlich: immer die Acht und die Fransen in eine Richtung.

Aber selbst an einer so kleinen Handreichung merken wir schon die Schwächen des gedruckten Wortes. Der Spaghettimopp wäre ideal für ein kleines Youtube-Tutorial, in dem uns eine geeignete Fachkraft – Yvonne Willicks? Horst Lichter? – das mit der Acht und den geordneten Fransen ganz konkret vorführen könnte. Das ginge dann um die Welt, gegebenenfalls mit Unterstützung der Goethe-Institute, die ihren Gästen zeigen würden, dass Deutschland nicht nur über Kicker und Denker, sondern auch über Virtuosen am Spaghettimopp verfügt.

Ja, ich habe meinen Brecht auch gelesen. Was sind das für Zeiten, in denen ein Gespräch über Wischmopps fast ein Verbrechen ist? Ich seh’s so: Wir leben in einem Land, das solche Dinge in seinen wichtigsten Nachrichtenkanälen verbreitet; demnächst steht es unter „Wissenwertes“  vielleicht sogar in der „Apotheken-Rundschau“. Und ein solches Land, nicht wahr, kann man dafür fast schon ein wenig lieb haben.

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